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mit Inbrunst oblagen; bestand doch ihre hauptsächlichste Freude und ihr erhabenster Trost in dem Ausblick auf ein glückliches Jenseits. Mehrere ihrer Plantagenlieder sind von namhaften Komponisten kaukasischer Abstammung als eigene Produkte der Welt übergeben worden; einige ihrer „spirituals“ (geistliche Lieder) kann man Sonntags in zahlreichen amerikanischen Sonntagsschulen und Kirchen hören, doch sieht man sich die betreffenden Gesangbücher an, so findet man darin stets als Komponisten einen Amerikaner verzeichnet.

Mit den überall gesungenen deutschen Volksmelodieen wird bekanntlich ähnlich verfahren und man mufs erstaunen, dafs dieselben, deren Schöpfer jedem Forscher unbekannt sind, endlich nach Jahrhunderten doch einmal jemanden gefunden haben, der sich öffentlich zur Vaterschaft bekennt. Wesley sagt, er könne nicht einsehen, weshalb der Teufel allein schöne Melodieen haben solle.

Poet ist der Neger nicht. Da er nur das Bedürfnis hat, seine Sangeslust zu befriedigen, so genügt ihm ein unsinniger Vers dazu, den er je nach Umständen unzähligemal ohne zu ermüden wiederholt. Sein ganzes Gefühl legt er in die Melodie und es geniert ihn nicht im Mindesten, wenn die Worte dazu passen wie die Faust aufs Auge. Den Takt versteht er meisterlich zu halten und sorgt durch lautes Händegeklatsch und derbes Fufsgestampf dafür, dafs er denselben auch seinen Zuhörern gründlich einprägt. Ob einige Negermelodieen afrikanischen Ursprungs sind, dürfte schwer nachzuweisen sein.

Infolge seiner stets zur Heiterkeit aufgelegten Natur singt der Neger bei jeder Gelegenheit. Gefällt ihm ein Lied der Blafsgesichter, so adoptiert er es ohne Weiteres und ändert es nach seinem Geschmack um, wobei dann die Worte oft bis zur Unkenntlichkeit verballhornisiert werden. Da wird Revelation zu Revolution, Cyrus zu Silas,,,gird on the army" zu,,we'll guide on de army" und Lazarus zu Lajarush.

Ist der Neger durch einen Baptisten- oder Methodistenprediger zum Christentum bekehrt worden oder hat er, wie

er es nennt,,,das Ding gefunden" (,,fin dat ding"), dann wird. er auf einmal zum fleifsigsten Kirchengänger und unermüdlichsten Betbruder, der bei der geringsten Veranlassung in Ekstase gerät, sodafs häufig die Gebetsversammlungen in sogenannten shouts ihren Abschlufs finden. Hat ihnen der Prediger die Hölle gehörig heifs gemacht und dabei gebrüllt, als ob er nur stocktaube Zuhörer um sich hätte, dann werden wie auf Kommando die Bänke an die Wand gerückt oder in eine Ecke gestellt, worauf dann Alt und Jung in die Mitte des Lokals treten und nach Absingung eines Liedes im Kreise herum marschieren. Dabei rücken sie mit den Füssen nur langsam vorwärts, bewegen dafür aber ihre übrigen Glieder desto lebhafter, sodafs sie bald in heftigen Schweifs geraten. Allmählich nimmt diese Bewegung den Charakter eines Tanzes an; es wird in die Hände geklatscht, auf den Boden gestampft. und so laut gesungen und gelärmt, dafs man es meilenweit hört. Ob diese religiöse Zeremonie afrikanischen Ursprungs ist, kann nicht mit Bestimmtheit angegeben werden. In der Neuzeit ist sie übrigens in Abnahme gekommen und beschränkt sich nur noch auf einige Anhänger der Baptistenkirche in den Südstaaten.

Der Ursprung der meisten amerikanischen Negerlieder ist ebenso einfach wie ihr Inhalt. Beim Rudern oder Arbeiten auf einem Dampfboote wirft ein Neger eine originelle Frage auf, die von seinen Leidensgefährten schnell aufgegriffen und beantwortet wird. Lassen sich nun Frage und Antwort dem Takte der Arbeit anschmiegen, so werden dieselben augenblicklich mit einer Melodie versehen, zu der mit derselben Schnelligkeit ein Refrain improvisiert wird und das Liedchen ist fertig. Doch nur wenige der auf diese Weise entstandenen Lieder dringen in weitere Kreise.

Der Neger will einmal singen und es verursacht ihm durchaus keine Gewissensbisse, wenn er gelegentlich ein Bootlied am offenen Grabe oder ein Sterbelied bei einer fröhlichen Hochzeit ertönen läfst; nur sorgt er dafür, dass der

Takt den jemaligen Umständen angepasst wird, denn die Worte selbst sind ihm bekanntlich Nebensache.

Bethlehem, der Jordan, sowie die hervorragendsten Personen des alten Testamentes bilden das bevorzugte Thema seiner spirituals. Der Teufel ist ein beschäftigter ole man, der jedem heifse Asche nachwirft. Des jüngsten Tages und des an demselben stattfindenden Weltbrandes wird in folgendem Liede gedacht.

,,Gabriel, blow your trumpet!

Lord, how loud shall I blow it?
Loud as seven peals of thunder,
Wake the sleeping nations;
Den yo' see pore sinners risin',
See the dry bones a creepin',
Far' yo' well, far' yo' well!

Den yo' see de world on fire,
Yo' see de moon a bleedin',
See de stars a fallin',

See de elements meltin',
See de forked lightnin',
Hear the rumblin' thunder,
Earth shall reel and totter,
Hell shall be uncapped',
De dragon shall be loosened,

Far' yo' well, pore sinner,

Far' yo' well, far' yo well!"

Der Tod erscheint als kleiner Mann, der von Thüre zu

Thüre geht.

,,Oh Deat' he is a little man,

And he goes from do' to do',

He kill some souls and he wounded some,

And he lef' some souls to pray.

Oh, Lord, remember me!"

Um auszufinden, ob ein Neger eine gewisse Sache gestohlen hat, stellt einer seiner Rassegenossen, der sich hohen Ansehens erfreut und auch ein prominentes Kirchenmitglied ist, zwei Stühle mit den Lehnen zusammen, setzt ein Sieb darauf und spricht:

,,By Saint Peter, by Saint Paul,
By the Lord who made us all,

If John Doe did thus and so,
Turn, sifter, turn and fall."

Fällt das Sieb bei der Nennung eines bestimmten Namens zur Erde, so ist der Träger desselben der gewünschte Übelthäter. Dieser Gebrauch soll afrikanischen Ursprungs sein; an der Küste von Guinea ist er heute noch im Schwang, nur wird dort statt eines Siebes ein Schild und statt eines christlich angehauchten Verses ein echtes Negerlied gebraucht.

Das nachstehende Sterbelied verdanke ich, wie überhaupt die meisten der hier angeführten Lieder, mündlicher Mitteilung.

,,I had a sister who lately died,

She fell from 'bundant grace supplied;
But she would go to de balls and play,
In spite of all her fren's would say.

A few days' sickness tore her down,
And death prepared her for de groun';
She called her mudder to her side,
Said, 'Mudder, mudder, pray for me.'

'No use, no use, I tole you so!
I can't do no good now, I know;'
Tho' hell may ring with vengeance spite,
Christ will save your soul to-night." 1)

1) Ein anderes Grablied teilt die für Negersklaverei schwärmende Novellistin E. A. Meriwether in ihrer Erzählung „,Black and White" (New York 1883) mit.

Dasselbe lautet:

Das populärste der auf dem Mississippi gesungenen Boot

lieder ist folgendes:

The Natchez is a bully boat,

Hi-oh-ho,

She walks high on de water,

Hi-oh-ho,

De Captin, he's a clever man,

Hi-oh-ho,

And de mate is here from Georgia,
Hi-oh-ho.

Folgende Negerverse erfreuen sich allgemeiner Verbreitung:

Wish I was in Tennessee,

A-settin in my cheer,

Jug o' whiskey by my side,

An' arms around my dear.

Oh, whare did you come from?
Knock a nigger down --
Oh, whare did you come from?
Jerry Miah Brown.

,,Hawk! From the tomb a do'ful soun',

My eahs atten' de cry;

Come, all you niggahs, view de groun',

Whar you will shawtly lie."

Zum besseren Verständnis des Negerdialektes möge jener Vers in korrektem Englisch folgen:

,,Hark! From the tombs a doleful sound,

Mine ears attend the cry;

Come all you sinners, view the ground,

Where you must shortly lie."

Allem Anscheine nach ist jedoch die Negerversion eine Verstümmelung des ursprünglich rein-englischen Liedes. Auch das von derselben Verfasserin in genanntem Werke mitgeteilte Lied ,,Dolly's African Wail" kann nicht als Originalarbeit eines Negers gelten; schon der regelrechte metrische Bau desselben spricht gegen eine solche Annahme.

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