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Als die Berichte Stadions vom 16. Mai in Wien eintrafen, hatte Graf Hardenberg mit Graf Metternich eine Unterredung darüber. Der Erstere wunderte sich, daß in dem Programm von Wurschen kein Wort von der Auflösung des Königreichs Westfalen noch vom Lande Hannover vorkam; der Lettere beschränkte sich auf die Bemerkung, die Vorschläge seien an sich schon so tödtlicher Natur, daß sie einen bereits vollständig geschlagenen Napoleon vorausseßten; dem Baron Humboldt sagte er, für die Gesammtheit. dieser Bedingungen könne sich Desterreich nicht schlagen.*) Am 23. Mai sandte er Bubna zu Napoleon zurück mit Weisungen für drei verschiedene Fälle, zwischen denen vor seiner Ankunft höchst wahrscheinlich die Entscheidung schon gefallen sein würde. Graf Bubna konnte von diesen Weisungen keinen Gebrauch machen, da er in Folge des abermaligen Rückzugs der Verbündeten nach der Schlacht von Bauzen erst kurz vor dem Waffenstillstand in Liegniß den Herzog von Bassano erreichte, zu Verhandlungen mit dem Kaiser aber bis zum Vorabend des Bruches gar nicht mehr gelangt ist. In den Weisungen vom 23. Mai war der Fall einer Niederlage Napoleons vorgesehen und in diesem sollte Bubna eine Sprache führen, die beweist, daß Metternich damals weit davon entfernt war, den Umsturz des Kaiserreichs als die Lösung aller Fragen zu betrachten und noch weiter davon, den siegreichen Verbündeten das Friedenswerk allein zu überlassen. Vielmehr würde sofort sich der Interessenzwiespalt offenbart haben, der Oesterreich von den Verbündeten und diese wieder unter sich trennte, und dessen Austrag nur durch die Nothwendigkeit gemeinsamen Kriegs bis zum Wiener Congreß vertagt werden konnte.

Inzwischen war die Schlacht von Baußen am 20. und 21. Mai geschlagen worden. Aus Lauban hatte Stadion am 22. Mai einen Brief an Metternich gesandt, den Graf Nesselrode im Auftrag des Kaisers Alexander darüber geschrieben hatte. Er war Reichenbach 21. Mai Mitternacht" datirt und enthielt an der einzigen Stelle, die Stadion daraus wiedergiebt, die Betheuerung des Kaisers, daß ihn Nichts in seiner Ausdauer erschüttern könne und daß er fester als je auf die rechtzeitige Mitwirkung Oesterreichs rechne". Aus Goldberg ließ Stadion am 23., aus Jauer am 26. Mai Berichte über den Rückzug und die Vorbereitungen zum Waffenstillstand folgen. Und am 30. Mai sandte ihm Graf Metternich die inhaltschwere Antwortdepesche, die so lautete:

Heute Morgen habe ich den Bericht Nr. 7 erhalten, den E. E. aus Jauer an mich gerichtet. Ich habe ihn dem Kaiser unterbreitet und S. M. hat sich auf der Stelle entschlossen, in einem Augenblick, der ihm von der

*) Hardenberg an Münster, 24. Mai.

größten Wichtigkeit zu sein scheint, sich dem Schauplaß des Krieges zu nähern. Die Richtung, welche das verbündete Heer einschlägt, hat seinen ganzen Beifall und ist gewiß dem Rückzug über die Oder vorzuziehen.

Der Kaiser begiebt sich zunächst nach Gitschin, einem Schloß, das bei Jung-Bunzlau liegt und dem Fürsten von Trautmannsdorf gehört. Ich werde S. K. M. begleiten und wir werden am 3. Juni dort sein. Bei den verbündeten Höfen wollen Sie geltend machen, mit welcher Beeilung unser erhabener Herr sich dem Schauplaß der großen Ereignisse und dem Hauptquartier nähert. Diese Entschließung S. K. M. versezt Sie, während Sie sich im Mittelpunkt der Ereignisse befindet, gleicherweise in den Ihres eigenen. Heeres und der allgemeine Gang der Dinge kann durch die Verminderung der Entfernungen nur gewinnen."

Der rasche Aufbruch des Kaisers und seines Ministers in die Nähe der Verbündeten war das Mindeste, was sofort geschehen mußte, um der Uebel größtes, die Trennung der zum zweiten Mal geschlagenen Armeen, zu verhindern. Man war sich in Wien des furchtbaren Ernstes der Lage vollkommen. bewußt. Im Geiste des Kaisers, meldet Hardenberg am 31. Mai*), wächst die Furcht vor einem französischen Einbruch von Tag zu Tag und steigert sich vielleicht noch durch die Besorgniß, daß der Kaiser von Rußland das Spiel verloren gebe: man geht soweit zu befürchten, Napoleon könnte, nachdem er die Verbündeten einmal über die Weichsel zurückgeworfen, und in einigen Monaten sich um 100,000 Mann aus der Aushebung von 1814 verstärkt, sich damit begnügen, ihnen ein Beobachtungsheer entgegenzustellen und dann mit seiner gesammten übrigen Macht sich auf Desterreich werfen. Um solchem Unglück vorzubeugen glaubt man, die Friedensverhandlungen nicht rasch genug. in Gang bringen zu können und so erklärt sich der Entschluß der sofortigen Abreise nach dem Kriegsschauplay.

Ueber seine Auffassung der Gesammtlage äußerte sich Metternich dem Grafen Hardenberg am 30. Mai in ausführlicher Weise. **)

*) Nachschrift I der Depesche vom 31. Mai: La crainte d'une invasion française augmente de jour en jour dans l'esprit de l'Empereur et s'accroit peut-être par l'appréhension que l'Empereur de Russie n'abandonne la partie: l'on va jusqu'à craindre que les alliés une fois repoussés jusqu'à la Vistule, Bonaparte renforcé en quelques mois, comme on l'assure, de 100,000 h. de la conscription de 1814, se contentera de leur opposer un corps d'observation et qu'il tombera avec le reste de ses forces sur l'Autriche. Pour prévenir ce malheur on croit ne pas pouvoir trop hâter d'entamer des négotiations de paix — —.

**) Ebendas.: il n'étoit pas douteux, dit-il, qu'au mois de Janvier après la destruction des armées françaises et lorsque l'on étoit autorisé à croire que Napoléon ne pourroit de sitôt en organiser d'autres, l'on s'étoit trouvé en droit d'espérer de parvenir à la délivrance de l'Europe et que si dans ce moment

Kaiser Franz u. Metternich nach Gitschin. Graf Hardenberg über diese Wendung. 325

„Im Januar, als man nach dem Untergang der französischen Heere glauben durfte, es werde Napoleon nicht gelingen, so rasch neue zu schaffen, war man berechtigt zu der Hoffnung, daß die Befreiung Europa's gelingen könne und wenn damals Desterreich schlagfertig und Rußland und Preußen in der Lage gewesen wären, ihm zu helfen, so hätte man aus Ziel gelangen fönnen trotz der Ueberlegenheit Frankreichs an materiellen Mitteln. Noch günstiger und entscheidender für die Wiedergeburt Europa's hätte der Moment der Schlacht von Lüßen werden können, wenn die Verbündeten ihre Vortheile verfolgt und dieser neu gebackenen französischen Armee einen entscheidenden Schlag versett hätten. Dadurch wäre auf einen Streich der blendende Zauber gefallen, den die unglaubliche Raschheit, mit der Napolcon cine Armee neu geschaffen, und ihre Erfolge auf dem Schlachtfeld noch einmal von der Ueber

l'Autriche avoit été en état d'agir et la Russie et la Prusse en mesure de la soutenir, l'on auroit pu réussir non obstant la supériorité des moyens matériels de la France; le Comte Metternich ajouta que le moment de la bataille de Lützen, et si les alliés avoient poursuivis leurs avantages et porté un coup décisif à cette armée française de nouvelle création auroit été encore plus favorable et décisif pour le grand objet de la régénération de l'Europe, en ce que l'on auroit détruit d'un coup le prestige que l'incroyable célérité avec laquelle Napoléon avoit recréé une armée et les succès qu'elle avoit obtenu, avoit repandu partout de la supériorité de ses moyens et de son génie: alors, dit le Comte Metternich ç'aurait été le moment de mettre en avant toutes les conditions de paix que la Russie et la Prusse avoient en dernier communiqué au Cabinet de Vienne; que maintenant après que les alliés avoient perdu tout le fruit de la bataille de Lützen et avoient par leur retraite continue et par la perte de la bataille de Bautzen rétabli la considération militaire de Napoléon et de son armée, la guerre avoit pris un tout autre caractère, celui d'une guerre de coalition, comme elles avoient en lieu autrefois, sujette à tous les inconvénients connus des coalitions, preuve de quoi il allégua les différents entre la Suède et la Danemarc, d'une guerre par laquelle l'on ne pourroit plus espérer d'obtenir le grand but, que l'on s'étoit proposé au commencement de la campagne, et ceci d'autant moins que les succès de Napoléon ranimeroient courage de la nation française, faciliteroient l'employ de ses ressources matérielles, donnoient le tems de les organiser en France et en Italie et rattachoient de nouveau à Napoléon les confédérés en Allemagne qui s'il avoit éprouvé des revers l'auroient abandonné pour recouvrir leur liberté. Le Comte Metternich tira de cela la conclusion, qu'il falloit renoncer à l'espoir de résultats qui n'étoient plus à atteindre, se contenter de moins et ne regarder l'arrangement que l'on pourroit faire que comme une trève dans laquelle on se prépareroit encore à de nouveaux efforts et que ceux-ci seroient à son avis bien préparés si par l'arrangement actuel l'on pouvoit s'assurer d'une ligne d'opération qui commençât de l'Adriatique et aboutît à la mer baltique, sauf cependant aux altérations favorables que cette ligne pourroit acquérir dans la paix générale par les compensations que l'Angleterre pourroit mettre dans la balance.

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legenheit seiner Mittel und seines Genies überallhin verbreitet hatten. Dann wäre der Augenblick dagewesen, um all die Friedensbedingungen vorzutragen, welche jüngsthin Rußland und Preußen dem Cabinet zu Wien mitgetheilt haben. Jezt aber, nach dem die Verbündeten die ganze Frucht des Sieges von Lüßen eingebüßt, durch ihren Rückzug und den Verlust der Schlacht von Baußen das militärische Ansehen Napoleons und seiner Armee wieder hergestellt haben, hat der Krieg einen ganz andern Charakter angenommen, den eines Coalitionskrieges, wie deren schon mehrere dagewesen sind, und behaftet mit all den bekannten Schäden, welche Coalitionen begleiten, wie das z. B. die Zerwürfnisse zwischen Schweden und Dänemark beweisen. Von solch einem Krieg kann man nicht mehr hoffen, daß er das große Ziel erreichen werde, das man sich zu Anfang des Feldzugs vorgesteckt und das um jo weniger, als die Erfolge Napoleons den Muth der französischen Nation neu belebt haben, die Verwendung seiner materiellen Hilfsmittel erleichtern, Zeit gewähren, sie in Frankreich und Italien zu organisiren, und die deutschen Verbündeten von Neuem an den Kaiser knüpfen, die ihn im Fall seiner Niederlage verlassen hätten, um wieder frei zu werden. Daraus folgt, daß man auf Unerreichbares verzichten, sich mit Wenigem begnügen und den zu schließenden Frieden nur als einen Waffenstillstand betrachten muß, in welchem man sich zu neuen Anstrengungen vorbereitet. Der Erfolg dieser aber wäre sehr gut vorbereitet, wenn man durch den alsbaldigen Abschluß sich eine Operationslinie sichern könnte, welche am adriatischen Meere begönne und am baltischen Meere endigte, vorbehaltlich der günstigen Veränderungen, welche diese Linie im allgemeinen Frieden gewinnen würde, durch die Ersayleistungen, welche England in die Wagschale werfen könnte."

Es ist von Bedeutung, daß Metternich einen Friedensschluß auf Grundlage des Minimums der österreichischen Bedingungen selbst nur als einen Waffenstillstand zur Vornahme größerer Rüstungen bezeichnet, die Zurückweisung dieses Minimums aber auch hier als unmittelbaren Kriegsfall für Desterreich erklärt hat. Graf Hardenberg ist denn auch nur wegen des Kaisers Franz besorgt, dem er die nöthige Energie und Ausdauer nicht zutraut und die Hoffnung des Grafen Metternich, daß Napoleon es aus politischen Gründen mit Defterreich nicht aufs Aeußerste werde kommen lassen, theilt er nicht.

VI.

Gitschin Opotschna-Reichenbach.

Enttäuschungen Napoleons und beiderseitiges Bedürfniß nach Waffenruhe. Stadion über die Unerschütterlichkeit des Kaisers Alexander. Rechtsschwenkung der Verbündeten auf dem Rückzug. Graf Metternich in Gitschin 3. Juni. Seine Ansicht über Rückzug und Waffenstillstand. Anstett und Knesebeck bei Stadion in Reichenbach. Verhandlung über die Dauer des Waffenstillstandes. Abschluß desselben 4. Juni. Napoleons Opfer, um ihn zu Stande zu bringen. Graf Nesselrode in Gitschin. Kaiser Franz und die Friedenspartei. Das Gitschin — Reichenbacher Friedensprogramm vom 7. Juni und die Conferenz vom 19. Juni. Die vier Artikel des österreichischen sine qua non für den Präliminarfrieden; die Vorbehalte der Verbündeten für den Definitivfrieden. Der österreichische Kriegsplan. Prager Denkschrift Radezky's vom 10. Juni: Offensive der böhmischen Armee gegen die Hauptmacht des Feindes. Schwarzenberg und Toll in Gitschin 14./15. Juni. Kadeßky's Protokoll der Conferenz vom 15. Juni. Bericht Tolls über seine Verständigung mit Schwarzenberg und Radezky: Offensive der schlesischen Armee nach der Elbe und Vereinigung des Wittgenstein'schen Corps mit der böhmischen Armee ---Metternichs Depeschen vom 14. Juni über die Reichenbacher Conferenz. Seine Unterredung mit Kaiser Alexander und Nesselrode zu Opotschna, mit Hardenberg und Humboldt zu Ratiborschiß 19. Juni. Die Note Nesselrode's vom 19., die Humboldts vom 20. Juni. Taktik des Grafen Metternich. Vorfriede und Weltfriede. Die Reichenbacher Convention vom 27. Juni. Humboldts Antheil an ihrer Fassung. Friedrich Genz über „das Fabrikat von Opotschna“. Sein Patriotismus in der Feuerprobe.

m engsten Einvernehmen mit Desterreich haben die Verbündeten nach den blutigen Kämpfen bei Baußen die Richtung ihres abermaligen Rückzugs gewählt, den Entschluß zum Waffenstillstand gefaßt und die Zeit seiner Dauer bestimmt. Nicht mehr und nicht weniger als das Schicksal des ganzen Krieges hing davon ab, ob das österreichische Cabinet dies Vertrauen rechtfertigte und die Zusagen erfüllte, die es seit Monaten mit immer steigender Wärme gegeben, aber niemals in unbedingt verpflichtender Weise ertheilt hatte.

Mit drei verhängnißzvollen Illusionen war Napoleon in den Feldzug von 1813 eingetreten. Die erste ließ ihn träumen von einem zermalmenden

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