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Diese Note hat Graf Metternich sogleich nach Paris gesandt und dabei bemerkt, hiernach sei, wie er vorhergesehen, der Sonderfriede mit Rußland, mit dem Napoleon sich noch geschmeichelt, ebenso unmöglich als irgend ein Friede auf solchen Grundlagen wie er sie angegeben; er müsse von diesen um so gewisser heruntergehen, als ein zweiter Feldzug höchst wahrscheinlich kein besseres Ergebniß haben werde als der erste.

Seit der Abreise des Obersten Knesebeck sah nun Graf Hardenberg die österreichische Politik im vollen Gange einer, wie er glaubte, viel verheißenden Entwickelung. Der Plan Metternichs, den unnachgiebigen Napoleon durch Häufung aller erdenklichen Schwierigkeiten einzuschüchtern und mürbe zu machen, machte Fortschritte von Tag zu Tag, mindestens was das Wachsen der Verlegenheiten anging. Aus Breslau kamen Botschaften, die von unbeschreiblicher Begeisterung und fieberhaften Rüstungen im größten Umfang sprachen: der Abgang Knesebecks ins Hauptquartier des Kaisers Alexander versprach ungesäumten Anschluß Preußens an Rußland; inzwischen hatte Schwarzenberg seinen Waffenstillstand mit den Russen gemacht, und Metternich zeigte sich entschlossen, dem Sturm zu troßen, den dies höchst überraschende Ereigniß in Paris hervorrufen mußte. Was von Paris kam, die Aufrufe, die Prahlereien und selbst das Concordat machten auf Metternich den Eindruck, daß es dort mit den Streitmitteln nicht zum Besten stehen müsse, da man so verzweifelte Anstrengungen mache, um die öffentliche Meinung zu spornen. Das Concordat betrachtete er einstweilen als reinen. Schwindel, das tiefe Geheimniß, unter dessen Siegel es Napoleon dem Kaiser Franz mitgetheilt, diente ihm als Handhabe, selbst die Existenz eines Actes anzuzweifeln, der, wenn er wirklich nach so viel vergeblichen Anstrengungen. zu Stande gekommen wäre, nicht geheim gehalten würde; ganz abgesehen davon, daß nach diesem Concordat der Papst Zugeständnisse gemacht haben müßte, die er für ganz unmöglich hielt. *) Als dann aber die Breslauer Depeschen des Grafen Zichy vom 14. und 15. Februar in Wien eintrafen und einerseits von dem Plane einer Waffenstillstandsverhandlung mit Napoleon, andererseits von dem Auftritt zwischen dem Staatskanzler und dem Grafen St. Marsan meldeten **), da hielt Graf Hardenberg für nöthig, selber unmittelbar einzugreifen, um plößlich aufsteigende Wolken zu zerstreuen.

Am 20. Februar schrieb er seinem Vetter, dem Staatskanzler von Hardenberg, einen Brief, in dem er ihn beschwor, von jeder Waffenstillstandsverhandlung, die nur Zögerungen und Zweideutigkeiten hervorrufen könnte, abzusehen und dringend bat, den arglistigen Verdächtigungen, welche Graf

*) Hardenberg an Münster, 9. Februar.

**) I, S. 174 u. 188-189.

Onden, Desterreich u. Preußen 1813. II.

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St. Marjan über Desterreichs Absichten versucht, schlechterdings sein Gehör zu versagen.

„Was Graf St. Marsan Ihnen gesagt hat“*), sagt Graf Metternich, jei die Sprache des siebenjährigen Krieges, nicht die des Krieges von 1813, aber von dem Gedanken an das Unheil, das solches Mißtrauen unfehlbar anrichten müßte, ist er so durchdrungen, daß er mich aufgefordert hat, Ihnen darüber zu schreiben und es zu bekämpfen mit Allem, was mir meine eigene Ueberzeugung eingeben würde, da ich ja seit so viel Jahren in der Lage gewesen sei, System und Gang der österreichischen Politik zu beobachten. **) Sie kennen mich genügend, mein theurer Freund, um überzeugt zu sein, daß wenn ich über die Gesinnungen des Wiener Cabinets bezüglich Schlesiens auch nur den mindesten Zweifel hegte, ich nicht unternehmen würde, Ihre Aufmerksamkeit davon abzuziehen. Ich glaube wohl meine Probe bestanden zu haben hinsichtlich des politischen Antheils, den ich an der innigsten Ver bindung zwischen Oesterreich und Preußen nehme, und Sie wissen wohl, daß ich keine Gelegenheit versäumt habe, um das Vertrauen zwischen ihnen zu gründen; Sie wissen auch, daß ich weit davon entfernt bin, das politische System Desterreichs in allen Einzelheiten zu billigen; Sie werden auch begreifen, daß ich sicherlich all meine Aufmerksamkeit einem Gegenstand gewidmet habe, der, wenn er existirte, ein unbesiegliches Hinderniß wäre für jene Eintracht, auf welche künftig die Ruhe Deutschlands begründet werden muß aber ich betheure Ihnen, daß ich weit davon entfernt, in diesem Fall gegen Desterreich den mindesten Verdacht zu haben, im Gegentheil überzeugt bin, daß das Bestehen dieser engen und intimen Eintracht zu wesentlich zu seinem eigenen System gehört, als daß mir zu glauben gestattet wäre, es wollte sie selber für immer zerstören und Eifersüchteleien wieder beleben, welche all die Leiden zurückführen würden, die es gerade in diesem Augenblick zu entfernen trachtet.***) Ich bin erstaunt darüber, daß diejenigen, die

*) I, S. 174.

**) Le Comte Metternich nomme ce que vous a dit St. Marsan, le langage de la guerre de sept ans, mais non de celle de 1813, mais il est si pénétré de l'idée du mal que cette méfiance produiroit infailliblement, qu'il m'a interpellé de Vous en écrire et de la combattre par tout ce que me dicteroit ma propre conviction, ayant été à même d'observer depuis tant d'années le système et la marche politique de l'Autriche.

***) mais je Vous proteste que loin d'avoir le moindre soupçon dans ce cas contre l'Autriche, je suis au contraire persuadé que l'existence de cette union étroite et intime entre trop essentiellement dans son propre systéme, pour pouvoir me permettre de croire qu'elle veuille elle-même la renverser à jamais et faire renaitre des jalousies qui rameneroient tous les maux que précisément dans ce moment elle s'occupe à écarter.

sich darin gefallen, Preußen Mißtrauen gegen Desterreich einzuflößen, sich an so abgeschmackte Beweggründe klammern, statt mindestens einleuchtendere herzuleiten aus seinem Beharren bei dem Bündniß mit Frankreich und seinem Unthätigbleiben in einem Augenblick, wo es gern sähe, daß Preußen abfiele und alle Verbündeten Frankreichs diesem ihre Hülfe versagten; in einem Augenblick, wo es durch seinen eigenen Systemwechsel gegen Frankreich ein Gewicht in die Wagschale werfen würde, das uns wahrscheinlich schneller ans Ziel führen müßte, als der Gang, dem es den Vorzug gibt. Dieser Vorwurf kann begründet werden und ich werde nicht übernehmen, ihn zu bekämpfen; Sie wissen besser als jeder Andere, daß und warum es unmöglich ist, dem Wiener Cabinet diesen kürzeren Weg annehmlich zu machen; aber Sie wissen auch, daß seine Absichten gut und auf einen Zweck berechnet sind, den wir wünschen; und ich füge hinzu, daß sie sicherlich den Interessen Preußens nicht entgegen sind. Seien wir also mit etwas minder Gutem zufrieden und warten wir mit Vertrauen ab, daß was wir mehr wünschen. durch die Umstände und durch Ereignisse herbeigeführt werden wird, welche entstehen zu lassen in der Gewalt der anderen betheiligten Parteien liegt."*)

So der Graf Hardenberg über Gang und Geist der österreichischen Politik am Vorabend ihrer eigentlichen Entwickelung. Was er seinem Vetter schreibt, ist einer Ueberzeugung entsprungen, die wir in ihrem Werden Schritt für Schritt beobachten konnten. Ohne jede Voreingenommenheit hat der Hannoveraner im October 1809 die Erforschung eines Ministers unternommen, von dessen Vergangenheit er Nichts wußte, über dessen Charakter und Gesinnungen ihm Günstiges nicht bekannt war. Jedes Wort, das dieser, ihm sagte, hat er bezweifelt, bis ihm die Echtheit urkundlich erwiesen ward; jeden seiner Schritte hat er beargwöhnt, bis handgreifliche Thatsachen sein. Mißtrauen entwaffneten. Schleichwege und Winkelzüge, Finasserie in Worten und Thaten hat er dabei genug entdeckt und nicht immer eine Antwort auf die Frage: wäre das Alles nicht auch zu haben gewesen auf Wegen, die minder krumm, durch Mittel, die weniger zweideutig waren? Aber auch den rothen Faden eines leitenden Gedankens hat er nigends vermißt und schließlich den Glauben gewonnen: Graf Metternich ist der Feind der Weltherrschaft Napoleons, der Freund Aller, die sie mit Kraft zu bekämpfen entschlossen. find, und wird der Verbündete derer sein, welche die Bürgschaft des Erfolges

*) Vous savez aussi que ses intentions sont bonnes et tendent au même but que nous désirons et j'y ajoute que certainement elles ne sont pas contraires aux intérêts de la Prusse. Soyons contents ainsi d'un moindre bien et attendons avec confiance que ce que nous désirons de plus sera amené par les circonstances et par des événemens qu'il est au pouvoir des autres parties intéressées de faire naitre.

geben, zum Mindesten Oesterreich nicht zum dritten Male der Gefahr vereinzelten Unterliegens aussehen. Dieses Ergebniß hatte Graf Hardenberg gewonnen aus Beobachtungen, die er an dem Minister Metternich angestellt. Die frühere Thätigkeit des Gesandten in Berlin und Paris war ihm nicht bekannt. Wir aber kennen auch diese. Wir wissen, daß er in Berlin mit unablässigem Eifer an der Bildung des Dreimächtebundes zwischen Desterreich, Rußland und Preußen gearbeitet und von Paris aus mit wahrer Leidenschaft den Krieg gegen Napoleon geschürt hat, daß er in Charakter und System dieses Mannes schärfer als viele Andere ein Element erkannte, das irgend eine sichere Machtvertheilung in Europa schlechthin ausschloß, daß er alle Selbsttäuschungen getheilt, die die Katastrophen von 1805 bis 1809 verschuldet, aber auch aus den Enttäuschungen jener Jahre die Nothwendigkeit eines vollständigen Wechsels der politischen und militärischen Kriegführung gegen Frankreich gelernt hat. Diesen Wechsel hat er als Minister eingeleitet. Den Unkundigen konnte er erscheinen wie ein Wechsel des Systems und der Gesinnung, dessen schärfster Ausdruck die Heirath der Erzherzogin war. Die Kundigen erblicken darin nur noch einen Wechsel der Mittel und der Waffen, ohne Veränderung des Ziels und der leitenden Gedanken. Daran, daß dieser Wechsel ein nothgedrungener war, konnte ein Unbefangener überhaupt nicht zweifeln; daß er aber auch nicht um Haares breite über die Linie hinausging, die der Drang innerer und äußerer Nöthigung vorschrieb, das glauben wir mit Thatsachen und Urkunden erwiesen zu haben. Die neue Beleuchtung, die sich nunmehr für Metternichs gejammte Staatsleitung in der napoleonischen Epoche ergibt, ist demnach nichts weiter als die Wiederherstellung derjenigen, welche alle Eingeweihten damals sich selber gebildet hatten; mit den Eingeweihten ist sie nach und nach ausgestorben; durch die Urkunden der Archive wird sie jest wieder lebendig.

II.

Preussens Eintritt in den Krieg und Hardenbergs Pläne für den Neubau der Monarchie.

Graf Hardenberg in Breslau. Kriegsrath der Verbündeten 15.-19. März. Der Verzicht auf den Angriffstrieg. Schwäche der russischen Truppenmacht. Scharnhorst über die Stärke des preußischen Heeres. Die Finanzen Preußens nach einer Denkschrift vom 2. April. Weisungen des Staatskanzlers für Jacobi - Kloest vom 26. März. Dringende Bitte um englische Subsidien und Anerbieten einer Vergrößerung Hannovers. Das „Welfenreich von der Elbe bis zur Schelde“ und Hardenbergs frühere Pläne. Die „Denkwürdigkeiten“. Würdigung seiner Politik 1803-1807. Der angebliche Kampf gegen die Neutralität. Lombard. Der wirkliche Kampf, um Hannover für Preußen zu gewinnen. Die Denkschriften vom November 1805 und Januar 1806. Grundfehler jener großpreußischen Träume. Programm von 1807 für den Neubau des preußischen Staates. Rückgabe oder Ersaß und Vergrößerung. Die richtige Formel für die Verträge im Befreiungskrieg. Der Besißstand von 1805 und der Besißstand vor dem Krieg von 1806“. Artikel 5 in Hardenbergs ursprünglichem Entwurf vom 8. Februar 1813. Knesebeck im Kampf um das Herzogthum Warschau und das Maximum seiner Instructionen. Kaiser Alexander und die beiden Geheimartikel des russischen Entwurfs. Erfolg und Mißerfolg Knesebecks. Das „Minimum“ durch Hardenberg verworfen. Folgen dieses Fehlers für die preußische Diplomatie.

iner Reise, welche den Grafen Hardenberg am 15. März nach 'Breslau führte, danken wir genauere Auskunft über die hochwichtigen Verhandlungen, die dort in den Tagen vom 15. bis 19. März zwischen den verbündeten Monarchen und ihren Rath= gebern gepflogen worden sind.

Um der guten Sache zu dienen, aus eigenem Antrieb aber im Einverständniß mit Graf Metternich hatte er diese Reise unternommen. Die Ansichten, die ihn bestimmten, hat er am Schlusse seines großen Berichtes vom 10. April dem Grafen Münster nachdrücklichst ausgesprochen. „Ich war endlich zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Absichten des Cabinets zu Wien der guten Sache günstig und im Grunde auf denselben Zweck gerichtet jeien, welchen die anderen Mächte sich vornehmen, obgleich die Formen,

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