Изображения страниц
PDF
EPUB

So viel möglich Alles zu vermeiden, was Kaiser Napoleons Ehre abträglich sein könnte, ist schon dabei berücksichtigt worden, so daß er kaum eine vernünftige Ursache haben sollte, es nicht einzugehen. Hiernach müssen Sie bei der nun beginnenden Negociation als Minimum auf dem bestehen, was ich als solches erklärt habe, den andern Mächten überlassen, daß sie mehr zu erhalten trachten und ihnen dabei, ohne daß es zu einem Bruche hierwegen kommen sollte, nach Kräften behilflich sein. Uebrigens werden Sie trachten, durch die möglichst guten Formen die Verhandlungen in das gehörige Geleise zu bringen, alle Bitterkeiten dabei zu entfernen und die Sache zu dem gewünschten Ende zu bringen. Sollte sich das Ganze daran hängen, daß Frankreich die Rückgabe Illyriens bloß auf den allgemeinen Frieden zu bewerkstelligen sich verbindlich machen sollte, so gestatte ich Ihnen, wenn Sie alle anderen Mittel, es zu vermeiden, erschöpft haben sollten, hierin nachzugeben, um einen Beweis meines Wunsches, das allgemeine Beste zu fördern, zu geben. Auf dem als Minimum von mir Ausgesprochenen aber werden Sie fest beharren, ungeachtet ich wünsche, daß der Punkt wegen der Hansestädte ausgeglichen werden könnte, da ich ihn nur insoweit als wichtig ansehe, als er ein unerläßliches Bedingniß war, um des festen Beharrens Rußlands in seinem gegenwärtigen Betragen versichert zu sein. Sie werden also auch hierin Ihr Möglichstes thuen. Uebrigens können Sie auf meine Festigkeit in Durchführung dieser Grundsäße rechnen und erhalten Sie in der Anlage zu Ihrem Gebrauch mehrere auf Galizien, Jllyrien und den abgetretenen Theil von Desterreich ob der Ens Bezug habende Actenstücke. Sollte der Fall eintreten, daß Frankreich mein Minimum annehme, die anderen Mächte sich aber hierzu nicht herbeilassen, so erwarte ich von Ihnen hierüber zugleich mit Ihrem Gutachten die Anzeige.

Franz."

Der Wortlaut dieses Actenstücks ist für seinen Verfasser überaus bezeichnend und bestätigt unwidersprechlich Alles, was wir über die mächtigste Triebfeder seines Handelns in dieser ganzen Sache bisher ermittelt haben. Er verspricht festes Beharren auf seinen Grundsäßen, befiehlt, daß Metternich auf dem Minimum bestehe, aber er will derjenige nicht sein, der einen Bruch zu verantworten hätte. Den festen Entschluß, zu den Waffen zu greifen, zu dem ihn Metternich drängen wollte, spricht er keineswegs aus, freilich auch nicht die Absicht, in ruhmloser Neutralität zu verharren; der feste Rahmen seines Minimums ist ihm unbequem; die Rückgabe Jllyriens kann der Andeutung Metternichs gemäß im Präliminarfrieden ein Versprechen bleiben. das erst, wenn England im Seefrieden französische Colonieen hergiebt, erfüllt werden muß; der Artikel wegen der Hansestädte macht ihm auch Sorgen, auch diesen würde er vermuthlich gern in den allgemeinen Frieden verwiesen. haben, und so wäre nur auf den Artikeln wegen Polens und Preußens

gleich im ersten Stadium unbedingt zu bestehen. Kurz, der Kaiser will um keinen Preis als derjenige dastehen, der durch zähes Beharren auf Forderungen, die entweder den Schein der Selbstsucht oder den der Ueberhebung haben, das Scheitern des Friedenswerkes verschuldet; damit ist aber keineswegs gesagt, daß er verzichten will auf irgend Etwas, was er in dem Minimum einmal verlangt hat, nur der unbedingt Fordernde will er nicht sein, die Verbündeten mögen diese Rolle übernehmen, ihnen als den bereits im Kriege Befindlichen ist nicht verwehrt, was dem Vermittler, der so ernstlich den Frieden will, so schwer ankommt, und wenn sie diese weitergehenden Forderungen erheben, so soll Graf Metternich sie nach Kräften unterstüßen, nur bis zum Bruche soll er es nicht kommen lassen. Kurz, Graf Metternich hat die runde, ungewundene Antwort nicht erhalten, die er wünschte, aber was er gewonnen hatte, schien ihm für seinen Zweck offenbar genug. Man sieht, in der Persönlichkeit des Kaisers lag das Element nicht, das Desterreich zur Initiative, zum Ergreifen einer Führerrolle im europäischen Concert befähigte; seine Leidenschaft war nicht Ehrgeiz, nicht Machterweiterung, noch Thatendrang, sein einziger Wunsch war Frieden, dauerhafter Frieden" und möglichstes Fernbleiben von den Leiden und dem Elend des Krieges. Daß diese durchaus passive Natur activ wurde, daß diese Leidenschaft für den Frieden schließlich zur Kriegserklärung führte, das war das Werk einerseits des Grafen Metternich und andererseits des Kaisers Napoleon. Mit großer Kunst hat der Erstere die Logik der Friedensliebe des Kaisers für einen großartigen diplomatischen Doppelfeldzug verwerthet, der nur mit dem Kriege enden konnte, und mit großer Plumpheit hat der Lettere Alles gethan, was geschehen mußte, um dem friedliebenden Monarchen das Entschlüpfen aus dem Neße der bewaffneten Vermittelung unmöglich zu machen.

"

Das war Verlauf und Ergebniß der entscheidenden Berathung, welche Kaiser Franz und Graf Metternich am 12. Juli im tiefsten Geheimniß mit einander gepflogen hatten.

VIII.

Trachenberg und Prag.

Der Kronprinz von Schweden als Waffenbruder der Verbündeten. — Die Preisgebung Hamburgs. Schweden, Preußen und Hannover. Hammerstein in Stockholm und Stralsund. Luftschlösser des Kronprinzen während des Waffenstillstandes. Das Welfenreich in der Ostsee. - Der Kriegsrath zu Trachenberg. Der Plan des Kronprinzen. Die Abmachungen vom 12. Juli. Die Aufgabe der Nordarmee im österreichischen Kriegsplan. Radeßky's Weisungen für den Grafen Latour vom 19. Juli. Grundgedanke des gemeinsamen Kriegsplans. — Der Friedenscongreß in Prag. Graf Metternichs Unterredungen mit Fouché und Caulaincourt. Der Streit über die Verhandlungsweise. Stadions Vorstellung an Kaiser Franz vom 31. Juli. Metternichs Bericht vom 5. August. Der Notenwechsel vom 6.-8. August und Caulaincourts geheime Anfrage wegen Oesterreichs Neutralität oder Mitwirkung. Mittheilung derselben an die Bevollmächtigten der Verbündeten: das Ultimatum Cesterreichs. Napoleons lezte Versuche. Die Entscheidung vom 10. August. Der Weltplan Metternichs und der Geheime Prager Vertrag vom 27. Juli.

Wi

ie die Verbündeten beim Beginn, so erwartete Desterreich bei der Fortsetzung des Krieges große Stücke von der schwedischen Waffenhilfe. Die erste Andeutung eines Planes, dem Kronprinzen von Schweden an den entscheidenden Feldoperationen unmittelbaren Antheil zuzuweisen, findet sich in dem Schlußtheile der schon mehrfach benugten Depesche, welche Metternich am 23. Juni aus Gitschin an Graf Stadion gerichtet hat. Darin heißt es*): „Als sehr wesentlich

*) Il me paraîtroit très essentiel que vous poussiez de votre côté le Prince royal de Suède par l'organe de son envoyé au camp allié. J'avoue que je compte prodigieusement sur l'effet de sa coopération dans la position actuelle des armées. L'idée que je me fais de l'ouverture de la campagne et que partage Schwarzenberg, seroit celle que l'armée autrichienne concentrée derrière l'Egra (où elle va se porter à partir du 5. Juillet) prît une attitude offensive mais qu'elle restât sur la défensive. Que l'armée russe et prussienne prît à l'expiration de l'armistice une offensive mesurée et qu'elle poussât vers l'Elbe. Que le corps suédois et allié dans le Nord enfin prît une vigoureuse offensive pour déloger Napoléon de la gauche de l'Elbe et

erschiene mir, daß Sie den Kronprinzen von Schweden durch seinen Abgesandten im verbündeten Lager drängen ließen. Ich gestehe, daß ich mir bei der gegenwärtigen Stellung der Armeen von dem Erfolg seiner Mitwirkung Wunder verspreche. Die Vorstellung, die ich mir von der Eröffnung des Feldzugs mache und die von Schwarzenberg getheilt wird, wäre diese, daß die österreichische Armee hinter der Eger versammelt (wo sie vom 5. Juli ab aufmarschiren wird) eine offensive Haltung annähme, aber in der Defensive verbliebe. Daß die russische und preußische Armee bei Ablauf des Waffenstillstandes eine abgemessene Offensive ergriffe und nach der Elbe vorginge, daß endlich das schwedische und verbündete Corps im Norden eine kraftvolle Offensive ergriffe, um Napoleon vom linken Elbufer abzudrängen und mit den andern großen Armeen in gleiche Linie zu rücken. Sie könnten ohne Bedenken äußern, daß die öfterreichische Mitwirkung mehr oder weniger von der Vorstellung abhänge, die man von der des Kronprinzen hegt, und daß diese lettere auf den Kaiser ungemein einwirke." In dem Plane Tolls vom 9., wie in dem Plane Barclay's vom 13. Juni, den der erstere in Gitschin vorzulegen hatte, war dem Kronprinzen nur eine untergeordnete, nach dem Vorschlage Metternichs und Schwarzenbergs ward ihm zum ersten Mal eine geradezu entscheidende Rolle zugedacht. Darin aber lag, wie die sonstige Sprache der Depeschen Metternichs beweist, keineswegs eine Huldigung, die dem Feldherrntalent oder der Gesinnungsechtheit des ehemaligen Marschalls dargebracht werden sollte, sondern ganz offenbar der Gedanke, der unerträglichen Zweideutigkeit seines Verhaltens ein Ende zu machen. Und dazu war es in der That hohe Zeit.

Unter den mancherlei Irrlichtern, welche die Verbündeten in diesen Krieg geleitet hatten, war das gefährlichste der Glaube an den Kronprinzen. Carl Johann.

Vom Standpunkt der Interessen Schwedens war weder gegen seine Politik, noch gegen seine Kriegführung das Mindeste einzuwenden. Im Gegentheil, er verdiente das höchste Lob, und würde es auch damals schon erlangt haben, wenn es in Schweden eine national gesinnte schwedische Partei überhaupt gegeben hätte. Als er am 18. Mai in Stralsund ans Land stieg, hatte er fünf Verträge in der Tasche, um die ihn ein Gustav Adolf beneidet haben würde. Drei Großmächte hatten ihm die Erwerbung von Norwegen zugesichert, England die Abtretung von Guadeloupe und eine Million Pfund Sterling Subsidien zugestanden, Rußland und Preußen außerdem, ersteres entrer en ligne avec les autres grandes armées. Vous pourriez dire sans difficulté que la coopération autrichienne dépend plus ou moins de l'idée que l'on aura de celle du Prince royal, que cette dernière influe prodigieusement sur l'Empereur etc. etc.

35,000, lezteres 27,000 Mann zur Verstärkung seines schwedischen Heeres von 30,000 Mann versprochen, ohne über die Verwendung dieser Truppenmacht Bedingungen vorzuschreiben *): in der That, erfolgreicher konnte er mit dem Nimbus nicht wuchern, den eigenes Geschick und fremder Aberglaube ihm, dem Beherrscher eines kleinen und armen Landes, um das Haupt gelegt. Wenn es dem also Bevorzugten nun noch gelang, in einem Feldzuge, für den England ihm fast doppelt so viel als Preußen bezahlte, den Ruhm für Siege zu ernten, die Preußen und Russen mit Strömen von Blut erfochten, und schließlich sein ganzes Heer fast unversehrt wieder heimzubringen und Norwegen als Siegespreis davonzutragen: dann hatte er in dem gewaltigen Ringen für sein zweites Vaterland das Uebermenschliche fertig gebracht, wenn es auch nicht genügte, seinen eigenen Ehrgeiz zu sättigen, der bekanntlich auf die französische Krone selbst gerichtet war, und keinen Mißbrauch der Langmuth der Verbündeten gescheut hatte, um den Weg auch zu diesem Ziele mindestens offen zu halten. War er doch naiv genug, um geradezu zu sagen, im Jahr 1799 hätte er nur zuzugreifen brauchen, um selbst Napoleon zu werden, und jezt werde er sich Mühe geben, jenes große Versehen wieder gut zu machen.

Was aber konnte solch ein Waffenbruder den Verbündeten sein in einem Kampf, in dem sie jede Sehne anspannen mußten, um nicht zu unterliegen!

Wie ein wahres Verhängniß haben die Verträge mit Schweden gleich auf den Anfang des Krieges eingewirkt. Ein Bündniß mit Dänemark hätte den Werth schwedischer Waffenhilfe zum Mindesten aufgewogen und dies Bündniß war wirksam und vortheilhaft, noch ehe es geschlossen war. Dänische Truppen waren mit der Vertheidigung Hamburgs beschäftigt, als man in Kopenhagen am 13. Mai die Gewißheit erhielt, daß die Abtretung Norwegens bei England und Rußland unwiderruflich beschlossene Sache sei**); unter solchen Umständen sich für die Verbündeten zu schlagen, war die Zumuthung eines Selbstmordes; mit den Dänen zog am Abend des 18. Mai die letzte Hoffnung auf Rettung aus Hamburg hinaus. An Stelle der Dänen rückte ohne Befehl des Kronprinzen - ein Theil des schwedischen Corps, das unter General Döbeln in Mecklenburg stand, in Hamburg ein. Was kann natürlicher sein, dachte dieser ehrliche Soldat, als daß Schweden die verbündete Stadt vertheidigt, wenn die Dänen sich auf die Seite Frankreichs schlagen? Aber der erste Befehl, den der Kronprinz nach seiner Landung in

*) Verträge mit Rußland zu Petersburg 5. April, zu Wilna 3. Juni, zu Abo 30. August 1812; Vertrag mit England zu Stockholm 3. März 1813; mit Preußen ebendas. 22. April, ratificirt am 22. Juli 1813. Der Wortlaut desselben in der Geschichte der Nordarmee 1813 (Beiheft zum Militärwochenblatt), Berlin 1859, S. 356–361. **) Häusser, Deutsche Geschichte IV, S. 179/80.

« ПредыдущаяПродолжить »