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zuschlagen, wie Napoleon Desterreich niedergeschlagen habe. *) Denn auf das Niederschlagen, nicht auf den Anschluß kam es an. So dachte sich Czartoryski die „ selbständigen und unabhängigen“ Operationen Rußlands, während Cesterreich zusehen mochte, wie es mit den Franzosen fertig ward. Die Politik Czartoryski's erlebte ihre Probe. Militärisch betrachtet war es schlechthin widersinnig, wenn Rußland nur ein Drittel seines Heeres nach dem Donauthale gehen ließ, wo die Entscheidung lag, und zwei Drittel desselben, d. h. 100,000 Mann dazu verwendete, in Polen und Schlesien den Einmarsch auf preußisches Gebiet und dadurch die Mitwirkung Preußens zu erzwingen". Nur durch die polnischen Pläne Czartoryski's wird das verständlich, und diese hatten denn auch bis Mitte September gerade den Erfolg, den er berechnet hatte. Das Innehalten des Kaisers in diesem Augenblick verhinderte den Zusammenstoß der russischen und preußischen Waffen, das Bündniß Preußens mit Frankreich, zu dem Laforest und General Duroc Alles vorbereitet hatten; wenige Tage später geschah der französische Gewaltstreich in Ansbach, der den Vertrag vom 3. November 1805, d. h. den Beitritt Preußens zur Coalition zur Folge hatte, und gerade diese Wendung ist es, die Czartoryski nachher dem Kaiser zum Vorwurf macht, von ihr rührt alles Unglück her: der ganze Plan, klagt er in jenem Briefe vom April 1806, war angelegt auf die Vergewaltigung Preußens, eines Staates, dessen Interessen denen Rußlands fast in allen Stücken feindlich sind, und diejer Plan war vereitelt, als der Einmarsch abbestellt ward. Nicht Ulm, nicht Austerlit, nein Potsdam war in den Augen dieses Ministers die Katastrophe von 1805, und damit ist über seine Politik Alles gesagt. Der Kaiser Alexander war persönlich tief genug in diese Pläne verflochten. Noch am 4. Oktober war sein Eindringen nur aufgeschoben, nicht aufgegeben, und dem österreichischen General Stutterheim, der ihn dringend von jeder Gewaltmaßregel gegen Preußen abzubringen suchte, sagte er, „ich kann nicht mehr zurück, ohne mich bloßzustellen; wenn ich Euch zur Wiedererlangung Schlesiens verhelfen kann, so könnt Ihr auf mich zählen."**) So sah der Krieg für das Recht der Fürsten und die Unabhängigkeit der Völker" in

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*) Alexandre I. et le Prince Czartoryski, p. 32: Il fallait se dépêcher de réduire la Prusse comme Bonaparte s'est dépêché avec l'Autriche et cela nous aurait coûté encore moins de peine. Bernhardi, Geschichte Rußlands, II. 2, S. 507, beurtheilt diese Pläne vollkommen richtig. Damit vergleiche Czartoryski's Brief an Hardenberg, 14./26. Juli 1806 (Denkwürdigkeiten III, S. 101 und 102), mit der Versicherung: J'ai constamment été animé du désir d'unir la Prusse et la Russie par des liens réels, efficaces et à l'épreuve des vicissitudes que les temps critiques dans lesquels nous vivons pourraient amener.

**) Ce serait me compromettre: non, je ne peux plus reculer; si je peux vour faire ravoir la Silésie, vous pouvez compter sur moi. Beer, S. 172, Anm. 2. Enden, Desterreich u. Preußen 1813. II.

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Wahrheit aus. „Rasend, elend, abgeschmackt“ nannte Genz dies ganze Be ginnen, das war es auch, wenn es Rußland auf Frankreichs Niederwerfung abgesehen hatte; aber das hatte mindestens Czartoryski gar nicht im Auge. War Oesterreich im Süden von den Franzosen, Preußen im Norden von den Russen geschlagen, dann erhob sich aus den Ruinen beider Monarchieen das Königreich Polen in neuem Glanze und ward das Mittelglied zwischen den Weltmächten Frankreich und Rußland, die sich so in die Herrschaft über Europa theilten. Theilung Europa's im Einverständniß mit Bonaparte" ist allezeit das Ideal dieses Staatsmannes gewesen. Der 18. September und der 3. October haben sein Gewebe zerrissen. Unter den geheimen Artikeln des Vertrags vom 3. November war einer, der behufs Erlangung einer besseren Grenze gegen Frankreich den Besitz Hannovers für Preußen als unumgängliche Bedingung seiner Theilnahme am Kriege forderte, aber eine Entschädigung des Hauses Braunschweig durch Tausch oder auf irgend eine andere Weise vorbehielt *), und in dem Schicksal dieses geheimen Artikels zeigte sich nun, wie vollständig gegen früher sich das Verhältniß der österreichischen Politik zu Preußen gewendet hatte. Daß Czartoryski, nachdem sein eigentlicher Plan doch einmal mißglückt war, mit Feuer darauf einging, Preußen im Westen vergrößern zu helfen, erklärte sich schon allein aus der Erleichterung, die das unter Umständen seinem Plan verschaffte, es im Osten zu plündern. Bedeutsamer war und im vollständigsten Widerspruch mit Allem, was sonst für allein richtige österreichische Politik gegolten hatte, daß Graf Metternich unter ausdrücklicher Gutheißung seines Hofes für den Erwerb Hannovers für Preußen eingetreten ist. Auf diesen Fall bezog sich die Aeußerung Stahrembergs, die wir oben mitgetheilt haben, und die gleichfalls mitgetheilte Antwort, zu der sich Metternich dadurch veranlaßt sah.**) Englischerseits war Lord Harrowby nach Berlin gesandt worden, um den Subsidienvertrag mit Preußen zu schließen. Höchst pikant ist nun, was Graf Metternich in seiner Depesche vom 22. November ***) erzählt von seiner Verschwörung mit den Ministern Hardenberg und Alopeus, um in dieser überaus heiklen Frage Schritt für Schritt zusammenzugehen und Wort für Wort dieselbe Sprache zu führen, und wie er schließlich den englischen Minister dahin bringt, einen von Hardenberg ersonnenen Tauschplan (Hannover gegen Ostfriesland und westfälische Gebietsstücke) in all seinem Detail wenigstens anzuhören. Sie begreifen, Mylord", sagte er, daß alle Einwürfe, die Sie uns machen können, von den Unterhändlern des Vertrags vorher wohl überlegt worden sind. Glauben Sie nur, Sie sind Preußen sammt und sonders

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*) Abgedruckt in Hardenbergs Denkwürdigkeiten II, S. 331.

**) S. oben S. 3.

***) Jeßt gedruckt in Hardenbergs Denkwürdigkeiten V, S. 198–208.

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vorgehalten worden und dennoch hat es daraus eine Bedingung seiner Mitwirkung gemacht." "Aber", antwortete er, wie können Sie denken, daß ein englischer Minister solch einen Antrag auch nur anhöre. Er berührt uns gar nicht, er betrifft einzig und allein den Kurfürsten von Hannover, und das englische Ministerium hat gegenüber dem König das Wort Hannover niemals ausgesprochen. Ich kann Nichts sagen, ich dürfte nicht einmal Etwas hören.“ Metternich erwiderte: „Sicherlich achten wir Alle die Unabhängigkeit des Kurfürsten von Hannover. Wollte Gott, Frankreich hätte das auch gethan und die gegenwärtige Frage wäre niemals aufgeworfen worden. Aber sehen wir doch zu, ob wir nicht vielleicht über die ersten Elemente eines Bündnisses einig werden könnten, welches die guten Dienste Desterreichs, Rußlands und Englands bei dem Kurfürsten geltend machen würde im Augenblick einer Krisis, welche ganz Europa zu vernichten droht." Und nun berührte er all die Gesichtspunkte, welche Hardenberg in seiner Denkschrift*) für das Tauschgeschäft geltend gemacht hatte: den Hafen von Emden und fünf andere minder werthvolle an der Küste von Ostfriesland; die Möglichkeit, die Unabhängigkeit Hollands allein durch die Thatsache zu sichern, daß es seitens der Nordsee und seiner Ostgrenze durch England geschüßt wäre; die militärischen Linien, welche der Lauf der Ems darbiete; die angebliche Möglichkeit, Emden für Jeden, der das Meer beherrscht, zu einem uneinnehmbaren Bollwerk zu machen und durch Tausch und Zuwachs die neuen Besitzungen des Hauses Lüneburg zu erweitern, das ja im Uebrigen einen Theil seines alten Erbes behalte u. s. w. Lord Harrowby fragte: „Gibt es kein Mittel, den König von diesem Plane abzubringen? Im Hinblick auf den König von England bietet es unübersteigliche Schwierig keiten dar; Unmöglichkeiten sage ich nicht", meinte er nach einer kurzen Pause, da er sah, welchen Werth Metternich auf den Ausdruck, den er brauchte, zu legen schien. Er sprach von Modificationen, die hinzugefügt, von Bestimmungen, welche den Gang der Mitwirkung Preußens nicht aufhalten würden, von moyens termes, wie er sich mit Vorliebe wiederholt ausdrückte, die sich nothwendigerweise zwischen Ja und Nein finden lassen müßten.

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*) Je touchai sommairement la corde du port d'Emden et de cinq autres de moindre valeur sur les côtes de l'Ostfrise; de la possibilité d'assurer l'indépendance de la Hollande par le fait seul qu'elle se trouveroit sous garantie de l'Angleterre du côté de la mer du Nord et de sa frontière orientale; de lignes militaires qu'offriroit le cours de l'Ems; de la possibilité qu'on prétend exister de fortifier Emden de manière à le rendre inexpugnable pour quiconque tient la mer, de celle d'agrandir et d'arrondir par des échanges et des acquisitions les nouvelles possessions de la maison de Lunebourg qui d'ailleurs garderoit une partie de son ancien patrimoine; de plusieurs points de vue enfin qui s'offrirent à mon idée. Alles in Uebereinstimmung mit der Denkschrift Hardenbergs, die wir später kennen lernen werden.

Metternich erwiderte ihm, der größte Freimuth sei hier die beste Politik, und was er, keineswegs ermächtigt, den Kern der Fragen zu erörtern, die in London verhandelt werden sollten, hierüber gesagt habe, sei lediglich dem Wunsche entsprungen, eine nahezu flottgemachte Barke nicht an der ersten Klippe scheitern zu sehen, die sich auf ihrem Wege befinde. „Seien Sie gewiß, ein Nein, das Sie aussprächen, würde gierig aufgegriffen werden von einer Menge böswilliger Menschen, die Alles berechnen, um den König von Preußen wieder von seinem Entschlusse zurückzubringen; haben Sie Acht auf die Mittel; betrachten Sie Herrn von Alopeus und mich als zwei Hilfscorps, die das Terrain kennen, auf dem Sie sich befinden, und die Ihnen stets in Allem beistehen werden, was Sie geeignet finden, die Mitwirkung Preußens zu beschleunigen." Aus der ganzen Unterredung, insbesondere den ewigen Protesten des Lord, er dürfe über diese Frage nichts anhören und nichts sagen, hatte Metternich den ganz bestimmten Eindruck davon getragen: „der englische Minister hat nicht verworfen, was der Diener des Kurfürsten von Hannover nicht anzuhören wagte, und vor den Schwierigkeiten dieser Unterhandlung schreckte der erstere um so mehr zurück, je weniger er gegen den Kern der Frage einzuwenden wußte." *)

Graf Metternich wußte noch nicht, was es heiße, mit einem englischen Minister über Subsidien zu verhandeln. Die hannoversche Frage hatte man von der Geldfrage schon getrennt, und dennoch brachte Lord Harrowby die geduldigsten Menschen zur Verzweiflung. Metternich hatte ihm zwei Wochen lang unermüdlich gepredigt: Alles kommt darauf an, sich der preußischen Kriegshilfe auf möglichst lange Zeit zu versichern. Er glaubte ihm das endlich unwiderleglich klar gemacht zu haben, als der Lord, wie wenn gar Nichts geschehen wäre, ihn durch die Frage außer sich brachte: „Ist diese Hilfe denn wirklich durchaus nöthig?" Metternich opferte noch eine Stunde, um ihm das zu beweisen. Der Lord sagte: „Ja, sie ist wünschenswerth", ging zu Hardenberg, um mit dem einen Subsidienvertrag auf ein Jahr abzuschließen, aber es kam dennoch nichts zu Stande, denn der Lord wollte den Tag nicht zugestehen, von dem an dieses Jahr gerechnet werden sollte. **)

Inzwischen war zu Austerlig die Entscheidung gefallen. Die Kunde von der Niederlage selbst schien das Eintreten Preußens eher zu beschleunigen als zu hemmen; wenigstens war dies die Auffassung, welche in der Conferenz

*) Je ne saurois en un mot me refuser à l'évidence, que le Ministre anglais n'a pas rejeté ce que le serviteur de l'Electeur de Hanovre n'a pas osé écouter et que le premier reculoit plus à l'idée des difficultés qu'offriroit cette négociation qu'il ne trouvoit d'objections à faire au fond de la question.

**) Metternich, Bericht vom 7. December 1805.

vom 9. December zur großen Befriedigung Metternichs durchgeschlagen hatte.*) Aber gleich darauf kam eine Depesche des Grafen Haugwiß **), welche unter dem 6. December von der Zusammenkunft des Kaisers Napoleon mit Kaiser Franz und dem Abschluß eines Waffenstillstandes meldete, dem der Sonderfrieden zwischen diesen Mächten unmittelbar folgen sollte. Briefe des Kaisers Alexanders und des Fürsten Czartoryski, die am 15. ankamen, ließen auf die Lösung des österreichisch russischen Waffenbundes schließen. Noch ehe man ahnte, was Haugwiz an demselben 15. December in Wien unterzeichnet, mußte das ganze System der Politik vom 3. November als begraben angesehen werden.

Graf Metternich war noch in Berlin, als der Wiener Vertrag vom 15. December 1805 sich in den Pariser Vertrag vom 15. Februar 1806 verwandelte; aber den Inhalt des ersteren lernte er erst am 12. März 1806 kennen, von dem letteren hat er Nichts mehr erfahren, als den Anfang seiner für alle Welt sichtbaren Folgen, über die sein leßter Bericht vom 29. März Meldung that. Anfang April hat er Berlin verlassen und am 4. August ist er als österreichischer Botschafter in Paris angekommen, kurz vor dem Ausbruch des Krieges, der seine Vorhersagungen vom 24. September 1804 in einer für ihn selbst entseßlichen Weise bestätigte. Dort beobachtete er nun an Ort und Stelle, wie in Folge der Niederwerfung der preußischen und russischen Waffen, noch mehr seit dem Tilsiter Bündnißschluß am kaiserlichen Hofe ein Geist der Rechtsverachtung und der Herrschsucht allmächtig ward, der den Gewalthabern wie ein sinnebethörender Rausch zu Kopfe stieg, ihn selbst aber wie alle Vertreter fremder Mächte mit wahrer Seelenangst erfüllte. Ueber dies diplomatische Corps, das sich nie versammelte, ohne daß der Kaiser für das Gelingen irgend eines neuen Frevels huldigende Glückwünsche entgegennahm, war seit den Augusttagen 1807 ein fieberndes Angstgefühl gekommen, wie es die Bewohner eines Hauses foltern mag, dessen morsches Gebälk jeden Augenblik zusammenbrechen kann. Graf Metternich war bei dem feierlichen Empfang am 2. August, als Napoleon, von Tilsit zurückgekehrt, die Gesandten und die Staatskörper um sich versammelte; er hörte, wie der Kaiser zum portugiesischen Gesandten die unheilverkündenden Worte sagte: „Das kann nicht dauern, wir brauchen Frieden oder Krieg", und dann zum Schluß den päpstlichen Nuntius anfuhr: „Alles was in Rom geschieht, hat keinen Menschenverstand. Wohlan, man wird mich zwingen, Euch zur Ordnung zu bringen, und dann will ich Euch pressen, bis Ihr am

*) Das Protocoll in Hardenbergs Denkwürdigkeiten II, .357 ff. Metternich berichtet darüber am 10. December.

**) Metternich an Colloredo, 13. December; s. Urkunden - Anhang.

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