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Zwei Köpfe, zwei Arme,

Sechs Füsse, zehn Zehen

Wie soll ich das verstehen?

und in Schleswig-Holstein:

Keem en Deert ut Norden

Harr veer Ohren

Harr söfs Föet (Füfse)

Harr an langen Steert (Schwanz)

Rade, wat is dat?

Das aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammende Tragemundslied besteht aus einer Reihe volkstümlicher Rätsel, durch deren geschickte und schnelle Lösung Tragemund (Dragoman oder Dolmetscher), dem 72 Länder kund sind, sich bei seinem neuen Wirte vorteilhaft einführt. Folgende Proben aus diesem lieblichen Gedichte mögen genügen.

Frage: Was ist weifser denn der Schnee,

Was ist schneller denn das Reh,

Was ist höher denn der Berg,

Was ist finstrer denn die Nacht?

Antwort: Die Sonne ist weifser denn der Schnee,
Der Wind ist schneller denn das Reh,
Der Baum ist höher denn der Berg,
Der Rabe ist schwärzer denn die Nacht.

Frage: Durch was ist der Rhein so tief,
Warum sind die Frauen so lieb,

Durch was sind die Matten so grün,
Durch was sind die Ritter so kühn?

Antwort: Von manchem Quell ist der Rhein so tief,
Von hoher Minne sind die Frauen lieb,

Von manchen Kräutern sind die Matten grün,
Von starken Wunden sind die Ritter kühn.

Frage: Was ist grüner als der Klee,

Was ist weifser denn der Schnee,

Was ist schwärzer denn die Kohlen,

Was zeltet rechter (geht besseren Palsgang) als das Fohlen?

Antwort: Die Elster ist grüner wie der Klee,

Und ist weifser wie der Schnee,

Und ist schwärzer als die Kohlen,

Und zeltet rechter als das Fohlen.

In dem Gedichte vom Wartburgkriege treten sechs edle und berühmte Sänger auf, um in kunstvoll geflochtenen Rätseln die Tugenden und Vorzüge einzelner Fürsten zu besingen. Dabei wird nun Heinrich von Ofterdingen, der den Herzog Leopold von Österreich poetisch verteidigt, dermassen in die Enge getrieben, dafs er sich um Hilfe an den geschickten Zauberer und Rätsellöser Klingsor in Ungarn wenden mufs. Derselbe leistet ihm auch bereitwillig Beistand, findet jedoch an dem ernstfrommen Wolfram von Eschenbach einen ihm ebenbürtigen Gegner.

Eins der bei dieser Gelegenheit vorgelegten Rätsel möge hier im Auszuge Platz finden. Klingsor sang: „Ein Vater rief seinem Kinde, das am Ufer eines Sees schlief. Da die Nacht hereinbrach und der Sturm die Wellen schon über den Damm des Sees trieb, so wollte er es wecken. Aber das Kind hörte nicht und wachte selbst dann nicht auf, als ihm der Vater einen Rutenschlag gab. Da liefs dieser sein Horn ertönen, ergriff das Kind bei den Haaren und gab ihm eine Ohrfeige. Alles umsonst. Endlich warf der Vater eine Keule nach ihm und sprach: Dich schützte das gallenlose Thier Epidemon, doch folgtest du dem Rate des Luchses, der dich in diesen Schlaf gebracht hat! Bei diesen Worten brach der Damm und das Kind wurde von dem See verschlungen."

Dieses Rätsel erklärte Wolfram also: ,,Der Vater ist Gott, das Kind ein jeglicher Sünder. Gottes Horn sind die weisen Geistlichen; der Seedamm ist die Zeit, die Gott den Sündern

K. Knortz, Amerikanische Volkskunde.

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zur Bekehrung giebt; der See sind die kommenden Jahre und die Winde sind deine Lebenstage. Epidemon ist des Menschen Schutzengel, der Luchs bedeutet den Teufel. Gott straft die Menschen zuerst mit Herzeleid (das ist der Rutenstreich), dann, nachdem dies nicht geholfen, mit Krankheit (Ohrfeige) und endlich mit dem Tod (Keule). Er verlangt dann Reue und Beichte und wird ihm diese nicht gewährt, so ist Höllenpein unvermeidlich."

Ursprünglich war bei diesem Wettsingen bestimmt worden, dafs der Besiegte hingerichtet werden sollte, doch das gewandte und liebenswürdige Auftreten Klingsors hatte zur Folge, dass eine Versöhnung der Sänger stattfand und man somit die Dienste des bereit stehenden Henkers entbehren konnte.

Auch die Handwerkssprüche trugen, wie bereits bemerkt, ursprünglich vielfach den Charakter eines Rätsels; derselbe hat sich jedoch im Laufe der Zeit verwischt und ist einer derb humoristischen Färbung gewichen, wie z. B. der Schmiedegesellengrufs in des Knaben Wunderhorn und der Grufs der Büchsenmachergesellen zeigen; aus dem letzteren möge folgender Auszug genügen.

Der Altgesell fragt:,,Wo laufft mein guter Gesell weiter her?"

,,Ich lauffe daher aus Österreich, da machte ich sieben. Meister reich; der Erste ist gestorben, der Andere ist verdorben, der Dritte liegt im Hospital, der Vierte hat nichts überall, der Fünfte mufs Alles verkauffen, der Sechste mufste zum Thor hinauslauffen.“

,,Mein guter Geselle, hastu nicht vernommen,

Siebente ist hingekommen?"

,,Er ist zu Wien die Donau hinabgeschwommen!"

wo der

Von den vielen als Rätsel oder Scherzfragen zu bezeichnenden Waidmannssprüchen, die sich natürlich alle auf das Jägerleben beziehen, erinnert der folgende lebhaft an das Tragemundslied:

,,Sag' mir an, mein lieber Waidmann:

Was macht den Wald weiss,
Was macht den Wolf greis,

Was macht den See breit,
Woher kommt alle Klugheit?"

,,Das will ich Dir wohl sagen schon:
Das Alter macht den Wolf greis,
Der Schnee macht den Wald weifs,

Und das Wasser den See breit,

Vom schönen Jungfräulein kommt alle Klugheit."

Die Frage, wann der Hirsch am gesündesten sei, wird also beantwortet:

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,Wann die Jäger sitzen und trinken Bier und Wein,

Pflegt der Hirsch am allergesündesten zu sein "

In einem weitläufigen, aus dem 13. Jahrhundert stammenden Rätselgedicht, welches einen geistigen Wettkampf zwischen Meister Regenbogen, dem dichtenden Schmiede, und Heinrich Frauenlob von Mainz behandelt, lautet die erste, vom Herausfordernden ausgehende Frage:

Ich kam ainsmals auf abenteur

fur einen wald, was ungeheur,

und da trug mich mein tumer mut

hin über das gefilde;

das gschach an ainem morgen fru,
wen da kam mir begangen zu
ain tierlin fraisiglich gestalt,

es taucht mich also wilde

und sach mich grimmecliche an,
es tret wol zwanzig horen,

wer mir das tier auslegen kan,

rath maister hochgeboren!

Dann folgt eine Beschreibung des Rätseltieres, dessen Füsse nicht zu lang seien, das einen wunderlichen Gang und

dreierlei Farben, Weiss, Braun und Rot, zeige, manchen Mann in Not gebracht habe, sich aus den Lüften nähre, und doch kein Gefieder besitze.

Der Sänger schliefst mit der Aufforderung:

,,Wer wil mich sein beweisen?

ratend all ir werden man

und auch ir alten greisen,
und ob mir ainer kind gesagen,
was sich das tierli mugi getragen."

Diesem Rätsel giebt Frauenlob alsbald seine Lösung:

,,Das tierlin wil ich raten pald,

es wont in einem grünen wald,
wen es wil so gat es an ain man
auf seinen hindern füssen.

ich rat das tier, das. er da sach,

an ainem morgen das beschach

das mer kent beide jung und alt,

das dier wil ich aufschliessen."

Dann beantwortet der Mainzer Meister alle im Rätsel gegebenen Andeutungen über die Merkmale des Tieres und fafst endlich seine Auflösung in den Strophen zusammen:

,,Kain paum der ist dem dierlin z'hoch,

auf in so kan es climmen,

sein speis die gist es also roch,

es climpt auch zu den imen;
das dierlin das vert hin und her,
es ist genent ain wilder ber,

was imen waist, es stilt das hunk,
es ist dem dier wol ziemen.“

Als einst die berühmten Schildbürger vom Kaiser, der diese merkwürdigen Leute auch einmal persönlich kennen lernen wollte, besucht wurden, führten ihn diese, nachdem sie ihm den Stolz ihres Dorfes, himmelhohe Misthaufen nämlich,

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