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auf die Idee, die Handlung des Schauspiels pantomimisch auszudrücken und alles Reden wegzulassen.

An Weihnachtsspäfsen hat es überhaupt in England niemals gefehlt. Dort wurde auch früher auf Weihnachten ein starkes Getränk gebraut und jedem Besucher mit den Worten ,,wes hal") (zur Gesundheit) gereicht. Dieser Gebrauch wird auf Rowena, die Tochter des Sachsenfürsten Hengist, zurückgeführt. Der Historiker Richard Verstegan (1605) schreibt:

,,Hengist lud einst König Vostiger in sein neuerbautes. Schlofs zum Abendessen ein und ersuchte seine Tochter, dem Könige nach dem Mahle einen mit Wein gefüllten Goldbecher zu kredenzen. Als sie dies that, sprach sie:,,Wes hal, hlaford cyning!" (Zur Gesundheit, Herr König!)

Dem Könige gefiel die junge Dame so sehr, dass er sie zur Ehe begehrte. Hengist hatte nichts dagegen einzuwenden, besonders da Vostiger versprach, ihm die Grafschaft Kent zu schenken und sich von seiner bisherigen Gattin scheiden zu lassen".

Dieser Vorfall ist mehrmals poetisch verherrlicht worden; so finden wir z. B. im ,,Antiquarian Repertory" (1808) folgende Zeilen:

,,Health my lord King, the sweet Rowena said;
"Health" cry'd the chieftain to the Saxon maid;
Then gaily rose, and 'midst the concourse wide,
Kiss'd her hale lips and placed her by his side;
At the soft scene such gentle thoughts abound
That health and kisses 'mongst the guests went round;
From this the social custom took its rise

We still retain and must forever prize".

Zu Devonshire in England besteht der Julklotz aus einem Bündel Eschenzweige; wenn dasselbe verbrannt wird, singen die Leute:

1) Daraus ist die spätere Bezeichnung Wassail für Trinkgelage entstanden.

,,Ule, Ule, Ule, Ule,
Three puddings in a pule,

Crack nuts and cry Ule!"

Dann macht die Flasche die Runde und jeder ruft, che er sie an den Mund führt,,Wassail!“

Der erste Weihnachtstag wird in der Rhöngegend,,Haltig" (heiliger Tag) genannt und ruhig gefeiert; am nächsten aber geht es um so lebhafter zu. Derselbe heifst im Volksmund,,Höckeltragen" (Bündel auf dem Rücken tragen), deshalb nämlich, weil alsdann die Leute ihren Pathenkindern, die oft weit entfernt wohnen, Geschenke zutragen. Dies geschicht bis zum zwölften Jahre jener Kinder. Dann wird ihnen ein Weck geschenkt, in dem ein Messer gebacken ist und damit sind die zukünftigen Gaben abgeschnitten.

Den amerikanischen Soldaten und Matrosen wird auf Weihnachten die gröfstmöglichste Freiheit gewährt. Da legen sie z. B. einen jungen Rekruten auf eine starke Wolldecke und werfen ihn so lange in die Höhe, bis er entwischt. Je heftiger er dabei schreit und flucht, desto köstlicher amüsieren sich seine Peiniger. In früheren Jahren wurde auch zuweilen auf dem Paradenplatze ein mit Fett eingeschmiertes Schwein frei gelassen, das dann die Soldaten einfangen mussten.

Wenn der Amerikaner ein Geschenk erhält, an dem sich eine scharfe Spitze befindet, wie z. B. ein Messer oder eine Nadel, so händigt er, da es sonst die Freundschaft zerstechen würde, dem Geber einen Cent dafür ein.

,,Grüne Weihnachten machen die Geldtaschen leer“ (green christmas, lean pocketbooks) sagt man in New York.

Als New York noch Neu-Amsterdam hiefs und hauptsächlich von Holländern bewohnt war, wurde dort Weihnachten als religiöses Volksfest gefeiert. Das erste Emigrantenschiff, das Manhattan berührte, trug das Bild des heiligen Nikolaus und dieser wurde seitdem als Schutzheiliger der neuen Ansiedlung verehrt. Ehe die Ansiedler eigentliche Kirchen hatten, hielten sie ihren Gottesdienst in Windmühlen ab. Die Kinder,

welche auf Weihnachten gewöhnlich rotbäckige Puppen und Konfekt erhielten, richteten folgenden Spruch an Sankt Nikolaus:

,,St. Nicholas, goed heilig man,
Treckt uw' besten tabbard aan
En reis daamee naar Amsterdam,
Von Amsterdam naar Spanje,
Waar appellen von Orange,
En appelen von Granaten,
Rollen door de straaten,

St. Nicholas, myn goeden vriend
Ek heb uwe altyd wel gediend
As gy my nu wat wilt geben

Zal ik uwe dienen als myn leven".')

In Mexiko haben sich nicht nur spanische Weihnachtsgebräuche des Mittelalters erhalten, sondern denselben sind auch noch aztekische Zuthaten beigesellt worden. Die lange Reihe der grofsen Mittwinterfeste wird in der Hauptstadt bereits am achten Dezember, dem Gedenktage der Empfängnis eröffnet. Darauf folgt vier Tage später die Wallfahrt nach Guadalupe mit Indianertänzen, am sechszehnten die neuntägige Weihnachtsfeier mit dramatischen Hirtenspielen, am achtundzwanzigsten das Narrenfest der ,,unschuldigen Kinder" und endlich der durstige Sylvester. Das neue Jahr wird, wie überall, auch dort mit einem Feste begonnen, an welches sich der Dreikönigstag (6. Januar) mit seinem neckischen Bohnenorakel und dem scherzhaften Königsmahl anschliefst, das eigentlich nur die Einleitung zum Karneval und den sogenannten Gevatterschaftsbällen ist.

Den Gipfel der Weihnachtsfeier im Familienkreise bilden die naiven dramatischen Weihnachtsspiele, „,,Posedas" (Herbergen) genannt, an welche sich jedesmal das spafshafte Topfschlagen der bunten „Pinata“, sowie Tanzkränzchen (Tertulia)

1) M. L. Booth, History of New York.

mit kleinen Geschenken (Collacion, ähnlich wie beim Kotillon) und endlich auch noch ein Festmahl anschliefst. Besonders lebhaft wird diese Feier in Mexiko, Puebla und in der Weihnachtsstadt Querétaro begangen. In dem letzteren Orte hat dieselbe einen öffentlichen Charakter und zieht alljährlich Tausende von Gästen aus allen Gegenden der Republik herbei.

In Mexiko, wie wohl in allen romanischen Ländern und auch vielfach im katholischen Deutschland, gruppiert sich die Weihnachtsfeier um die ,,Krippe", in Spanien als ,,nacimiento" (Geburt) bezeichnet. Es ist dies eine bildliche Darstellung der Krippe in der Herberge zu Bethlehem, in welcher das Christkind das Licht der Welt erblickte. Wie sich im protestantischen Deutschland fast jede Familie einen Weihnachtsbaum ausputzt, so baut man in Spanien und Mexiko einen,,nacimiento", der je nach Mitteln oder Geschmack hergestellt wird. Man kann ihn auf dem Weihnachtsmarkte fix und fertig aus Holz oder Baumrinde, Blech, Papier oder Pappe mit all den dazu gehörigen Figuren und Schmucksachen erstehen. Reiche Leute geben dafür Hunderte von Thalern aus und in Puebla haben sich einige Wohlhabende kunstvolle Panoramen mit beweglichen Figuren und anderem Mechanismus herstellen lassen, die mehr als tausend Thaler gekostet haben. Nicht nur jede Familie hat ihren ,,nacimiento", auch in allen Kirchen wird er aufgestellt und in Querétaro findet man sogar öffentliche Krippen auf Plätzen oder in der Strafse errichtet.

Im Hause wird die Krippe gewöhnlich in der guten Stube (Sala) auf einem Tisch oder improvisierten Altar aufgebaut. In wohlhabenden Familien nimmt dieses Schaustück auf einer Plattform zuweilen die ganze Längsseite des Salons ein. Die einfachen Bildwerke stellen eine kleine Höhle, ein Portal, einen Viehstall oder ein Wirtshaus dar, mit den bekannten Figuren der heiligen Legende. Da ist der rosige Säugling mit oder ohne Heiligenschein in der Krippe, Joseph in gelbem Umschlagetuche und Maria mit blauem Mantel. Engel und

Hirten kommen in allen Schattierungen vor, sogar als Indianer ausstaffiert. Kuh und Esel dürfen ebensowenig fehlen, wie die Schafe auf der Weide.

Zur,,Adoracion", der Anbetung der Weisen aus dem Morgenlande, gehören natürlich auch der glänzende Leitstern und die heiligen drei Könige, von welchen der eine als Neger, Moor oder wohl gar als Indianer erscheint. Bei gröfseren Darstellungen finden wir ganz Bethlehem vertreten, mit Mauern und Wällen, mittelalterlichen Ritterburgen, mohamedanischen Moscheen, phantastischen Felsenhöhlen, Wasserfällen, Bächlein und Seen von Spiegelglas und einem Überzug aus Watte als wunderbaren Schneefall. Andere sind wieder mit künstlichen oder natürlichen Blumen geschmückt. Die Figuren sind aus Pappe, Wachs, Thon oder auch aus Zucker verfertigt. Der Schautisch oder Altar wird mit Zweigen von Fichten, Cypressen, Kakteen, Zittergras, Farrnkräutern und grauer Tillandsia verziert und mit Kerzen erleuchtet.

Diese festliche Dekoration bildet gewissermassen den Hintergrund des Schausplatzes für das dramatische Weihnachtsspiel, welches an die bescheidenen Anfänge des Dramas im Mittelalter erinnert. Diese Aufführungen werden allabendlich vom sechszehnten bis zum vierundzwanzigsten Dezember wiederholt, nicht nur in den Familien, sondern auch in einzelnen Kirchen. Es sind dies allegorische kleine Schauspiele oder vielmehr Singspiele mit stehendem Texte in volkstümlichen Weisen, welche aus Wechselstrophen von Solo- und Chorgesang nach einer einzigen Weise bestehen. Sie werden eingeleitet mit einem Umzuge, bei welchem der Chor einen Choral (lateinische Litanei) anstimmt, und beschlossen mit Gebet. Am letzten, heiligen Abend kommt noch dazu das Wiegenlied und ein lustiges Nachspiel, ein versifiziertes Gespräch der Hirten, oder der drei Weisen, oder gar eine Allegorie der betrogenen Teufel. Die Libretti zu den Herbergund Schäferspielen werden ebenfalls auf dem Weihnachtsmarkte feilgeboten.

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