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daß die Verweigerung dieses oder jenes einzelnen Artikels Oesterreich keine weitere Wahl lassen soll, - und nun gar, daß Krieg verhängt sein soll über Desterreich, wenn dieser oder jener einzelne Artikel nicht bis zu einem bestimmten Tage bewilligt ist das, verzeihen mir Eure Excellenz meine Dreistigkeit, hieß die großmüthige Gefälligkeit zu weit treiben."

In diesem Tone der Entrüstung liest Gent dem Minister den Text: „das Fabrikat von Opotschna" genießt seinen ganzen Abscheu und völlig unerhört ist, daß die Verbündeten noch nicht einmal damit zufrieden sind. Sie vergessen, daß von Oesterreichs Seite Alles freie Gunst war und toben, daß es, nachdem es Rock, Weste und Beinkleider für sie ausgezogen hat, ihnen nicht auch noch Hut und Stiefel geben will!

Wir bedurften dieses Zeugnisses nicht, um über die Bedeutung der Urkunde vom 27. Juni ins Reine zu kommen. In der That hat an diesem Tage die Neutralität Desterreichs ihr Ende genommen, die von Frankreich erlistete Mobilität" gegenüber den Verbündeten aufgehört, Desterreich war für einen und zwar sehr wahrscheinlichen Fall gebunden, unwiderruflich auf den Tag gebunden, und nur wer von den monatelangen Vorverhandlungen gerade das Wesentlichste nicht wußte, konnte wie Gent meinen, das sei „reine Wohlthat", völlig freiwillige Gunstbezeigung und dienstfertige Gefälligkeit von Seiten Desterreichs gewesen. Was aber bleibt nach solchem Urtheil über ein unter seiner Mitwirkung zu Stande gekommenes Werk von dem Patrioten, dem Kriegs- und Befreiungsapostel Friedrich Gent, noch übrig? Der Traum seiner Jugendbegeisterung war in Erfüllung gegangen, ein beneidenswerthes Geschickt hatte ihn berufen, bei Stiftung eines Waffenbundes mitzuwirken, der ihm einst als „Deutschlands lezte sterbende Hoffnung" erschienen war, und er lehnt jede Verantwortung dafür ab, denuncirt die beiden Oesterreicher, die mit wahrer Freude zum ersten Mal ihre Patriotenpflicht mit der Pflicht des Gehorsams in Einklang wußten, klagt Metternich an, daß er gethan, was er, Genz, als besserer Desterreicher niemals gethan haben würde, und drei Wochen später schreibt er an Ompteda: „Ich habe gesiegt. Ohne mich gab es keinen österreichischen Krieg". In der That, er war unendlich alt und schlecht geworden".

Nach dieser Probe kann es Niemand Wunder nehmen, daß derselbe Genz, als am 16. August das österreichische Kriegsmanifest im Druck erschienen war, sich beeilte, eines der ersten fertigen Exemplare dem Baron Humboldt für den König von Preußen zu überreichen mit einem Schreiben, in dem er sagte, er sei als Verfasser desselben das Organ von Grundsäßen und Gesinnungen gewesen, die Sr. Majestät dem König von Preußen und dem Lande, in welchem er das Glück gehabt habe, geboren und erzogen zu werden, gewiß zum Wohlgefallen gereichen würden", und den Minister bat,

„mit einem flüchtigen Worte das Gefühl, von dem er in diesem großen und feierlichen Augenblicke durchdrungen sei“, anzudeuten.“ *)

Am Tage nach Zeichnung der Reichenbacher Abkunft starb zu Prag an den Folgen seiner am 2. Mai empfangenen Wunde der General Gerhard v. Scharnhorst, der Waffenschmied des Befreiungsheeres. Vom Schlachtfeld hinweg war er nach Wien aufgebrochen, um den Anschluß Desterreichs an die große Sache zu beschleunigen. Bis Znahm war er gekommen, als er durch den Grafen Metternich unterrichtet wurde, daß er für den Zweck seiner Sendung am Besten thun werde, nach Prag zurückzukehren, wo er das Hauptquartier des Fürsten Schwarzenberg antreffen werde. Scharnhorst folgte dem Rath und was ihn hier unter Fieber und Schmerz aufrecht erhielt, ihm den Abschied vom Leben erleichterte, war die Gewißheit, die er aus dem Gespräch mit Radezky schöpfte, daß die Mitwirkung Desterreichs zweifellos gesichert sei. **)

*) Der Prag, den 16. August, datirte Brief findet sich in Humboldts Prager Correspondenz.

**) Ompteda an Münster, Reichenbach, 7. Juni 1813: Le baron de Stein ne doutoit plus de la coopération de l'Autriche. Le Général Scharnhorst, après avoir eu quelques conférences avec le Général Radetzky, le Chef d'état major du Prince Schwarzenberg, m'assura la même chose. In der gedruckten Sammlung der Briefe Ompteda's fehlt dieses Schreiben.

VII.

Dresden - Ratiborschitz — Brandeis.

Rücksendung des Grafen Bubna zu Napoleon. Dreierlei Weisungen für ihn vom 23. Mai. Völlige Entschlußfreiheit Desterreichs auf alle Fälle, auch wenn Napoleon nachgiebt. Bubna und Bassano in Liegniß und in Dresden. Unterredung Metternichs mit Napoleon in Dresden am 26. Juni. Zwei Berichte Metternichs an Kaiser Franz über deren Verlauf und wesentlichsten Inhalt. Kritik der Napoleonischen Legende. Metternich hat kein Friedensprogramm vorgelegt. Note Bassano's vom 29. Juni: Aufhebung des Bündnißvertrags vom 14. März 1812; Anerkennung der österreichischen Vermittelung, um der Verlängerung des Waffenstillstandes willen. Metternichs Triumph. Die Dresdener Convention vom 30. und die Reichenbacher vom 27. Juni. Verhandlung zu Ratiborschiß am 4. Juli über Verlängerung des Waffenstillstandes bis 10. August. Der Zusagartikel zur Convention vom 27. Juni. Lebzeltern in Peterswaldau bei Kaiser Alexander, 5. Juli. Metternichs Vortrag an den Kaiser, Brandeis 12. Juli. Die entscheidende Anfrage des Ministers und die Antwort des Kaisers.

D

ie Verhandlungen, aus welchen am 27. Juni das Abkommen von Reichenbach hervorgegangen war, hatten zum nächsten Zweck: den Zusammentritt eines Friedenscongresses unter österreichischer Vermittelung. Die Verbündeten waren dafür gewonnen, aber um den Preis einer Verpflichtung Cesterreichs, die seiner Vermittelung eine ganz bestimmte Frist sezte und für den Fall ihres Scheiterns jede Rückkehr zur Neutralität unwiderruflich abschnitt. Drei Tage danach ist dem Grafen Metternich gelungen, auch Napoleon zur förmlichen Anerkennung der Vermittelung Desterreichs und zur Beschickung des Congresses zu bestimmen, aber mit dem zweifachen Unterschiede, daß er erstens alle alten Verpflichtungen gegen Frankreich löste und zweitens keine einzige neue einging mit Ausnahme derjenigen, eine Verlängerung des Waffenstillstandes durchzuseßen. Das war der Doppelabschluß des langen diplomatischen Feldzuges der österreichischen Mediation; wir sagen der Abschluß, denn, was danach kam, war leere Spiegelfechterei. In diesem langen Feldzug aber bildet der Abschluß mit Napoleon ganz gewiß das glänzendste Capitel.

Am 23. Mai war Graf Bubna aus Wien ins französische Hauptquartier zurückgesandt worden; ausführliche Weisungen waren ihm mitgegeben, die sich sehr vereinfacht hätten, wenn Metternich von dem Ausgang der Kämpfe bei Baußen bereits unterrichtet gewesen wäre. Drei verschiedene Möglichkeiten waren darin unterschieden und dem General für jede derselben eine verschiedene Sprache vorgezeichnet.

Im Falle der Kaiser Napoleon eine Schlacht gewonnen hat, soll er unter der wiederholten Betheuerung, daß Desterreich weit davon entfernt sei, sein Bündniß mit Frankreich als gebrochen anzusehen oder ihm durch Drohungen Zugeständnisse abnöthigen zu wollen, die bekannten vier österreichischen Bedingungen im Interesse der Wohlfahrt von ganz Europa, insbesondere von Frankreich selbst, dringend ans Herz legen, um darüber zunächst zwischen beiden Höfen eine Verständigung herbeizuführen, bevor die Verbündeten sich über ihre Vorschläge im Einzelnen ausgelassen haben. Die Freigebung der Hansestädte soll in die erste Reihe der Forderungen gestellt werden, auf welche Rußland, Preußen, Dänemark, Desterreich den größten Werth legen müßten, aber wenn die Niederlage der Verbündeten ganz vollständig wäre, soll er seine Sprache hierüber dämpfen und unter allen Umständen diese Frage mehr unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Interessen als unter dem Desterreichs vertreten. Käme auf solchen Grundlagen eine Vereinbarung zu Stande, so soll Bubna erklären, Graf Metternich werde sofort in die Nähe der beiden Hauptquartiere gesandt werden, um jeden Zeitverlust zu vermeiden und der Kaiser Franz würde die Annahme dieser Bedingungen als Grundlagen der Friedensstiftung mit der ganzen Kraft seiner Haltung unterstüßen. *)

Für den zweiten Fall, daß die Stärke der Stellung der Russen den französischen Angriff verzögert, oder die Verbündeten den Vorschlag eines Waffenstillstandes angenommen haben, also ein entscheidendes militärisches Ereigniß nicht eingetreten ist, soll er die vier Bedingungen, namentlich die in Betreff der Hansestädte, mit verstärktem Nachdruck geltend machen und das, was er im ersten Fall zu versprechen hatte, nur ad referendum nehmen, unter Hinweis auf die Verhandlungen, welche Graf Metternich demnächst selbst anknüpfen werde. Er soll dies Verfahren damit erklären, daß Napoleon in seinen ersten Dresdner Unterredungen mit ihm sich über die Einzelfragen zu unbestimmt geäußert habe.

Eine von all diesem ganz verschiedene Sprache soll er führen, wenn Napoleon eine Niederlage erlitten hätte. Dieser Fall ist nicht eingetreten,

appuyeroit de toute la force de son attitude l'acceptation de ces conditions comme bases de pacification.

von den darauf berechneten Weisungen konnte also auch kein Gebrauch gemacht werden; aber sie sind für die politischen Pläne des Grafen Metternich zu bezeichnend, als daß sie hier übergangen oder bloß auszugsweise wiedergegeben werden dürften. Graf Metternich schrieb wörtlich:

In diesem Fall haben Sie ihm zu sagen, daß die Verbündeten die Grundlagen zu unserer Kenntniß gebracht haben, von welchen sie glaubten, daß sie zur Wiederherstellung eines gerechten Gleichgewichtes in Europa dienen könnten und daß Sie beauftragt sind, sie zur Kenntniß S. K. Majestät von Frankreich zu bringen.“ D. h. also, Graf Bubna soll die sieben, ganz Europa umfassenden Artikel des Wurschener Programms vom 16. Mai im Wortlaut voriegen. Weiter heißt es:

"

Sie werden in diesem Fall die beiliegende Note Nr. 2 übergeben und dem Herzog von Bassano mündlich hinzufügen, Sie seien zu der Versicherung ermächtigt, daß unsere Ideen wesentlich von denen der Verbündeten abweichen, sowohl bezüglich des Umfangs als der Details ihrer Forderungen, einschließlich derjenigen zu Gunsten Desterreichs. Indem Sie von Napoleon eine Antwort und eine Gegenerklärung verlangen, werden Sie leicht bemerklich machen können, über welch schöne Chancen er verfügt, um seine Mäßigung an den Tag zu legen und dadurch aus unserer Haltung Vortheil zu ziehen." Hiernach soll er anknüpfend an die Aeußerungen, die Napoleon am 16. Mai ihm gegenüber gethan hat, den österreichischen Standpunkt erläutern. Graf Metternich giebt die betreffenden Säße nach dem Berichte Bubna's wieder und fügt die Ausführungen bei, die Bubna dazu machen soll.

Napoleon hatte gesagt:

""

1) Eure Rüstungen können nur gegen mich gerichtet sein, denn Ihr habt mir immer gesagt, die Meinung des Landes sei zu ausgesprochen gegen mich, als daß der Kaiser von Desterreich Etwas zu meinen Gunsten thun könnte.""

Hiezu soll Bubna bemerken:

„Wir können Nichts thun für den Kaiser der Franzosen, aber Alles für unsre gemeinsamen Interessen. Es gilt mithin, diesen Berührungspunkt zu finden und Nichts kann ihn natürlicher darbieten, als die Sache des Friedens, die in Desterreich weitaus am Meisten populär ist und materielle, positive Beweise dafür, daß das Bündniß Oesterreichs und Frankreichs dem ersteren vortheilhaft ist. Bisher ist für Desterreich Nichts dabei herausgekommen als das Fernbleiben eines Uebels und die Lasten, welche das Volk tragen mußte für den Unterhalt eines Hilfsheeres, das nur zur Unterstüßung einer französischen Sache diente. Es genügt, daß Napoleon die Mittel erwäge, deren wir uns bedienen mußten, um zu ver

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