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Königs und als solcher von seinem Herrn geliebt, spielt er eine lediglich passive Rolle. Nicht selten hört man ihn Grundsäge aussprechen, denen die nachfolgenden Thaten geradezu in's Gesicht schlagen, und wenn die Ansicht des Königs in den Versicherungen seines Adjutanten positiv ausgesprochen. wird, so können diese schlechterdings keinen Erfolg verbürgen. So sind die Menschen beschaffen, welche die ganze Gewalt ihres Herrn unter sich theilen. Herr von Hardenberg, dessen politische Grundsäge noch nicht Zeit gehabt haben, sich zu entwickeln, aber der unter mehreren Gesichtspunkten eine von der seines Vorgängers abweichende Richtung einschlagen zu wollen scheint, verdankt seinem gegenwärtigen Einfluß lediglich der dreimonatlichen Abwesenheit, welche sich Graf Haugwiß unbesonnener Weise im letzten Sommer gestattet hat. Er hat nur zwei Wege vor sich, entweder sich mit Lombard zu verbinden, oder ihn für immer zu entfernen. Im ersteren Fall begibt er sich unbestreitbar jedes unabhängigen Einflusses; im zweiten hat er Gelegenheit, irgend einen Menschen seiner Schöpfung beim König anzustellen. Welchen dieser Wege er wählen wird, kann nicht zweifelhaft sein, aber nur die Zeit kann den Erfolg offenbaren. Die völlige Zerrüttung der Gesundheit des Herrn Lombard, untergraben wie sie ist durch Ausschweifungen jeder Art, die leider auf seine Verstandesfähigkeiten ihre Verwüstungen nicht ausgedehnt haben, scheint dem neuen Minister zu Hilfe zu kommen. Dieser Mann ist eine der vornehmsten Quellen all der Leiden, welche Europa beklagt, ohne Widerspruch das den Interessen Frankreichs vollständigst hingegebene Geschöpf, bezahlt von seiner Regierung und für jeden Andern unbestechlich, denn Frankreich zahlt besser als irgend ein Anderer zahlen könnte; er ist für unsere Vereinigung mit Preußen das unmittelbarste Hinderniß. Was wir unternehmen, mag dem persönlichen Empfinden des Königs noch so genehm sein; nie werden wir zu einem Ergebniß gelangen, das nur von ferne zum Zweck hätte, dem unheilvollen Einfluß Frankreichs die Wage zu halten. Jede Eröffnung wird seitens des Königs mit einer Art Beeiferung und Ueberzeugung aufgenommen werden; aber alle glücklichen Resultate wird Lombard sorgfältig im Keim ersticken.“

Die vorstehende Schilderung steht in wesentlicher Uebereinstimmung mit derjenigen, welche der Freiherr vom Stein in seiner berühmten Denkschrift Ende Mai 1806 von dem Cabinetsregiment gegeben hat. *) Nicht mehr so zuversichtlich wie früher wiederholen wir heute die schweren Anflagen, in denen damals alle Patrioten einig waren. An dieser Stelle begnügen wir uns, die Thatsache dieser Uebereinstimmung festzustellen.

Aus der Erwägung all der hier ausgeführten Thatsachen und Zustände

*) Hardenberg, Denkwürdigkeiten V, S. 368–376.

ergab sich für die Pläne der österreichischen Diplomatie nur ein Weg erfolg= reichen Handelns; es war ein Umweg über Petersburg, aber außer ihm schien kein Heil. Graf Metternich rieth ihn in folgender Weise an: „Der König giebt nur einer Empfindung nach, die ihn übermächtig beherrscht, die all seine Umgebungen seit Jahren sorgfältig genährt haben, und die von ihnen selber aufrichtig getheilt wird, das ist die der Furcht. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß man uns nicht mehr fürchtet, und nur die Macht, welche hier einigen Schrecken einflößen wird, kann mit sicherer Ausficht auf Erfolg die Schritte des preußischen Cabinets lenken. Frankreich und Rußland üben diese Macht aus, und den günstigsten Augenblick, Preußen zum Eingehen auf unsere Absichten, die eigentlich seine eigenen sein sollten, zu bestimmen, würde ein offener Bruch zwischen diesen beiden Mächten herbeiführen; uns aber wird das niemals gelingen. Es erscheint ausgemacht, daß der preußische Hof nur in Petersburg erobert werden kann, und der vollständigste Einklang unserer Absichten, die innigste Vereinigung unserer Mittel mit denen Rußlands, um zu diesem Ziel zu gelangen, scheint alle Wahrscheinlichkeiten des Erfolges darzubieten.

Der Anschluß müßte in diesem Fall von Seiten Rußlands verlangt werden, das nicht riskirt, sich gegenüber Frankreich bloßzustellen, und unsere Rolle würde sich beschränken auf die positivsten Zusicherungen unseres lang= jährigen Wunsches nach einem neuen, auf die gemeinsamen Interessen beider Monarchieen begründeten System: Zusicherungen, die so oft gegeben worden. sind und die bis jezt nur zum Vorwand gedient haben, um die unbegrenzte Anhänglichkeit des Königs an alle französischen Regierungen geltend zu machen, welche die Revolution erzeugt hat, so sehr das auch den persönlichen Empfindungen dieses Fürsten widersprach. Das preußische Cabinet wird Eröffnungen, die ihm Rußland macht, nicht mißbrauchen, aus Furcht, sich mit ihm zu überwerfen, es wird gern darauf eingehen, wenn es glaubt, daß es nur auftreten soll, um neue Vergrößerungen Frankreichs hindern zu helfen, und noch ist es nur der russische Hof, der es jemals bestimmen wird, einem Verständniß beizutreten, das irgend eine Aussicht auf Krieg ge= währen würde."

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Die erste und nothwendigste Aufgabe für das Einwirken Rußlands würde sein die Entfernung Lombards, dieser Schildwache Bonaparte's". Sollte", schließt Metternich, dieses Verständniß gelingen, gestützt auf das Gewicht Rußlands und gekittet durch unser aufrichtiges Verlangen, unsere theuersten Interessen mit denen eines Staates zu verbinden, welcher uns schon lange nicht mehr als Nebenbuhler behandeln durfte, so wäre es unendlich glücklich, wenn die beiden Minister von Rußland und Desterreich beim Berliner Hofe angewiesen würden, sich über alle Eröffnungen unter einander zu

verständigen und über alle Gegenstände von gemeinsamem Interesse eine gleichlautende Sprache zu führen. Diese Einheit des Wollens und des Ausdruckes muß wieder dem hiesigen Cabinet beweisen, daß zwischen uns und Rußland ein Concert besteht, geeignet, ihm Achtung einzuflößen, während es ihm gleichzeitig die gesicherten Mittel eröffnen würde, durch Anschluß an die beiden Mächte aus all den Verlegenheiten herauszukommen, in denen. es sich seit mehr als einem Jahre befindet.“

So der Plan Metternichs am 24. September 1804. Ein Dreimächtebund schwebt ihm vor. Zwei Glieder sind schon gewonnen; Rußland und Desterreich stehen zusammen. Das dritte, Preußen, ist noch fern; eine unnatürliche Verbindung hält es gefangen, der mächtige Einfluß Rußlands soll es aus dieser Gefangenschaft befreien, mit dem Gesandten Rußlands wirkt der Gesandte Oesterreichs zusammen, so daß nur Preußen, nicht Frankreich das Einverständniß merkt; in diesen Worten, die buchstäblich zur Wahrheit geworden sind, ist die Geschichte des Vertrags von Potsdam vom 3. November 1805 im Voraus geschrieben. Dieser Vertrag bildete den Abschluß eines diplomatischen Feldzuges, in welchem Preußen durch Rußland für das Bündniß mit Oesterreich erobert“ werden sollte und auch wirklich erobert worden ist, freilich unter entscheidendem Einwirken von Umständen, die Niemand voraussehen konnte; denn schließlich war es weder Desterreich noch Rußland, sondern Napoleon selbst, der die Wendung brachte.

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Ein Zwischenfall, den das Treibjagen Napoleons auf, englische Agenten herbeiführte, kam Metternich unerwartet zur Hilfe. In der Nacht vom 24./25. October kam eine Abtheilung französischer Infanterie über die Elbe, umstellte ein bei Hamburg gelegenes Landhaus, das ein Ritter Rum bold, englischer Geschäftsträger beim Niedersächsischen Kreise, als Miether bewohnte, nahm diesen fest und brachte ihn sammt seinen Papieren nach Harburg. Am 27. October hatte man Nachricht von dem Vorfall in Berlin; er war in sofern ärger als die Aufhebung des Herzogs von Enghien, als dieser die besonderen Rechte nicht hatte, die den Diplomaten schüßen, und eine blutige Beleidigung des Königs von Preußen, der der Direktor des Niedersächsischen Kreises war und dem man eben noch wärmer als je die Heilighaltung der Neutralität Norddeutschlands verheißen hatte. Graf Metternich fand den Minister von Hardenberg am 28. October in der heftigsten Erregung und außer Stande, die Sache als Diplomat" zu besprechen: „Es ist klar", sagte er, „der Narr, der sich an der Spize des mächtigsten Reiches auf dem Festlande befindet, geht auf die Weltherrschaft los, er will uns Alle daran gewöhnen, uns als Angehörige seiner Domaine zu betrachten, die sich jedem seiner tollen Einfälle zu beugen haben. Alle Erklärungen, die man unserem Gesandten gibt, sind leere Redensarten; hier sehen Sie

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die Folgen." Metternich ergriff die Gelegenheit, den Minister zu erinnern, das Alles komme her von dem Mangel an Einheit unter den Mächten, worauf Hardenberg erwiderte: „Hielten die drei Mächte, Oesterreich, Rußland und Preußen, zusammen, sie würden Frankreich einen Damm entgegenseßen, der schwer zu übersteigen wäre; aber bis jetzt hat man sich niemals verständigen wallen." *) Metternich sah den preußischen Minister auf dem besten Wege. Noch vorgestern", schreibt er am 29. October, hatte Hardenberg, seinem eigenen Bekenntniß zufolge, fest vertraut auf die wiederholten Versprechungen Frankreichs, die Sorge des Königs um die Ruhe in Norddeutschland zu achten, und jetzt hat Frankreich selbst durch diese einzige That bis in seine Grundfesten ein Gebäude zerstört, das bisher unerschütterlich schien." Alsbald ging ein Courier an Lucchesini ab, um förmlich die Freilassung Rumbolds zu fordern, der auch bei dem König als Herzog von Magdeburg beglaubigt sei; im Gespräche verhehlte der Minister nicht, wenn das Begehren abgeschlagen werde, so werde er dem König rathen, lieber das Schwert zu ziehen, als solchen Zustand der Dinge länger zu ertragen. Ganz unerwarteter Weise gab Napoleon nach; auf Grund der Forderung Preußens ließ er Rumbold frei, und der Moniteur versicherte, das geschehe lediglich auf Wunsch des Königs. Ein höchst schmeichelhaftes Schreiben an diesen lezteren, dessen Ton Lombard vor Freude fast sinnlos machte, sprach aus: nur das herzliche Einvernehmen Frankreichs mit Preußen könne Europa vor neuen Katastrophen schüßen.

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Für Hardenberg aber war die Sache damit keineswegs abgethan, und wichtiger als sein Streit mit Lombard über die Fassung des königlichen Antwortschreibens, über den er in seinen Denkwürdigkeiten mit so großer Breite redet, ist die Thatsache, daß er sich eben jezt nach dieser ersten Niederlage Napoleons" mit Metternich und Alopens in tief geheime Verhandlungen einließ über Anbahnung eines Concertes mit beiden Mächten. Von dieser Thatsache meldet er seinen Lesern kein Wort; aus Metternichs Depeschen lernen wir sie kennen.

Auf Grund ausdrücklicher Befehle seines Hoses, die unter dem 15. November an ihn abgesandt worden waren, als man die Freilassung Rumbolds noch nicht kannte, und im Einverständniß mit dem russischen Gesandten Alopeus, der inzwischen seinerseits entsprechende Weisungen erhalten hatte, begab sich Metternich am 22. November zu Hardenberg und erhielt von diesem auf eine längere Ausführung über die Nothwendigkeit eines engen Zusammengehens der beiden Mächte gegenüber den immer bedrohlicheren Uebergriffen Napoleons folgende Antwort: „Eine große Schwierigkeit liege in der Abneigung des

*) Metternich an Colloredo, 28. October 1804.

Königs gegen Alles, was von ferne einer Coalition ähnlich sehe; das Ergebniß der lezten bilde ein vielleicht unübersteigliches Hinderniß für jede ähnliche Maßregel: aber", fügt er hinzu, „seien Sie überzeugt, Ihre Grundsäge sind auch die unserigen, und wenn Sie kein Angriffsbündniß mit England und keinerlei Vergrößerungspläne für irgend eine Macht vorhaben, so werde ich Alles für die Sache thun." Hardenberg verlangte dabei unverbrüchliches Geheimniß, auch dem preußischen Gesandten Grafen Finkenstein in Wien gegenüber. Wie zufällig wurde eben Alopeus angemeldet, Hardenberg veranlaßte, daß er zu der Erörterung hinzutrat; ein vorläufiges Einverständniß ward unter den drei Ministern geschlossen, von dem auch der preußische Gesandte in Petersburg, Graf Golz, nicht unterrichtet werden sollte. Am 28. kam der König nach Berlin zurück; nach kurzem Gespräch mit ihm eröffnete Hardenberg dem Grafen Metternich, der König habe ohne Zögern geantwortet seine Gesinnungen und Absichten seien dieselben wie die des Kaisers, aber die Art der Ausführung scheine ihm zuviel Stoff zur Ueberlegung zu bieten, als daß er sich nicht einige Tage Bedenkzeit vorbehalten müsse. Wenn Bonaparte davon erfährt, fügte der König hinzu, so fällt er über den Einen oder den Andern her, um die Vereinigung zu hindern; ich werde Sie nächster Tage rufen lassen, um die Sache mit Muße zu besprechen. *)

Die beiden Gesandten erstatteten über diese Unterredungen sofort gleichlautenden Bericht an ihre Höfe, und Metternich fügte dem seinigen noch folgende Betrachtung hinzu: „Herr von Hardenberg hat sich mir gegenüber mit dem größten Freimuth ausgesprochen, und es wäre unmöglich, an der Echtheit seiner Gesinnungen in Absicht auf uns zu zweifeln. Er kennt alle Gefahren seiner Stellung, und das geringe Vertrauen, das er auf das Cabinet des Königs, insbesondere Lombard sezt, den er ganz nach seinem richtigen Werthe würdigt, hemmt ihn in all seinen Unternehmungen, obgleich das Gelingen der Unterhandlung wegen des Ritters Rumbold ihm gestattet, einen entschiedeneren Charakter zu entwickeln, als er sonst gekonnt hätte. Sichtlich ist er entschlossen, Alles aufzubieten, um die Faktion der Lombard zu stürzen und hat sich nicht gescheut, dies Herrn von Alopeus selbst zu sagen. Die Maßregeln, die er vorgeschlagen hat, um das Geheimniß unsrer Unterhandlungen zu sichern; die Wärme, mit der er meine ersten Eröffnungen aufgenommen hat; der Schmerz, in dem ich ihn gestern traf, über die Unthätigkeit und Schwäche seines Herrn, und den er uns nicht verbergen konnte ; die tiefe Ueberzeugung, die er von der gigantischen Ausdehnung der Pläne Napoleons hat Alles spricht für die Aufrichtigkeit seiner Zusagen, unsere heilsamen Absichten zu unterstüßen, und wenn das Gute nicht in seinem ganzen

Metternich an Colloredo, 4 December 1804; s. Urkunden - Anhang.

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