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nur die Auferstehung der Erde aus ihrem langen Winterschlafe, sondern zugleich auch ihre eigene Erweckung zu neuem, hoffnungsvollem Leben und Schaffen draufsen in der freien Natur. Und da an diesem wichtigen Zeitabschnitt die Sonne bekanntlich drei Freudensprünge macht'), so kann man es wahrhaftig den Menschen nicht verübeln, wenn sie alsdann ihrer Werdelust ebenfalls in allerlei Tollheiten Ausdruck verleihen; und diese Volksgebräuche, nebst dem, was drum und dran hängt, näher zu betrachten, soll nun hier unsere Aufgabe sein.

Die Bezeichnung ,,Ostern" weist uns nach dem Osten, also nach der Richtung, aus welcher sich uns die Sonne nähert. Es läfst sich dieses Wort auf die Sanskritwurzel usch zurückführen, welche ,,brennen" oder ,,leuchten" bedeutet. Als Göttin der erstarkenden Frühlingssonne galt den alten Deutschen, die den Nordmännern unbekannte und daher auch nicht in der Edda erwähnte Ostara, die in der indischen, nie alternden und stets in glänzendem Goldgewande auftretenden Uscha eine würdige Doppelgängerin hat. Ihr zu Ehren wurden Feuer auf hohen Bergen angebrannt; auch wurden ihr Blumen, Kuchen und Eier 2) geopfert, welch' letztere bekanntlich heute noch einen wesentlichen Bestandteil des Osterfestes bilden. Blutige Opfer wurden alsdann nicht gebracht, galt Ostern doch nicht nur als Freudenfest für die Menschen, sondern auch für die Tiere.

Die Griechen liefsen dem Osterfest den hebräischen Namen Paschah; die Niederdeutschen hiefsen es Pasken und Ulfilas gebraucht dafür in seiner gotischen Bibelübersetzung

1) Wer in der Altmark am Ostermorgen früh aufsteht und so lange in einen mit Wasser gefüllten Eimer blickt, bis die Sonne aufgeht, kann das Osterlamm deutlich hüpfen sehen. - Im Brandenburgischen erblickt man nach Menzels,,Symbolik" am Ostermorgen beim Aufgange der Sonne ein weisses Lämmchen in einem Wassergefäfs.

2) In einem altpolnischen Liede wird der Sonne ein Ei als Ostergeschenk angeboten. In Florenz wird Ostern pasqua d'uovo genannt.

das Wort Paska; nur die Oberdeutschen und Angelsachsen bedienten sich der heidnischen, also der ächt deutschen Bezeichnung. Das hebräische Paschah oder Pesach bedeutet ,,Verschonung" (engl. Passover) und erinnert mithin an die Verschonung der Erstgeburt durch den Todesengel und damit zugleich an die Auswanderung der Juden aus Ägypten, sodafs diese also in genanntem Feste das Geburtsfest ihrer Nation feiern. Auf die dabei von den orthodoxen Juden heute noch beobachteten Gebräuche werden wir später ausführlich zurückkommen.

Die alten Deutschen feierten in der Osterzeit den Sieg des Sommers über den Winter. Dieser Sieg oder Streit wurde nun auch oft dramatisch dargestellt, indem sich die Repräsentanten beider Mächte durch Spottverse zu überwinden suchten. Der Winter trat meistens in einem Strohkleide auf; er mufste sich von seinem mit Grün geschmückten Gegner alle erdenklichen Grobheiten sagen und sich mitunter auch noch durchprügeln lassen.

In diesen Streitgedichten, von denen sich mehrere erhalten haben1), wird der Winter stets als Beförderer der Faulheit und Gefrässigkeit gebrandmarkt, und wenn er sich gegen derartige Anklagen auch noch so wacker verteidigt, so stehen dem Sommer doch so viele Argumente zur Verfügung, um ihn von seiner Nutzlosigkeit zu überzeugen und ihn zu zwingen, dafs er sich schliesslich für besiegt erklärt. Darauf stimmen dann die diese beiden Schauspieler begleitenden Dorfburschen. ein Loblied auf den Sommer an und erwarten von dem Manne, vor dessen Haus sie diesen Schwank aufgeführt, ein Geschenk. Die dabei eingeheimsten Gaben werden später im Wirtshause gemeinschaftlich verzehrt.

Nach Albert Richter (Deutsche Sagen, Leipzig 1871) gingen anfangs dieses Jahrhunderts in der Uckermark im Frühling zwei als Sommer und Winter verkleidete Frauen

1) Auch Hans Sachs schrieb ein Zwiegespräch zwischen Sommer und Winter.

herum, wovon die erste eine Sense und Hacke und die andere einen Dreschflegel trug. Dabei sprachen sie folgende Verse: Winter. Ich bin der Winter stolz,

Ich baue Brücken ohne Holz.

Sommer. Ich bin der Sommer fein,

Ich mähe mein Korn,

Ich harke es wohl auf,

Und fahr's in die Scheun'.

Winter. Ich dresche das Korn und fahre es zur Stadt, Dass jedes seine Nahrung darin hat.

Statt des Winters tritt nun auch oft, so z. B. in den Liedern der Deutschböhmen und Slaven, der Tod auf; dieser wird ebenfalls durch eine Strohpuppe dargestellt, die nach bestimmten Zeremonieen, welche man das Todaustragen nennt, entweder begraben, verbrannt oder ins Wasser geworfen wird. Nachdem letzteres geschehen ist, laufen die dabei beteiligten Burschen so schnell, wie sie ihre Beine tragen können, fort, da nach altem Aberglauben den letzten der Tod packen werde, d. h. er müsse von allen zuerst sterben. Diese Strohpuppe wird in Oberbaiern ,,Hansl und Gredl" genannt. Hatten früher im Voigtlande die Burschen den Tod ausgetragen und die obligate Strohpuppe ersäuft, dann zogen sie von Haus zu Haus, sammelten Geschenke und sangen dabei:

,,Wir haben den Tod wohl ausgetrieben,

Die faulen Mädel sind zu Hause geblieben,
Sie sitzen in der Höllen1)

Und lauern auf die Junggesellen,

Wir bringen euch an warmen Sommer mit,

Teilt uns auch a paar Eier mit. 2)"

In der Lausitz treiben die Frauen den Tod aus; sie machen eine Strohpuppe, ziehen derselben ein weisses Hemd an und

1) Hinter dem Ofen.

2) Dr. H. Dunger, Rundas und Reimsprüche aus dem Voigtlande. Plauen 1876.

tragen sie dann an die Grenze des nächsten Dorfes. Dort zerreifsen sie dieselbe und hängen das Hemd an den schönsten Baum in der Nähe. In einigen Gegenden Deutschlands wird das Todaustragen auch ,,Judasbrennen" genannt; doch ist es fast überall infolge des damit verknüpften Unfugs von der Polizei verboten worden.

Heine sagt irgendwo, dass im wunderschönen Mai seinem Herzen die Liebe aufgegangen sei; dies ist nun sicherlich auch schon anderen hoffnungsvollen Jünglingen um die genannte Zeit passiert, und da die heiratslustigen Mädchen aus zuverlässiger Beobachtung wissen, dafs sich die Augen der jungen Burschen meistenteils nach der schönsten drehen, so befassen sie sich gewöhnlich schon vor Beginn jenes, die zarten Herzensregungen begünstigenden Monates mit der sorgfältigsten Pflege ihrer Schönheit, um ja nicht übersehen zu werden. Und diese Pflege beginnen sie häufig bei nachtschlafender Zeit am frühen Ostermorgen, indem sie vor Sonnenaufgang, also ehe das Tageslicht die Wirkungen der Zauberei vereitelt, an eine versteckte Quelle oder einen abgelegenen Feldbach eilen und darauf, das Gesicht dem Osten zugewandt, stromabwärts ein Gefäls mit Wasser füllen. Dies tragen sie, ohne mit irgend jemand, der ihnen zufällig oder absichtlich begegnet, ein Wort zu reden, nach Hause und waschen sich zur Erhöhung ihrer Schönheit fleifsig damit. Dieses zauberkräftige Wasser kann man, ohne dass es faul wird, ein ganzes Jahr lang aufbewahren. Es verleiht einer Jungfrau Männer bedürfen eines solchen Schönheitselexiers nicht, da, wie die Erfahrung lehrt, selbst der hässlichste zum Heiraten immer noch reizend genug ist nicht nur ein blühendes, gesundes Aussehen, sondern es befreit sie auch von allerlei Gebresten, wie z. B. schlimmen Augen, offenen Wunden, Halsweh u. s. w. Ausserdem macht es krankes Vich gesund und verschafft im Notfalle auch leidenden Männern Linderung.

Die siebenbürgischen Sachsen waschen am Ostermorgen die kranken Augen mit Wasser, das aus zwei sich kreuzenden

Bächen geschöpft ist und murmeln dabei folgenden Zauberspruch: Der heilige Tobias ist blind geworden und bat Gott, dafs er ihn sehend mache. Und Gott machte ihn sehend. Da bat der Heilige Gott: Gieb mir die Kraft, böse Augen zu heilen, Blindheit zu brechen. Und Gott sprach: Wer böse Augen hat, der blicke auf eine Schwalbe 1) und spreche deinen Namen aus.)

Das heilkräftige Osterwasser wird in der Rhöngegend Ostertau genannt und gewöhnlich in der Nacht vor dem ersten Ostertag von den Mädchen gesammelt. Die jungen Burschen, denen dieser Gebrauch natürlich nicht unbekannt ist, beobachten gewöhnlich die schönheitssüchtigen Jungfrauen auf ihrem geheimen Gang von einem sicheren Versteck aus, brechen dann zur geeignetsten Zeit hervor und suchen sie durch allerlei Possen und Neckereien zum Sprechen zu nötigen, um dadurch das Wasser seiner Heilkraft zu berauben. Jedes Mädchen sucht am betreffenden Morgen zuerst an der Heilquelle zu sein und zum Zeichen, dass sie den andern den Rang abgelaufen hat, den Brunnenstock mit einem Fichtenkranz zu schmücken. In derselben Nacht legen auch die Burschen den Mädchen häufig Strohnester vor die Hausthüre, aber nicht etwa für den Osterhasen, der Eier hineinlegen soll, sondern nur, um ihnen einen Schabernack zu spielen. Je grösser dies Nest, desto grösser der Ärger des Mädchens, das es gewöhnlich schnell wegnimmt, ehe es die Leute bemerken. Sicherlich sieht ihr dabei der Übelthäter aus einem Versteck zu.

In ostpreussischen Dörfern lauern am Ostermorgen die Burschen den Mädchen auf, wenn diese mit gefüllten Melk

1) Die Schwalbe war der Ostara geheiligt. Derjenige, der sie tötete oder ihr Nest zerstörte, mufste befürchten, dafs sein Haus vom Blitz getroffen würde. 2) 3. Bd. 1. Heft: Ethnologische Mitteilungen aus Ungarn. Nach einem in Schmalkalden bekannten Aberglauben muss man am Ostermorgen die Füsse in kaltes Wasser stecken und dabei in einem Atemzuge sagen:

,,Wurm, Wurm, geh' in dein Nest,

Ich bin im Osterbad gewest."

Alsdann wird man das Jahr hindurch von keinem giftigen Tiere gebissen.

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