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getragen, die ihn zum Verbündeten Napoleons machen mußten, sobald dieser ihnen Förderung versprach.

Am 3. März 1806 hatte sich die russische Flotte unter Admiral Siniäwin der Bocche di Cattaro bemächtigt, welche Desterreich mit Dalmatien und dem ganzen Küstenstrich an Frankreich abgetreten und nur formell noch nicht übergeben hatte. Das hatte Napoleon benußt, um die ganze Armee von Austerlitz in Süddeutschland zu lassen und gegen das österreichische Cabinet eine Sprache zu führen, die den alsbaldigen Wiederausbruch des Krieges wahrscheinlich machte. In denselben Märztagen mühte sich der Herzog Carl von Braunschweig in Petersburg ab, den Kaiser Alexander mit der neuesten nothgedrungenen Wendung des preußischen Hofes, dem Vertrag vom 15. Februar, zu versöhnen. Der Kaiser aber verlangte als Pfand der Aufrichtigkeit seiner Erklärungen ein geheimes Bündniß, durch welches Preußen sich verpflichtete, seinem Vertrag mit Frankreich keine Folge zu geben, d. h. mit Napoleon zu brechen, wenn Rußland mit Frankreich in Krieg gerathe in Folge von Maßregeln, die es gegen die Türkei ergreifen müsse, sei es, um sich einer französischen Invasion in die Türkei zu wiedersehen, sei es, um die ottomanische Pforte zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu nöthigen, oder endlich um es von einem Angriff auf Rußland abzuhalten. Das Aktenstück offenbart ganz deutlich, daß es auf einen frischen fröhlichen Angriffskrieg gegen die Türkei abgesehen war; denn, hieß es an einer anderen Stelle, den Türken Zeit lassen zur Versammlung ihrer Armeen, zur Verproviantirung ihrer Festungen, wäre der unverzeihlichste Fehler, den Rußland begehen könnte, und sollte sich ganz Europa dagegen erheben, so würde das nur ein Grund mehr sein, seinem Feind entgegenzugehen, sobald man die Gewißheit haben wird, daß er offenbar feindselige Maßregeln beginnt. Dabei wird nicht im Mindesten verhehlt, daß beim Ausbruch eines hiernach unvermeidlichen Doppelkrieges Preußen einen nicht sehr wirksamen Schuß von Rußland zu erwarten habe, da das Lettere einen Theil seiner Armee nöthig habe, um sich gegen den bösen Willen der Türken zu schüßen.*) Kurz es war wieder ganz dasselbe Spiel wie im Jahr 1805. Damals sollte Desterreich Napoleon beschäftigen, während die Russen Polen wiederherstellten und Preußen zerschlugen; jezt sollte Preußen gegen Napoleon herhalten, während die Russen die europäische Türkei zu erobern suchten. Das war aber etwas ganz Anderes als was Preußen beabsichtigen konnte, da es in Rußland sich seine einzige Stüße sichern wollte für den Fall eines Bruches mit Napoleon, und so hatte Graf Goltz ganz Recht, als er am

*) Dies der Hauptinhalt des Mémoire pour S. A. le Duc de Brunsvic vom 6. März 1806, veröffentlicht in den Denkwürdigkeiten Hardenbergs II, S. 552–563.

14. Mai aus Petersburg warnend an Hardenberg schrieb: „Rußland will nicht nur gegen Feindseligkeiten von unserer Seite gesichert sein, es verlangt, daß wir gemeinschaftliche Sache mit ihm machen und zwar gerade in dem Fall, daß der Streit um Cattaro und die russischen Rüstungen an der türkischen Grenze das Signal zum Kriege geben."*)

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In der That brach ein russisches Herr unter General Michelson in denselben Tagen in die Donaufürstenthümer ein, als die Entscheidung in Thüringen fiel; wieder hatte Rußland seinen Doppelkrieg, der seinen Verbündeten am Ort und im Augenblick der Entscheidung der feindlichen Uebermacht hilflos preis gab. Wenn ein Schritt gedacht werden. konnte, der jede Rechnung auf die flehentlich erbetene Hilfe Oesterreichs von vornherein vernichtete, so war es dieser. Eine englische Stimme jener Zeit läßt sich darüber so vernehmen: Sollte man es glauben? Aber wir können die Thatsache verbürgen: die ersten Nachrichten, welche der Wiener Hof von dem zu Petersburg erhielt und die geschrieben waren nach dem Bekanntwerden der Schlacht von Jena, kündigten nicht bloß keinen Entschluß seitens Rußland an, der preußischen Monarchie zu Hilfe zu eilen oder auch nur die Mittel zur Vertheidigung Polens zu verstärken, sondern enthielten die amtliche Anzeige, daß die russische Armee am Dniester Befehl erhalten habe, in die Moldau zu marschiren!! Der Abscheu, die Entrüstung in Wien war unbeschreiblich, und die nächste Folge war Nachgiebigkeit gegen jede Forderung Bonaparte's. Ein Corps von 60,000 Mann war in Böhmen versammelt und trotz aller Vorstellungen des französischen Gesandten marschfertig erhalten worden. Jezt wurde es entlassen. Erleichterungen für Beförderung und Unterhalt der französischen Armee wurden gewährt alle Hoffnung auf Zusammenwirken war dahin, und die gemeinsame Sache erlitt einen Schlag, von dem sie sich bis heute noch nicht erholt hat" **). Napoleon konnte in der That kein größerer Gefallen geschehen, als einerseits die Schwächung der russischen Heeresmacht an sich, andererseits die Verwicklung Alexanders in ein Unternehmen, mittelst dessen er ihn aus all seinen bisherigen Allianzen herausreißen und gänzlich

*) Hardenberg, Denkwürdigkeiten III, S. 23.

**) Foreign policy of England in 1806 and 1807 in Edinburgh Review, Februar 1813, E. 242, vgl. Rob. Adair: Historical memoir of a mission to the court of Vienna in 1806, London 1844, S. 154 ff. Adair schreibt am 22. November 1806 aus Wien: - It appears, in the first place, that de extent of the Prussian loss had not produced the effect upon the Emperor of Russia of inducing him to call forth all the resources of his empire to oppose the progress of the French in the Prussian territories. It had likewise been notified to Count Meerfeldt, the Austrian ambassador at St. Petersburg, that the Russian army on the Dniester had been ordred to march into Moldavie.

von sich abhängig machen konnte. An der Herbeiführung der Katastrophen von 1805 und 1806 hat die Politik Rußlands einen Antheil, den man sich gar nicht zu groß denken kann. Das Bündniß von Tilsit war nur die Vollendung einer Illusion, die seit 1804 ein sonst unbegreifliches Verhalten allein begreiflich macht; das war der Wahn, daß Rußland gegen seine Nachbarn in Nordwesten und in Süden als erobernde Großmacht auftreten. könne, ohne vorher Napoleon niedergeworfen zu haben. Das Eingehen Napoleons auf diese Pläne machte ihm Kaiser Alexander zum Freund, und erst als dieser Wahn das ganze Verhängniß seiner Folgen fürchterlich offenbart hatte, erst da wurde er fähig, für die Befreiung Europa's wirklich thätig zu sein. Troy mancher herben Enttäuschung war Rußland noch im Jahre 1809 fest bei dem französischen Bündniß geblieben, sein Krieg in Galizien war allerdings nur ein Scheinkrieg *), aber kein Schein, sondern eine unwidersprechliche Thatsache war der Druck, mittelst dessen es die Theilnahme Preußens am Kriege und dadurch den Ausbruch des allgemeinen Völkeraufruhrs hintertrieb, auf den Stadion so kühn gerechnet hatte. Der Türkenfrieg, den er nicht ohne Eroberung der Donaufürstenthümer beschließen wollte, hielt Alexander bei einer Politik fest, die ihm alle alten Verbündeten zu Feinden machte und gleichzeitig die Finanzen seines Staates, Handel und Wandel seines Volkes zu Grunde richtete, und die Fortdauer dieses Eroberungskrieges gab der österreichischen Politik das Gesez, als sie mit der Heirath der Erzherzogin in neue Bahnen einlenkte, ohne ihren alten Zielen zu entsagen.

Kurz nach der Abreise der jungen Kaijerin nach Paris, die am 13. März crfolgte, begab sich auch Graf Metternich dahin, nachdem er seinem Vater, dem Staats- und Conferenzminister Fürsten Metternich, die Geschäfte des auswärtigen Amtes übergeben; er reiste mit Vermeidung der Richtung, welche die Kaiserin eingeschlagen, und kam zwei Tage vor ihr dort an; sein Aufenthalt sollte nur 6-8 Wochen dauern; in Wirklichkeit dauerte er über ein halbes Jahr und war für den Einblick, den er in die künftigen Pläne Napoleons zu gewinnen hoffte, svom allergrößten Erfolg. Ein stattlicher Aktenstoß seines Nachlasses berichtet über seine Thätigkeit in Paris, um die Härte der Bedingungen des Wiener Friedens zu mildern, Napoleon für die Förderung eines österreichischen Anlehens zu gewinnen, in den Hader mit dem Papst versöhnend einzugreifen, über die zahlreichen Gespräche, in denen Napoleon ihm Vergangenes enthüllte und Künftiges ahnen ließ, und zwei deutsch abgefaßte Vorträge an den Kaiser vom 12. Juni und 28. Juli 1810 behandeln die große Frage: wie stellt sich Desterreich und Frankreich zu den

*) Bernhardi, Geschichte Rußlands II, 2, S. 596-597.

Fortschritten der russischen Waffen in den Donauländern? In dem ersten der beiden Vorträge stellt Metternich fest, daß Desterreich eine Besetzung Serbiens, insbesondere seiner Festungen, durch die Russen nimmermehr leiden dürfe, und in dem zweiten entwickelt er, wie es angefangen werden müsse, um mit Hilfe Frankreichs — soweit dessen leicht erkennbare „Doppelrolle" in dieser Sache es zulasse das linke Donauufer zu retten und Serbien unter den Schuß Oesterreichs zu stellen. Dabei spricht er sich über das neue Verhältniß Oesterreichs zu Frankreich in höchst bemerkenswerther Weise folgendermaßen aus:

„Der größte, bestimmteste und wegen seiner Größe am Schwersten zu berechnende Vortheil, welchen wir aus der Vermählung einer Tochter Ew. Majestät mit dem französischen Kaiser zu ziehen berechtigt sind, ist jener, den verzweifelten Zustand einer gänzlichen Zerrüttung unserer inneren und äußeren Kräfte und Verhältnisse in einen Stand der Ruhe verändert zu haben. Die größte Anstrengung der Regierung muß unter diesen Verhältnissen auf Ordnung und Belebung unserer im Augenblick des lezten Friedens und durch ihn so tief gesunkenen inneren Kräfte und auf Sammlung eben dieser Kräfte für alle möglichen Fälle der Zukunft zielen. Man würde sehr irren, wenn man diese Zukunft ganz auf den Maßstab der ersten Regierungsjahre des Kaisers der Franzosen berechnen wollte. In seiner Vermählung mit einer Erzherzogin liegt eine Garantie für Desterreich, welche durch kein anderes Ereigniß ersetzt werden könnte. Man würde sich jedoch irren, wenn man diejer so glücklichen Verbindung eine Gewalt beilegte, welche sich auf alle Pläne Napoleons erstreckte oder diese vielleicht gänzlich zu modificiren im Stande sei. Die Tendenz dieses Monarchen liegt in seiner Natur, sie kann modificirt, ihr können Zügel angelegt, zernichtet kann sie jedoch nie werden. Wenn der österreichische Staat ohne dieses Band vielleicht bereits gejunken oder wenigstens in seinem völligen Sinken begriffen wäre, so ist es dennoch nicht weniger wahr, daß ungeachtet der Heirath Epochen möglich sind, wo wir alle Kräfte aufzubieten haben werden, um die uns drohende Gefahr der Unterjochung abzuwenden oder ihr zu widerstehen.“ Man sieht, von leichtfertigen Täuschungen über die Tragkraft dieses Familienbundes war Metternich ebensoweit entfernt als von jeder Absicht, der österreichischen Politik Ketten der Abhängigkeit und der Unterwerfung daraus zu schmieden. Den Aeußerungen, die er darüber gegen Hardenberg gethan, wird man Vertrauen schenken können, wenn man diesen Vortrag an den Kaiser über dasselbe Thema liest. Entscheidend ist die Thatsache, daß er, außer dem Anlehen, einige Milderungen des Vertrags vom 14. October 1809, so

insbesondere die Aufhebung des Artikels über das Truppenmaximum von 150,000 Mann davongetragen, dafür aber keinerlei neue Verpflichtung gegen Napoleon eingegangen hat Erst in der Abschiedsaudienz zu St. Cloud am 20. September sagte ihm der Kaiser: „Die Verjeßung Bernadotte's nach Schweden ist direkt gegen Rußland gerichtet. Es ist unmöglich, daß das dort anders aufgefaßt wird. Der Krieg mit Rußland wird ausbrechen. Er liegt in der Natur der Dinge.*) Welche Rolle wird dann Desterreich spielen?" Als Metternich hierauf eine ausweichende Antwort gab, wollte Napoleon Nichts gesagt haben. Sicherlich geht aber aus dieser Frage hervor, daß weder eine Verpflichtung Oesterreichs noch auch nur irgend eine vorläufige Verständigung vorgelegen hat, als Metternich Paris verließ.

Mitte October 1810 traf er in Wien ein. Der Kaiser hielt sich in Grab in Steiermark auf, hatte aber den Befehl hinterlassen, daß er ihm umgehend dahin nachreise. Metternich blieb einen Tag, um einen Vortrag über das Ergebniß seiner Reise abzufassen, und fuhr dann nach Graz. Es wäre von der äußersten Wichtigkeit, den urkundlichen Text dieses Vortrags zu kennen; aber er hat sich weder auf dem Staatsarchiv noch in dem Nachlaß des Fürsten gefunden. Nur eine Skizze des Inhaltes bewahrt der lettere, und diese darf ich aus dem eigenhändigen Leitfaden zur Erklärung meiner Denk und Handlungsweise 1809-1848" hier wörtlich mittheilen.

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„Mein Vortrag an den Kaiser“, heißt es dort, beruhte auf den folgen den Aussprüchen :

"Im Jahre 1811 wird der materielle Friede auf dem europäischen Continent durch eine Schilderhebung Napoleons nicht gestört werden.

,,Im Verlauf dieses Jahres wird Napoleon, durch die französischen Streitkräfte verstärkt, seine Bundesgenossen zu einem gegen Rußland ge= richteten Hauptschlage jammeln."

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Den Feldzug wird Napoleon im Frühjahr 1812 beginnen.

„Das Jahr 1811 muß die kaiserliche Regierung sonach zu einem Abschnitt in der unhaltbaren finanziellen Lage des Reiches in der zweifachen Richtung benußen, einerseits der Verminderung des Papiergeldes und andererseits der Sicherung einer imponirenden militärischen Ausrüstung und Aufstellung für das folgende Jahr.

„Die von Oesterreich einzunehmende Stellung wird im Jahr 1812 die einer bewaffneten Neutralität sein müssen. Die Schicksale des in jedem Falle excentrischen Unternehmens Napoleons werden uns die Richtung angeben,

*) Jeht wird Jedermann klar sein, aus welchem Grund Metternich in der Instruction an Schwarzenberg über den Krieg von 1812 diese Phrase braucht, I, S. 313.

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