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sein Volk ist es nicht; folglich ist es am Souverain von Rußland, der Verbündete des französischen Volkes zu sein." Bei einer andern Gelegenheit sagte er ihm: Rhein, Alpen und Pyrenäen sind die Eroberung Frankreichs, der Rest ist die Eroberung des Kaisers; Frankreich geht das Nichts an.“

Auf Grund der wiederholten Aeußerungen Talleyrands: „die Sache Napoleons ist nicht mehr die Sache Frankreichs; das Interesse des lezteren selbst fordert, daß die noch widerstandsfähigen Mächte sich zusammenthun, um dem unersättlichen Ehrgeiz Napoleons einen Damm entgegenzusehen“ thut Metternich den triumphirenden Ausruf: So sind wir also endlich dahin gelangt, daß sich uns im Innern dieses Reiches selber Bundesgenossen darzubieten scheinen; diese Bundesgenossen sind nicht auf der Linie feiler und niedriger Ränkeschmiede; Männer, welche die Nation vertreten können, fordern unsere Stüße; die Stüße ist unsere Sache selbst, unsere Sache ganz, die Sache der Nachwelt! Als Ergebniß des Congresses zu Erfurt stellt er mit Talleyrands Worten fest: Alexander ist nicht mehr durch Frankreich gegen uns fortzureißen“ *), und das genügt, denn auf aktive Operation ist seitens eines Fürsten von solcher Wandelbarkeit und Charakterschwäche, wie Alexander, nicht zu rechnen.

Jede Zeile in diesen Denkschriften redet die Sprache eines Diplomaten, der den Krieg will und auf den Sieg hofft. Fünf Monate nachdem Desterreichs großartige Waffenrüstungen bereits Gegenstand diplomatischer Erörterungen und lärmender Moniteurartikel gewesen, nachdem ihm die Abrüstung von Erfurt aus in drohendem Tone zugemuthet war, wäre es ohnehin zu spät gewesen, zur Umkehr zu rathen. Weiter als irgend ein Anderer war Metternich hiervon entfernt, wie ungern er auch später an seine Mitverantwortung für das große Unglück von 1809 sich erinnern ließ **); es ist gar keine Frage, von den zum größten Theil sehr rühmlichen Illusionen, welche den Grafen Stadion in den Krieg trieben, ist auch der Graf Metternich erfüllt gewesen mit Leib und Seele, nachdem er sich einmal überzeugt, was der neue Napoleonismus eigentlich sei, und in dieser gemeinsamen Ueberzeugung lag das, was beiden Staatsmännern keine andere Wahl mehr ließ.

Metternich rühmt sich zeitlebens des ganz besonderen Studiums, zu dessen Gegenstand er die Persönlichkeit Napoleons gemacht habe und wirklich gemacht hatte; im Jahre 1808 stand er noch ganz im Anfang seiner Forschungen, aber die spanischen Dinge gaben ihm eine unwiderrufliche Gewißheit, die er

Alexandre n'est plus entraînable par la France contre nous.

**) Mancherlei Aufzeichnungen in seinem Nachlaß beweisen das; ebenso wie die Aeußerung an Gent am 4. October 1809 que rien ne l'aurait décidé à faire la guerre avec la certitude qu'il avait de la nullité absolue de ce gouvernement (Tagebücher aus dem Nachlasse Varnhagens I, S. 179).

seitdem ohne Wanken festgehalten hat, die Ueberzeugung, daß neben einem Napoleon in ganz Europa keine Macht bestehen könne, die nicht auf das Recht verzichten wolle, sich selber anzugehören. Zum ersten Mal fand er in Wien Staatsleitung und Kriegsleitung von einem Gedanken bis zur Leidenschaft erfüllt, zum ersten Mal hatte Napoleon in dem fanatisirten Spanien einen. Feind gefunden, der nicht in einem Feldzuge niederzuwerfen war, dessen zäher Widerstand, von England unterstüßt, unabsehbare Folgen weissagte. Am kaiserlichen Hofe selber regten sich meuterische Stimmungen. Im Geiste jah Metternich dies ganze Gebäude von Lüge und Gewalt in Scherben geschlagen durch das Racheschwert des Kaiserstaates, als er am 3. April 1809 seine flammende Kriegsdepesche an den Grafen Stadion schrieb. Im Jahre 1809 ist Nichts geschrieben worden, was sich an Beredjamkeit mit diesem Aftenstücke vergleichen ließe; das Genz'sche Manifest nimmt sich daneben aus wie das preußische Manifest von 1806 neben dem Aufruf an mein Volk vom 17. März 1813.

„Sobald der erste Kanonenschuß gefallen ist“, heißt es da, „ergreifen wir alle Vortheile der Offensive, seien wir immer offensiv, das Höchste umfasse unser Wille, denken wir nicht an diesen oder jenen einzelnen Erfolg, werben wir um sie alle; halten wir stets das Schwert in der einen, den Delzweig in der anderen Hand, immer bereit zu unterhandeln, aber unterhandeln wir nur, indem wir vorrücken. Das ist das Systems Napoleons; möge er endlich Gegner finden, die ihm den Krieg machen, wie er ihn an ihrer Stelle führen würde, die Streitmittel sind gleich auf beiden Seiten; die Stimmungen der Völker sind für uns, warum sollte es der Erfolg nicht auch sein?"*) Dann entwickelt er noch einmal die gut gemeinte, aber gänzlich irreleitende Lehre, daß Napoleon, nicht Frankreich gegen Desterreich fechte, daß er in diesem Kriege seine alten Verbündeten nicht für sich haben könne, und fährt fort:**)

* Le premier coup de canon tiré, ne laissons pas les avantages de l'offensive, soyons continuellement offensifs, ayons la volonté la plus étendue, ne bornons pas nos voeux à tel ou tel succès, ambitionnons les tous; tenons toujours le glaive d'une main et l'olivier de l'autre, toujours prêts à négocier, ne négocions qu'en avançant. Voilà le système de Napoléon: qu'il trouve enfin des adversaires qui lui fassent une guerre uniquement provoquée par lui comme il la feroit à leur place. Les moyens militaires sont égaux; les dispositions des peuples sont pour nous; pourquoi le succès ne le serait-il pas ?

**) Battons-nous avec les armes de l'ennemi, renvoyons-lui ses propres balles, détruisons enfin ce prestige, cette fumée légère qui jusqu'à présent servit la cause du gouv: français. Nous le détruirons ou nous cessons d'exister. L'histoire des dernières campagnes ne fournit à l'observateur ordinaire que des exemples de victoires inouies des Français, elle fournit à l'observateur éclairé autant de momens perdus par les partis adverses, de causes abandonnées par Enden, Desterreich u. Preußen 1813. II.

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" Schlagen wir uns gegen den Feind mit seinen eignen Waffen, senden wir ihm seine eignen Kugeln zurück, zertrümmern wir endlich dies Blendwerk, dieses durchsichtige Truggewebe, das bisher seiner Sache gedient hat. Entweder wird er vernichtet oder wir werden aufhören zu sein. Die Geschichte. der lezten Feldzüge erzählt dem gewöhnlichen Betrachter von Nichts als von unerhörten Siegen der Franzosen; der aufgeklärte aber weiß von ebensoviel Augenblicken, welche seine Gegner verloren; von dem Kleinmuth, mit dem sie ihre Sache preisgegeben haben, eben da seine Verlegenheit am Größten war; von tollkühnen, regelwidrigen Unternehmungen Napoleons, von seigem, schwachem, erbärmlichem Benehmen der Verbündeten. Vergessen wir niemals, daß die Rettung Aller in der Verwerthung des ersten glücklichen Stoßes und in einer hochherzigen Standhaftigkeit liegt. — Der Wagen ist im Rollen; es ist geschehen gegen den Willen, gegen die theuersten Wünsche des Kaisers, so mögen denn die, die ihn in Bewegung gesetzt, endlich die Opfer ihres tollen und unsittlichen Unternehmens werden. Das werden wir nie erreichen, wenn wir unsern Feind nicht ohne Aufschub mit seinen eignen Waffen schlagen. Zum ersten Mal seit langer Zeit sind wir stark in uns selbst, seien wir es ganz, brauchen, nügen wir unsere Kraft und vergessen wir nie, daß das Jahr 1809 entweder das lezte der alten oder das erste einer neuen Aera ist.“ Das ganze Aktenstück athmet eine Gluth, eine Leidenschaft, wie ihrer gerade diese Feder bisher für gänzlich unfähig gehalten worden ist.

Ernsthafter, als wir glauben möchten, hat Metternich das Complott Talleyrand-Fouché genommen *) und den entscheidenden Faktoren beigesellt. Ganz richtig war der Grundgedanke: mit nationaler Politik hatte das System Napoleons Nichts mehr zu schaffen, aber ganz falsch war, daraus auf irgend eine unmittelbare Schwächung des Mannes zu schließen, der verstanden hatte, sich das unregierbarste Volk der Welt mit Leib und Seele dienstbar zu machen. Nur nach ganz entscheidenden Niederlagen auf dem

elles dans les momens de plus grand embarras de l'ennemi, d'entreprises hazardées, irrégulières de Napoléon, d'oppositions lâches, faibles, pitoyables des alliés. N'oublions jamais que c'est du parti que nous tirerons d'un premier choc heureux et dans une noble persévérance que nous devons seul chercher le salut commun. Le char est lancé; il l'a été contre le gré, contre les voeux les plus chers de l'Empereur. Mais que ceux qui le mirent en mouvement soyent enfin victimes de leur folle et immorale entreprise. Nous n'atteindrons ce but qu'en battant sans un moment de relâche notre ennemi avec ses propres armes et moyens. Nous sommes depuis longtems pour la première fois forts de nous-mêmes, soyons-le tout à fait, mettons à profit, tirons parti de nos forces et n'oublions jamais que l'année 1809 est ou la dernière de l'ancienne, ou la première d'une nouvelle ère. H.-A. und gleichlautend in M.-A.

*) S. noch seine Depesche vom 11. Januar 1809 im Urkunden-Anhang.

Schlachtfeld konnten dergleichen Stimmungen Macht gewinnen, wie das 1814 geschehen ist. Aber auf eben solche Niederlagen Napoleons hatte Metternich gerechnet; wie und wodurch diese Rechnung getäuscht werden sollte, hat er so wenig geahnt, als irgend ein Anderer.

Die heldenmüthige Tapferkeit des schönsten Heeres, das je unter österreichischen Fahnen ins Feld gerückt ist, ward zu Schanden an einer Heerführung, die nur immer unbegreiflicher wird, je mehr wir durch Eingeweihte von den geheimen Details derselben erfahren. Graf Stadion hatte nach dem Tage von Wagram jeder Hoffnung entjagt; von den Spitzen der Armee ging das Drängen nach Waffenstillstand und Frieden aus, und wer einerseits die Tagebücher von Genz und andererseits die Berichte des Grafen Hardenberg an Graf Münster kennt, der ist über die Stärke dieses Verlangens so wenig im Zweifel als über seine wohlberechtigten Gründe. Graf Metternich gehörte zu den Wenigen, die die Flinte nicht ins Korn warfen; Geng meint, im Grunde seines Herzens sei auch er für den Frieden gewesen; gewiß ist, daß er eine Haltung beobachtet hat, die auf die Gefahr einer Erneuerung des Krieges hin, jeder demüthigenden Friedensbedingung widerstrebte. Der Kaiser, der selbst von Frieden Nichts wissen wollte, schickte ihn als Bevollmächtigten auf den Congreß nach Altenburg, mit der Weisung, erstens in keine Verminderung der Armee, insbesondere der Landwehr und Reserven, und zweitens in keine Landabtretung höchstens einen Gebietstausch in Galizien zu willigen, d. h. die Forderungen abzulehnen, welche Champagny in seinem Schreiben vom 22. Juli angemeldet, und in dem vom 3. August als Bedingungen sine qua non bezeichnet hatte. Von Altenburg aus hat Metternich an den Grafen Stadion, der sich damals in Prag aufhielt, geschrieben, um auch ihn zu veranlassen, daß er den Kaiser zum Ausharren ermuntere; noch sei Hoffnung auf preußische und sogar russische Hilfe, im äußersten Falle könne man die Polen durch das Versprechen der Wiederherstellung ihres Königreichs gewinnen. *) Weil Metternich auf Grund der Befehle des Kaisers festblieb, schickte Napoleon am 15. September aus Schönbrunn das Ultimatum an den Kaiser ab, das dessen kriegerischen Neigungen. ein Ende machte und die Wendung zum Frieden entschied. Weil aber seine Haltung zu Altenburg nur seiner ganzen Vergangenheit entsprach, erwartete Metternich, daß Napoleon ihn in derselben Weise unmöglich machen werde wie zwei Jahre früher Hardenberg, indem er ihn vor ganz Europa als einen treulosen Unruhstifter brandmarkte. **)

Denkschrift des Grafen Stadion, datirt Prag, 20. August 1809, im Archiv des Fürsten Metternich.

**) Genk, Tagebücher I, S. 177.

Es kam anders. Am 7 October 1809 ward ihm das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten förmlich übertragen, ohne daß Napoleon eine Bemerkung darüber machte, und Genz war ganz verblüfft“ über das Selbstvertrauen, mit dem der junge Diplomat eine so schreckliche Aufgabe" übernahm. *)

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2. Graf Metternich als ößterreichischer Minister (1809-1813).

Geheime Anknüpfung mit Graf Hardenberg. Enthüllung des eigentlichen Charakters der Friedenspolitik. Die Heirath der Erzherzogin: ein Mittel, den Frieden zu fristen, ohne politische Verpflichtungen einzugehen. — Die Lockerung des Bündnisses von Tilsit. Metternichs Aufenthalt in Paris. Alexanders Türkenkrieg. Metternichs Vortrag vom Oktober 1810. Die nothgedrungene Neutralität von 1811. Rückwirkung auf Preußen. Das nothgedrungene Bündniß vom 14. März 1812; seine Entstehungsgeschichte, sein Inhalt, und die Hintergedanken Metternichs. Urtheil des Grafen Hardenberg über den Minister und seine Politik. — Anfang des Krieges. Geheime Abrede mit Rußland über den Scheinkrieg des Hilfscorps. Metternich im November und December 1812. Die Zurückziehung des Hilfscorps. Stadion über Metternich. Knesebeck in Wien. Graf Hardenberg über seine Unterhandlungen.

Schrecklich war die Aufgabe allerdings, um so mehr, als das öffentliche Verhalten nach einem geheimen Plane zu regeln war, der jenem schnurstracks zuwiderlief. Der 16. Artikel des Wiener Friedens vom 14. October verpflichtete Desterreich, jeder Verbindung mit England zu entsagen. Einer der ersten Schritte des Grafen Metternich war, daß er insgeheim sofort wieder anknüpfte, was er öffentlich hatte abbrechen müssen. In Wien lebte seit 1793 als Gesandter des Kurfürsten von Hannover Graf Hardenberg, ein Diplomat von nicht gewöhnlicher Tüchtigkeit, von Gesinnung ein begeisterter Welfe, dem die Katastrophe Hannovers im Jahr 1803 tief zu Herzen gegangen war, und ein fanatischer Verschwörer gegen Napoleon und Alles, was zu ihm hielt. Durch ihn hatte Stadion seit Ende 1808 das englische Cabinet von seinen Kriegsplänen unterrichtet; Januar 1809 hatte er im Auftrag desselben Ministers die Mission des Grafen Wallmoden nach England vermittelt, durch seine Hände gingen die Denkschriften, die Genz für englische Rechnung ausarbeitete, und ihn machte jetzt auch Metternich zum Organ seiner geheimen Verbindung mit England. Im December 1809 eröffnete er sich ihm zum ersten Mal in einer langen Unterredung, deren

*) Genz, Tagebücher I, S. 185: Je ne pardonnerai jamais à M. l'indifférence et la légèreté avec laquelle il voit partir le comte Stadion et la confiance vraiment choquante avec laquelle il se charge d'une tâche aussi terrible que celle de la direction des affaires dans ce moment.

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