Sohn eines Schulmeisters geboren1) und ward, nachdem er das erforderliche Alter erreicht hatte, Bauschreiner, als welcher er Vorzügliches geleistet haben soll. Aufserdem zeichnete er sich durch schlagfertigen Witz und durch eine in seiner Umgebung ungewohnte Bildung aus. Letztere hatte er sich teilweise durch eigenes Studium so wie durch eine ausgedehnte Reise durch Europa erworben. Ausserdem war er ein talentvoller Karrikaturenzeichner, wie zwei von ihm herrührende, noch existierende Folianten beweisen. Von seinen Gedichten erfreut sich besonders sein Fuhrmannslied einer grofsen Popularität; möge es deshalb dahier eine Stelle finden: Nooch Baltimore geht unser Fuhr Mit dem bedeckte Waage; Der Turnpike 2) zeigt uns die Geschpur, En guter Schluck, Glück zu der Reifs, Der Dramm3), der steigt un fallt im Preiss So bloose die Posauner Mer fahre bis zum Blauen Ball 1), En deutscher Wirt, ein guter Schtall Un 's Zollhaus gegenüwer; Es singt en Lerch, es pfeift 'n Schtaar: ,,Die Freiheit isch uns liewer." 3) Schnaps. 4) Landwirtshaus. 5) Der irländische Wirt 1) P. 16. H. L. Fisher, Historical Sketch of the Pa. Germans. Chicago 1885. 2) Chaussee. Es regert sehr, der Pelz wert nass, Und ziege aus dem kleene Fass, Was taugt für unsere Maage: Seenscht net das, nau1), schun schpreier 2) geht? Mer bleiwe net dahinde, Un wer das Fuhrwerk recht verschteht, Den Dramm, den hen mer jetz verkauft, Jetz fahre mer vergnügt zu Haus, Und lere's in die Kaschte; En guter Schluck! Glück zu der Reifs! So bloose de Posauner Hot, Schimmel! hot, ei Brauner! Jetz henmer schun en gute Loth') Die wolln mer jetz heemzus graad Der Fuhrloh zaalt des Zehrgeld zrück, Mir sin ke Schalke Jauner! Dieses Lied wurde früher viel von den deutsch-pennsylvanischen Bauern gesungen, welche die Erzeugnisse ihrer Farmen, wie Mehl, Klee, Flachssamen, Thymian sowie selbstgebrannten Schnaps auf den Markt in Baltimore brachten. 1) Jetzt. 2) Schneller. 3) Verdriefslich. 4) Ladung. H. Harbaugh1), dessen Gedichte 1870 zu Philadelphia unter dem Namen,,Harbaugh's Harfe" erschienen, war reformierter Geistlicher und Professor der Theologie am Seminar in Mercersburg. Da sein Vater ein armer, mit zwölf Kindern gesegneter Farmer war, so konnte unser Dichter seinen Drang zum Studieren erst befriedigen, nachdem er sich in Ohio die dazu nötigen Mittel als Schreinergesell erarbeitet hatte. Er gründete die theologische Monatsschrift,,The Guardian" und redigierte 17 Jahrgänge derselben; aufserdem schrieb er mehrere englische Werke im Interesse seiner Sektenreligion. Trotzdem er sich nur in seinem Berufe fast ausschliesslich der englischen Sprache bediente, so war er doch ein echter DeutschPennsylvanier, der die Mundart seiner engeren Landsleute gewandt zu gebrauchen verstand. Alle seine Gedichte, von denen ,,Das alt Schulhaus an der Krick 2)" das bekannteste ist, zeichnen sich durch eine melancholisch-träumerische Färbung aus; er sehnt die alte idyllische Zeit zurück und findet in der Gegenwart nichts als Humbug und Schwindel. Bitter klagt er über die allgemeine Korruption, die sich bereits auf den Landmann erstrecke und alles Gefühl für Ehre und Recht untergrabe. ,,Vor Alters war es als en Sinn und Schand, Meh Schuld mache als m'r zahle kann; 's is net meh so: m'r gebt juscht Notis durch die Editors 3), M'r hat geklost 4), un det kumpaunde") mit de Creditors, Wer so betriegt, der is en Dschenntlmann. 1) Geboren 28. Oktober 1817 bei Waynsboro in Pennsylvanien, gestorben 28. Dezember 1867 zu Mercersburg. 2) Bach. 3) Zeigt in den Zeitungen an. 4) Closed, zugeschlossen. 5) Compound, sich mit den Gläubigern verständigt. Wie lebt m'r nau? Ich sehn, du weescht noch nix! 1) Bringt das Gesetz in Ordnung. 2) Agent. 3) verwaltet. Spruchweisheit. as Sprichwort bildet gewissermafsen ein Seitenstück oder eine Ergänzung zum Volksliede. Währenddem das letztere im Herzen des Volkes wurzelt, ist ersteres dem Kopfe und dem Verstande desselben entsprungen; es ist also vorzugsweise praktischer Natur. Es ist dem realen Tagesleben entnommen und zu einem Leitstern für dasselbe bestimmt. Es bringt die echte, unverfälschte Volksweisheit in knapper allgemein verständlicher und gröfstenteils derber Sprache zur Anschauung; es giebt lieber ein Wort zu wenig als eins zu viel, denn es weiss instinktiv, dafs es gerade durch diese Gedrungenheit des Ausdrucks desto sicherer im Gedächtnis haften bleibt. Die Sprichwörter enthalten die ethischen und sozialen Grundsätze des Volkes; sie gewähren uns ein treues Bild von dem im Volke herrschenden Gerechtigkeitsgefühle, und fällen über alle Fragen des öffentlichen und privaten Lebens oft ein sichereres und gereifteres Urteil als die gelehrtesten Philosophen. In allen Lagen des Lebens naht sich uns das Sprichwort mit Trost, Rat, Ermahnung und Strafe. Es lacht und weint es tritt auch zuweilen mit der Schellenkappe auf, um uns zu necken und zu foppen, aber es verläugnet dabei niemals seinen moralischen Ernst noch sein ehrliches Wohlwollen. Es ist verständlich für Hoch und Niedrig, Jung und K. Knortz, Amerikanische Volkskunde. 6 |