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wünschte, daß sie gescheitert ist an der entschiedenen Abneigung des Lezteren, in eine Vergrößerung Preußens z. B. durch den Erwerb Hannovers zu willigen *), und daß daraus für das österreichische Cabinet jene peinliche Vereinsamung hervorgegangen ist, in der es sich bei den wichtigsten Entscheidungen bei Seite geschoben, durch vollzogene Thatsachen überholt und schließlich dahin gedrängt sah, in Petersburg und Berlin mit verzweifelter Anstrengung wieder festen Fuß zu suchen. Wie die schmerzlichste aller Capitulationen faßte es das Cabinet zu Wien auf, daß es sich im Frühling 1801 hatte entschließen müssen, wieder einen Gesandten nach Berlin zu schicken, und dieser, Graf Philipp Stadion, erkannte als eine seiner wichtigsten Aufgaben, dem französischen Gesandten Laforest klar zu machen, daß Frankreich doch wahrlich gar kein Interesse haben könne, der „preußischen Raubsucht" Vorschub zu leisten, statt Desterreich in seinen uneigennüßigen Bestrebungen zu unterstüßen. Ganz anders wurde das mit dem Grafen Metternich. Dem hatte im November 1805 Lord Harrowby einen Brief des österreichischen Gesandten in London, Graf Stahremberg, mitgebracht, worin der Sah vorkam: sehen wir bei Seite unsere natürliche Eifersucht gegen jede preußische Erwerbung".**) Und hierüber berichtet nun Metternich in seiner Depesche vom 22. November: "Ich bewies dem Lord Harrowby aus dem Gange aller Unterhandlungen, mit denen ich seit meiner Ankunft in Berlin beauftragt worden war, daß zwischen den beiden Höfen nicht nur keine Spur von alter Eifersucht und Rivalität mehr bestehe, sondern daß ich zu jeder Zeit ermächtigt war, Preußen im Falle eines glücklichen Krieges Erwerbungen anzu bieten!"***) Wie viel Unglück wäre Desterreich erspart geblieben vom ersten Kampf um Schlesien an bis zum leßten Krieg gegen die französische Republik, wenn seiner Staatskunst hätte einleuchten wollen, daß die unentbehrliche Hülfe Preußens weder ertrozt noch erlistet, sondern erworben, durch Gegenleistungen verdient sein wollte, und daß die ewig auf der Lauer liegende Erbfeindschaft der Hohenzollern gegen das Haus Oesterreich, die die Kauniz, Thugut und ihre Schule all ihren Berechnungen zu Grunde legte, ein reines Wahngebilde sei. Graf Metternich zeigt sich vollständig frei von diesem verhängnißvollen Irrthum, und den herrschaftähnlichen Einfluß, den er im Lauf der Zeit über Preußen gewonnen und gründlichst ausgebeutet hat, dankt er der überlegenen Einsicht, mit der er dies Verhältniß von Anfang an durchschaute. Selbstverständlich hatte diese neue Politik Nichts zu schaffen mit irgend welcher Begeisterung

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*) A. Beer, Zur Geschichte der österreichischen Politik 1801-1803. Wien 1874. - mettons de côté notre jalousie naturelle à chaque acquisition prussienne". que non seulement il n'existoit aucune trace d'ancienne jalousie et rivalité entre les deux cours, mais que j'avois de tout tems été chargé d'offrir des acquisitions à la Prusse en cas de guerre heureuse.

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für den preußischen Staat an sich, noch weniger mit irgend welcher Absicht, ihm eine Stellung schaffen zu helfen, die den Ansprüchen Desterreichs unbequem werden mußte; sie floß einzig und allein aus dem Gefühl gemeinsamer Gefahr, gemeinsamer Interessen gegenüber einem gemeinsamen Feind und fand ihre nothwendige Grenze an dem Maße der Brauchbarkeit Preußens für die Verfolgung dieser gemeinsamen Ziele. Aber die Ueberzeugung, daß solche vorhanden seien, daß hinter ihnen alles Trennende und Entzweiende zurücktrete, daß daraus ein zwingendes Gebot gemeinsamen Handelns hervorgehe diese Ueberzeugung war eine völlige Umkehr, sie stürzte das hergebrachte System und gebot der österreichischen Politik ein neues Programm und eine neue Methode.

Graf Metternich kam nach Berlin, als eben eine Wendung sich vorzubereiten schien; die Politik der Neutralität ward unhaltbarer von Tag zu Tag. Die französische Besehung des Kurfürstenthums Hannover war ein Dolchstoß nach dem Herzen der preußischen Monarchie und ward als solcher aufgefaßt trotz aller Schadenfreude, die Graf Haugwiß persönlich über diese Züchtigung des Preußenhasses der Welfen empfinden mochte. Seine Anträge auf Zurückziehung, oder wenigstens Verminderung der französischen Truppen beantwortete der erste Consul mit der Forderung, in ein Truz- und Schuzbündniß mit Frankreich zu treten, während er die Regimenter in Hannover täglich drohender anwachsen ließ. Der Bündnißantrag Napoleons ward abgelehnt, aber die Lage Preußens besserte sich darum nicht. Jeder wirklichen Annäherung an Desterreich trat einstweilen die gründliche Meinungsverschiedenheit über die Behandlung der reichsunmittelbaren Ritterschaft hemmend entgegen, während die offenkundige Doppelzüngigkeit des Grafen Haugwiz nicht einmal einen vertraulichen Meinungsaustausch aufkommen ließ. Sogar die Aufhebung und Ermordung des Herzogs von Enghien, die entrüsteten Proteste des Königs von Schweden und des Kaisers von Rußland hatten nur flüchtige Erregungen. hervorgerufen; erst der zeitweilige Rücktritt des Grafen Haugwiß, seine Ersetzung durch den Freiherrn von Hardenberg im August 1804 eröffneten bessere Aussichten. „Die Grundsäße des Herrn von Hardenberg“, schrieb Metternich an Colloredo, sind leider für die Ruhe Deutschlands ebenso zerstörender Natur, als die des Grafen Haugwiz; aber der Weg, den er seinen Herrn in den großen Interessen Europas wird gehen lassen, wird ganz gewiß weniger würdelos sein und mehr Sicherheit haben. Die Herren Lombard und Lucchesini verlieren ihren standhaftesten Beschüßer und die Rolle des letteren könnte ihrem Ende nahe sein." *)

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*) Bericht vom 24. Juli 1804: Les principes de Mr. de Hardenberg sont malheureusement aussi destructeurs pour le repos de l'Allemagne que ceux de

Zehn Monate weilte Metternich in Berlin, ohne irgend Nennenswerthes ausgerichtet zu haben, als er am 24. September 1804 das Ergebniß seiner Eindrücke und Erfahrungen in einer denkschriftähnlichen Depesche zusammenfaßte, deren Hauptinhalt wir in diesen Säßen wiedergeben können: Die waffengewaltige Monarchie Friedrichs des Großen besteht nicht mehr und das heutige Preußen mit Desterreich zum Waffenbunde zu vereinigen, vermag nur ein Mann, das ist der Kaiser Alexander. Das Schriftstück ist von höchster Bedeutung einmal für die allgemeine politische Weltansicht, die sich dieser Staatsmann am Beginn seiner Laufbahn gebildet und sodann für die Richtschnur, die er bis zur Entscheidung im November 1805 im Einverständniß mit seinem Hofe Preußen gegenüber handelnd befolgt hat. Die Depesche beginnt mit einer Kennzeichnung des Verfalls der preußischen Monarchie, die von einer erschreckenden Wahrheit ist und von einem prophetischen Geiste zeugt.

„Niemals", hebt er an, „konnten zwei Monarchieen, die ehedem Nebenbuhler waren, ihre Interessen enger verknüpft finden als in diesem Augenblick Desterreich und Preußen. Gelegen zwischen zwei Staaten, welche bestimmt scheinen, das Angesicht des Festlandes von Europa umzugestalten, die ihren Wettstreit mit einigem Erfolg nur auf Kosten der Länder ausfechten können, die sie trennen haben Desterreich und Preußen dieselben Gefahren und sollten deßhalb auch dieselben Ansichten haben. Die Verderbnißkeime der preußischen Monarchie sind von ihrer eigenen Regierung vorbereitet und sind ihr dargeboten worden eben durch die Eroberungen, welche ihre Kraft und ihren Glanz sicher zu stellen schienen. Jeder Vergleich zwischen dem Verlust, den die österreichische Monarchie im Laufe des unheilvollen Krieges erlitten, der hauptsächlich durch die Rechnungsfehler des preußischen Ministeriums diesen Ausgang genommen hat, und den Vortheilen, welche für den Hof von Berlin beim ersten Anblick daraus erwachsen scheinen, kann nur zu unseren Gunsten ausschlagen. Die geographische Lage der neu erworbenen preußischen Gebiete zeigt alle Nachtheile, die seit der Abrundung unserer Länder für uns nicht mehr bestehen, und wenn die Niederlande die ungeheuren Kosten, die Verlegenheiten und politischen Händel, welche ihr Besig verursachte, durch ihren innern Werth einigermaßen aufwogen, so kann dasselbe sicherlich nicht gesagt werden von den westfälischen Provinzen und der Reihe kleiner zerstreuter Gebiete, welche sie mit dem Körper der preußischen Monarchie verbinden. Das Genie des Herrn von Haugwitz, dessen Ministerium nichts ist als die

Mr. de Haugwitz; mais la route qu'il fera suivre à son Maitre dans les grands intérêts de l'Europe sera assurément moins vile et plus sûre. Mr. de Lombard et Mr. de Lucchesini perdent leur protecteur le plus constant et le rôle de ce dernier pourroit bien tirer à la fin.

außerordentlichste Anhäufung von Verläugnung jedes Grundsaßes, von Treulosigkeit und Mißgriffen, hat sich niemals auf die Höhe geschwungen, auf der man einem Köder widersteht, der die inneren Verlegenheiten eines von mächtigen Nachbarn umgebenen, aber innerer Kraft entbehrenden Staates nur vermehren. kann und schließlich zu einer Gefährdung seines Bestandes führen muß. Friedrich II. hätte nicht ganz Europa durch den Frieden von Basel zu Grunde gerichtet, oder wäre aus dem ungleichen Kampfe, der daraus folgte, als der mächtigste Monarch des Festlandes hervorgegangen. Vielleicht wäre es nicht schwer zu beweisen, daß die preußische Monarchie, deren Oberfläche sich seit dem Tode dieses Monarchen fast verdreifacht, an wirklicher Kraft nur verloren hat. Friedrich Wilhelm III. wird sicherlich niemals aus dem Mittelpunkte seiner weiten Staaten, gegenüber Frankreich, Rußland und Desterreich eine Sprache geführt haben, ähnlich der, welche Friedrich II. nicht fremd war in den Mauern einer Hauptstadt, die niemals aufhört das Hauptquartier eines großen Feldlagers zu sein.

Unter allen schlechten Diensten, welche Herr von Haugwiß seinem König geleistet hat, darf man den nicht vergessen, daß er bis in seine Grundfesten den militärischen Geist untergraben hat, diese einzige Grundlage der preußischen Macht, und das Ergebniß der beständigen Sorge dreier großer Fürsten. Die Zügel der Regierung gingen über in die Hände von Advokaten und Schreibern, kleinen subalternen Ränkeschmieden, die nicht das Zeug hatten, die Winkelzüge der Politik dieses Ministers zu kreuzen oder zu überwachen und die gerade deßhalb gewählt worden waren. Kein Militär von Verdienst kommt dem König nahe. Herr von Köderiz, ein Mann von sechzig Jahren, rechtschaffen und von mildem, loyalem Charakter, reicht mit seinen militärischen Ansichten nicht über die Details des Dienstes hinaus, auf die hier mehr geachtet wird als irgendwo sonst. Von der Politik weiß er nicht einmal die Elemente und bekennt das auch gegen Jedermann. Die anderen Generaladjutanten des Königs sind Menschen vom allergewöhnlichsten Schlage. Alle zittern bei dem Gedanken, ihre Weisheit durch einen Krieg beschämt zu sehen, der sie natürlicherweise von ihren Stellen entfernen würde. Die Civilbeamten in der Umgebung des Königs fürchten, die Militärs würden. die Oberhand gewinnen, wenn der Zustand äußerer Ruhe aufhörte, den sie benutzt haben, um jeden andern Einfluß zu brechen. Es besteht eine Verschwörung von mittelmäßigen Menschen, von niedrigen Intriganten, die nur ein gemeinsames Ziel haben: vor jeder thatkräftigen Maßregel graut ihnen, die geeignet wäre, den König aus dem Zustand der Betäubung herauszureißen, in dem man ihn festhält; die friedfertige Gesinnung und die außerordentliche Thätigkeitsscheu des Königs kommt ihnen zu Statten und es genügt ihnen, jede principiell entschiedene Maßregel zu vereiteln, um ihren

Einfluß nur mit der Macht ihres Herrn untergehen zu sehen. Es gibt kein Ministerium des Krieges. Friedrich II. umfaßte mit seinem Genie das Gesammtleben seiner Armee; kein Mensch ist berechtigt, den König zu erinnern, daß sein zahlreiches Heer unter Umständen auf dem Schlachtfeld mit mehr Erfolg verwendet werden kann als auf den Ebenen von Berlin und Potsdam. Man kann mit Bestimmtheit aussprechen, daß der militärische Zustand von seiner alten Höhe der Art herabgekommen ist und von seinem Ansehen soviel eingebüßt hat, daß der erste Krieg, in den Preußen, vielleicht wider Willen, sich verwickelt sähe, ihm beweisen würde, wie es um ebensoviel zurückgegangen ist, als seine Nachbarn an wirklicher Kraft und Erfahrung gewonnen haben." Sieht man ab von der natürlichen Einseitigkeit des Desterreichers, der in dem Friedensschluß von Basel nur Frevel und Verrath erblickt und nicht in den polnischen, sondern gerade in den deutschen Gebietserwerbungen Preußens ein Element seiner Schwäche erkennt, so wird man sagen müssen, daß er den Kern der damaligen Lage Preußens und die Grundquelle der Ohnmacht seiner Politik mit richtigem Blick erfaßt hat. Auch Hardenberg hat in der Bezeichnung „Militärstaat" eine „traurige Benennung“ für ein Preußen gefunden, aus dem der Genius des Krieges gewichen" war *), aber doch erst manchen Monat nach der Katastrophe; was der österreichische Diplomat zwei Jahre vor ihrem Eintritt darüber sagt, gereicht seinem Scharfblick sicherlich zur Ehre.

Wir lassen ihn fortfahren:

„Der Mann, welcher Herrn von Haugwiß überlebt und dessen Stehen oder Fallen sich noch nicht berechnen läßt, und der unmittelbarste und thätigste Hebel des politischen Systems dieses Ministers, wenn der Inbegriff seiner Maßregeln diesen Namen verdiente, ist Herr Lombard, Cabinetssekretär des Königs. Sein Amt gibt ihm den ausgedehntesten Einfluß auf alle politischen Geschäfte. Sein College, Beyme, lenkt mit ebenso unumichränkter Gewalt alle Zweige der inneren Verwaltung. Beide sind durch ihr Interesse verknüpft, beiden ist jeder Sinn für Grundsäge vollständig fremd, und Lombard namentlich trägt die ärgste Unsittlichkeit zur Schau. Die rechtschaffenen aber beschränkten Ansichten des Herrn von Köckeriz geben ihnen kein Gegengewicht, und obgleich der einzige persönliche Freund des

*) Denkwürdigkeiten II, E. 488. In einer Anmerkung auf S. 90 ebendas. sagt H.: „Wer ahnte 1804, daß auf einen großen Theil der preußischen Armee zwei Jahre später das passen würde, was Tacitus in Hist. I. 88 sagt: primores aetate invalidi et longa pace desides, segnis et oblita bellorum nobilitas, ignarus militiae eques etc." Graf Metternich hat es geahnt.

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