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Weil nun das Ei geheime Kräfte besitzt, so lässt es sich auch leicht zur Zauberei gebrauchen. Will man z. B. ausfinden, ob ein leidendes Kind behext sei, so stellt man ein mit Wasser gefülltes Gefäfs unter sein Bett und legt ein Ei hinein; sinkt dasselbe zu Boden, so sind die Unholdinnen nicht Schuld an der Krankheit; schwimmt es hingegen auf dem Wasser, so ist das Kind unzweifelhaft behext. Wer ein geweihtes Ei rückwärts in ein Feuer wirft, löscht dasselbe aus. Ein am Donnerstag gelegtes Ei unter der Thürschwelle vergraben oder in einer neu aufgeführten Mauer verschlossen, schützt das Gebäude gegen Feuersgefahr. Es ist in diesem Falle einfach ein dem Donnergotte dargebrachtes Opfer. Das zu diesem Zwecke gebrauchte Ei, gewöhnlich Antlassei genannt, wird zuweilen auch rot gefärbt und mit Johanniswein begossen. Es ist noch nach Jahren zu gebrauchen; wenn man die Schale desselben aufs Feld wirft, so bleibt dieses vor Gewitterschaden bewahrt, wenigstens glauben so die Hessen und Südslaven.

Ein rotes Osterei nüchtern gegessen, schützt gegen Bruchschaden, weshalb auch in einigen Gegenden Deutschlands schwer arbeitende Knechte mit einem solchen beschenkt werden.

Befindet sich eine transylvanische Zigeunerin in Geburtswehen, so eilen die Stammesgenossinnen herbei und jede läfst ihr dann ein Ei zwischen den Beinen hindurch gleiten. Dabei sprechen sie:

,,Eichen, Eichen, ist so rund,

Auch der Bauch ist voll und rund,
Kindchen, komm hervor geschwind,

Gott, der, Herr ruft dich hervor!"

Stirbt nun die Frau im Kindbett, so legen sie ihr ein Ei unter jeden Arm und sprechen:

,,Wenn verfault ist dieses Ei,

Auch die Milch vertrocknet sei."

Wer ein an einem Karfreitag von einer schwarzen Henne gelegtes Ei besitzt, kann alle Hexen sehen, denn dieselben müssen an diesem Tage in die Kirche gehen und dort dem Pfarrer den Rücken zudrehen.

Unter dem Ausdruck,,Unglückseier" versteht man kleine, längliche und leichte Eier, wie sie die Hühner zuweilen legen; dieselben werden, nachdem man drei Kreuze darüber gemacht, über das Haus oder die Scheune geworfen.

Damit sich nun die Hexen und sonstige böse Geister nicht in die Eier verstecken, oder dieselben als Boote gebrauchen, um damit die Schiffe auf dem Ozean zu zerstören, so werden in England, Holland und Rufsland die Eierschalen stets gewissenhaft zerbrochen. Wer besonders in Holland ganze Eierschalen ins Wasser wirft, kann sicher sein, dass sich die Elfen derselben als Boote bedienen. Schottische Schiffer und Fischer glauben, es bringe ihnen Unglück, wenn sie ein Ei an Bord haben. Wenn die Kinder in England, Frankreich und Irland ein gesottenes Ei gegessen haben, stechen sie gewöhnlich mit dem Löffel durch die ganze Schale.

Das gefärbte Osterei ist das Sinnbild der erwachenden und erstarkenden Frühlingssonne, welche die Eisdecke bricht und das junge Leben hervorruft. Während des Mittelalters existierte in Deutschland der Gebrauch, am Karfreitag ein aus Eiern gebildetes Kreuz in ein offenes, sich in der Kirche befindliches Grab zu legen, um der Hoffnung auf Unsterblichkeit und Auferstehung Ausdruck zu verleihen. Aus diesem Grunde legen auch die Slaven buntgefärbte Eier auf die Gräber ihrer Verwandten. Dies geschieht in Rufsland am sogenannten weilsen Sonntag, oder wie er dort heisst,,Elternsonntag". In der Ukraine legt die Witwe zur Osterzeit gefärbte Eier auf das Grab ihres Gatten.

Da in den christlichen Ländern Europas während des Mittelalters und teilweise noch später zur Fastenzeit keine Eier gegessen werden durften, so machte es auf Ostern keine

Schwierigkeit, die Kinder mit den inzwischen gesammelten Eiern beschenken zu können.

Dafs die Kinder, denen der Osterhase plötzlich zahlreiche Eier gebracht, leicht zum Spielen mit denselben verleitet werden, ist erklärlich. Sie stofsen die Eier an einander, was man in Baiern,,spitzeln" und in anderen Ländern,,kippen" nennt, und dasjenige, dessen Ei dabei zerbricht, mufs sein Ei dem Sieger überlassen. Damit nun der Osterhase, den wir uns später etwas näher ansehen wollen, wegen des Platzes, auf den er seine Eier legen soll, nicht in Zweifel gerät, so machen die Kinder, die an ihn glauben, Nester für ihn auf die Höfe, in Gärten oder Scheunen, oder lassen auch das sogenannte Hühnerloch am Hause offen, damit er bequem hineinschlüpfen kann. In Grofsstädten, in welchen man den Kindern gerne eine Osterfreude bereiten möchte, und wo man selten über einen Hofraum verfügt, klettert jenes geheimnisvolle Tier sogar in die oberen Stockwerke der Häuser und legt seine Eier in cin Bett oder einen Wandschrank.

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Wenn die bairische Bäuerin wünscht, dafs ihre Hühner während eines Jahres das Eierlegen nicht verlernen sollen, so steckt sie am Ostermorgen ihrem Oberknecht ein weifses Ei in den Mund und läfst ihn damit auf dem Hofe vor Sonnenaufgang herumlaufen.

Die Eier sind übrigens nicht nur als nahrhafte Speise, sondern auch als wichtige Omina zu gebrauchen. Hat z. B. in Sachsen ein Bursche sein Auge auf ein bestimmtes Mädchen geworfen, und geht er mit der löblichen Absicht um, sie zu seiner Gattin zu machen, so braucht er sie nur an einem Sonntagnachmittage zur Kaffeezeit zu besuchen; setzt sie ihm alsdann Eierkuchen mit grünem Lauch vor, so kann er scine Werbung vorbringen, ohne dabei zu befürchten, abschlägig beschieden zu werden; wird er aber nur mit Kaffee oder sogar mit Rüben bewirtet, so braucht er sich keine Hoffnung zu machen.

In Tyrol schenken die Mädchen den Burschen, um diese

zur Liebe zu ermuntern, Eier, die am Samstag vor Ostern bei geweihtem Feuer gesotten worden sind. Auch schreiben sie zuweilen mit Scheidewasser Verse auf dieselben.

Zu Ebsdorf in Hessen versammeln sich die jungen Burschen am dritten Osterfeiertag im Wirtshause und halten eine Versteigerung aller heiratsfähigen Mädchen des Dorfes ab. Nachdem dies geschehen, ziehen sie vor die Häuser jener Mädchen und lassen sich Eier schenken, die dann später gemeinschaftlich verzehrt werden.

In zahlreichen Orten Deutschlands gehen die Knaben, mitunter auch die Mädchen, am zweiten Osterfeiertage auf eine grofse Wiese und werfen gefärbte Eier hoch in die Luft. Derjenige, dessen Ei dabei nicht zerbricht, bildet sich nicht wenig auf sein Glück ein. Dies Eierwerfen ist an Stelle des Ballschlagens getreten, womit man früher die aufgehende Ostersonne begrüfste.

Im Distrikt Brisse (Frankreich) herrscht der Gebrauch, am Ostermorgen hundert Eier auf eine Sandfläche zu legen und dann Jungfrauen und Jünglinge zwischen denselben einen. Nationaltanz aufführen zu lassen; das Paar, das dabei kein E zerbricht, mufs sich heiraten, und die Eltern dürfen nichts dagegen einwenden.

In einigen Gegenden Frankreichs, Deutschlands und Österreichs geht der Priester auf Ostern im Dorfe herum, segnet die Häuser und lässt sich dafür mit Eiern belohnen. Dafs dieser Gebrauch den Leuten nicht immer angenehm war, geht aus der Thatsache hervor, dafs sich auf alten Kirchenstühlen einiger katholischen Gotteshäuser in der Rheinprovinz, z. B. in Cleve, Kempen u. s. w., Bilder eingraviert finden, welche habgierige Geistliche darstellen, wie sie Eier mit einem Flegel dreschen oder an das Licht halten, um zu sehen, ob sie frisch sind, oder die sogar Hennen befühlen, damit die Bauern nicht etwa sagen können, dieselben seien zum Eierlegen zu alt.

Dafs das Ei Keim des Lebens und somit des Reichtums

ist, glaubte auch die bekannte Bäuerin, die mit einem Korbe voll Eier auf den Markt ging und unterwegs ausrechnete, was sie alles mit dem Erlöse dafür kaufen könnte, bis sie plötzlich hinfiel und die Eier zerbrach.')

Da das Ei als Behälter ewigen Lebens gewissermassen ein Rätsel ist, so ist es auch kein Wunder, dafs es in der Rätsellitteratur eingehende Berücksichtigung gefunden hat. Häufig wird es mit einem weissen Hause, einem wundersamen Kloster, einer gelben Blume oder auch mit einer ohne Naht und Draht zusammengefügten, mit zweierlei Bier 2) gefüllten Tonne verglichen. Im Falle letztere zerbricht, vermögen die

1) Ähnliche Erzählungen finden sich in mehreren Litteraturen. So heifst z. B. ein englisches Volkslied:

,,My father he died, but I can't tell you how,
He left me six horses to drive in my plough:
With my wing wang waddle oh,
Jack sing saddle oh,

Blowsey boys buble oh,

Under the brown.

I sold my six horses, and I bought me a cow,
I'd fain have made a fortune, but did not know how:

With my wing wang etc.

I sold my cow, and I bought me a calf,

I'd fain have made a fortune, but lost the best boef,

With my wing wang etc.

I sold my calf, and I bought me a cat;

A pretty thing the was, in my chimney corner sat:

With my wing wang etc.

I sold my cat, and bought me a mouse;

He carried five in his tail, and burut down my house.

With my wing wang etc.

Siehe auch S. 61 Musäus, Rübezahlmärchen. (Reclam) S. 115. Hitopadesa. Übersetzt von L. Fritze. Leipzig 1888. S. 188. Johann Pauli, Schimpf und Ernst. Marburg 1856.

2) Das zweierlei Bier finden wir schon in der Herararasage.

(S. 15

J. Gillhoff, das mecklenburgische Volksrätsel, Parchim 1892). Das dort angeführte Rätsel bezieht sich auf das Schwanenei, das auch in der pommerschen Folkslore vielfach die Stelle des Hühnereis vertritt. In Pommern ist es auch der Schwan und nicht der Storch, welcher die Kinder bringt.

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