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Doch die Liebe zu den Kindern verleitet die Eltern auch leider zu oft dazu, die Fehler derselben zu übersehen und mit billigen Ausreden, wozu ihnen zahlreiche Sprichwörter als Vorwand dienen, zu entschuldigen. Jede Eule meint, ihr Junges sei ein Täubchen. Nur die Nachbarskinder haben weder Tugend, noch Lebensart; sie sind es, welche den Leuten die Fensterscheiben einwerfen, die Gärten plündern und den Katzen Blechkästchen an den Schwanz binden; der eigene Junge thut so etwas nicht und sollte er wirklich einmal an solchem Unfug teilnehmen, so haben ihn die bösen Nachbarskinder dazu verführt, und dieselben werden auch sicherlich noch ins Zuchthaus kommen.

Auf die Schule sind die Kinder im allgemeinen nicht gut zu sprechen, und den Vers:

,,O wie herrlich, o wie schön

Ist es, in die Schul' zu gehn",

singen sie nur auf schulmeisterlichen Befehl, niemals aber aus eigenem Antrieb. Der Knabe, der da nach Beendigung der Ferien wünschte, dafs jetzt die Schule abbrennen möge, hat gewifs den meisten seiner Kameraden aus der Seele gesprochen; noch mehr aber derjenige, der hinzufügte, dafs auch der Lehrer mitverbrennen möge.

Gelernt aber mufs werden, da hilft alles nichts. Und dieses Lernen hört mit der Schulzeit nicht auf, sondern fängt alsdann erst recht an, wenn sich ein Junge grade nicht vorgenommen hat, Aldermann in New York zu werden.

Das alte Sprichwort: ,,Handwerk hat goldenen Boden" hat in der Neuzeit dem Anschein nach seine Bedeutung verloren, denn die meisten Handwerker sind jetzt Fabrikarbeiter geworden, da ihnen durch die Grofsindustrie, welcher Millionen. zur Verfügung stehen, eine erfolgreiche Konkurrenz als unabhängige Meister fast zur Unmöglichkeit geworden ist. Trotzdem nun die veränderten sozialen Verhältnisse für Viele die Gründung einer gesicherten, unabhängigen Existenz, wenn auch

nicht unmöglich gemacht, so doch im Vergleich zu früheren Zeiten bedeutend erschwert hat, so glaubt doch noch jeder an die Wahrheit des guten Sprichwortes:,,Eigener Herd ist Goldes wert" und bestrebt sich auch, wenn er überhaupt Energie besitzt, es einmal zu einem solchen eigenen Herd zu bringen. Aber dieses Sprichwort hat auch seine Gegner, besonders in den grofsen Städten, wo es mancher, abgesehen von den hohen nicht für jeden zu erschwingenden Preisen des Grundeigentums, für angenehmer und bequemer findet, zur Miete zu wohnen, um sich dadurch nicht um die städtischen Steuern, um nötige Hausreparaturen zu bekümmern und sich mit sonstigen Plackereien befassen zu müssen und um, wenn ihm die Nachbarschaft oder der Hauswirt nicht gefällt, seine Möbel leicht nach einer anderen Wohnung schaffen zu können.

Schliesslich aber ist man doch nur in seinem eigenen Heim zu Hause; man befindet sich unter seinem eigenen Strohwisch wohler und freier, als unter dem Dache eines fremden Palastes. „Der eigene Rock wärmt mehr, als der fremde Pelz" sagt der Bulgare und der Engländer betrachtet sein Haus, und sei es noch so ärmlich, als sein Schlofs. Darin ist er König; es verleiht ihm Kraft und Sicherheit, denn,,der Fuchs beifst am schärfsten in seinem eigenen Loch", und

,Wer will meiden Ungemach,

Bleibe unter seinem Dach."

Gemütlich aber fühlt man sich in seinem Hause nur, wenn man es allein bewohnt; ist es schon schwer, unangenehmen Nachbarn aus dem Wege zu gehen, so ist es doppelt schwer, sich gegen widerwärtige Mitbewohner zu schützen. ,,Kein Haus ist grofs genug für zwei Familien", sagen die Amerikaner,,,Halbes Haus halbe Hölle", die Deutschen. ,,Klein, aber mein", hat daher schon mancher stolz an sein. Haus geschrieben.

Es hat stets auf mich einen wohlthuenden Eindruck gemacht, wenn ich, wozu ich in früheren Jahren häufig Ge

legenheit hatte, sah, dass junge Einwanderer, welche im amerikanischen Westen Arbeit und lohnenden Verdienst gefunden hatten, ihr Geld zusammenhielten und sich dann dafür bei der günstigsten Gelegenheit ein Grundstück kauften. Bald darauf erhob sich ein bescheidenes, nur aus zwei notdürftig möblierten Zimmern bestehendes Häuschen darauf, das aber immerhin Raum genug hatte, um das Glück einer fleifsigen, strebsamen und zufriedenen Familie aufzunehmen. Nach Jahren wurde dann ein grösseres Wohnhaus dazu gefügt und das alte als Küche benutzt. Jene Leute bauten stets mit ihrem eigenen, im Schweifse des Angesichts errungenen Gelde, denn sie wussten recht gut, dass derjenige, der dies mit fremden Geld unternimmt, sich Steine für sein Grab sammelt.

,,Aller Anfang ist natürlich schwer", am meisten aber, nach Goethe, der Anfang der Wirtschaft. Was aber wohl angefangen wird, das ist auch schon halb vollendet, und dazu gehört vor allen Dingen, dafs man sich in die Zeit und Umstände schickt, das Eisen schmiedet, wenn es warm ist, und dafs man sich mit der Kunst des Sparens vertraut macht. Sparen heifst verdienen, und das Sparen zur rechten Zeit hilft uns über die Regentage des Lebens hinweg. Dies ist jedoch eine Kunst, welche leider nicht viele, besonders Fabrikarbeiter verstehen, und die dann, wenn sie unfreiwillige Ferien haben, über die Schlechtigkeit der Menschen und Welt klagen und verlangen, andere sollen ihnen unter die Arme greifen. Man hüte sich daher vor einem Jeden, der mit seinem Gelde leichtsinnig und verschwenderisch umgeht; man sei sein Freund nicht, denn eine derartige Freundschaft ist doch nie von langer Dauer. Wer sparen kann, ist unabhängig, oder auf dem besten Wege, es zu werden.

Wenn es nun einer durch anhaltende Thätigkeit und systematisches Sparen zu einer gewissen Unabhängigkeit gebracht hat, dann pflegen dessen Neider gewöhnlich zu sagen, er habe Glück gehabt, und suchen mit der Abwesenheit desselben bei ihnen ihre eigene Erfolglosigkeit zu beschönigen

oder zu entschuldigen. Der Kaufmann, der gezwungen ist, Bankerott zu machen, klagt die Ungunst der Zeitverhältnisse dafür an, nicht aber seine eigene Unvorsichtigkeit, die ihn dazu bewog, sich in scheinbar verlockende Spekulationen einzulassen, oder die ihn vergessen liefs, in seinen Privatausgaben sich nach der Decke zu strecken.

Das Glück ist ein Zusammenwirken günstiger Umstände; es ist überall, man mufs es nur zu ergreifen wissen. Jeder ist daher seines Glückes Schmied; auf dasselbe aber ruhig mit den Händen in dem Schofse warten zu wollen, ist verkehrt; man mufs im Gegenteil die günstigen Umstände aufsuchen, oder herbeiführen, was natürlich im Schlafe nicht geschieht. Die Wünschelrute ist verloren gegangen, das Schatzgraben hat sich als vergebliche Arbeit herausgestellt und das Lotteriespielen ist glücklicherweise in den Vereinigten Staaten. verboten. Wenn man nun sagt, dafs der dümmste Bauer die dicksten Kartoffeln hat, so zeigt dies, abgesehen davon, dass die dicksten Kartoffeln der Köchin gerade nicht die angenehmsten sind, dafs doch wenigstens Etwas in der Welt weise eingerichtet ist; denn hätte ein Dummer nicht mehr Glück als ein Kluger, so würde die Lage des ersteren durchaus nicht beneidenswert sein.

,,Wer das Glück hat, der führt die Braut heim", heifst es, und wir hoffen, dafs der glückliche Bräutigam nicht nach der Hochzeit anderer Meinung wird.

Das Glück ist in mancher Hinsicht blind; es giebt dem Spieler oft die besten Karten in die Hand, aber es verleiht ihm nicht die Geschicklichkeit, dieselben zu verwerten. Wer Glück hat und nicht versteht, dasselbe fest zu halten, der hat bald Ursache, über die Unbeständigkeit desselben zu klagen und zu seufzen:

,,Glück und Glas

Wie leicht bricht das!"

Wer also das Glück erjagen will, der mufs nicht vergessen, dass nur dem Mutigen die Welt gehört. Als sich einst ein

spartanischer Junge beklagte, dafs sein Schwert zu kurz sei, da erhielt er von seiner Mutter die Antwort, dafs er einen Schritt weiter vorwärts gehen müsse; und Uhland sagt:

,,Ein kleiner Mann, ein grofses Pferd,

Ein kurzer Arm, ein langes Schwert,
Mufs eins dem andern helfen."

Wer den Mut verloren hat, hat alles verloren, denn das Leben ist ein Kampf oder ein Wettlauf, und wenn wir auch nicht alle den ersten Preis erringen können, so hat der wenigstens kein Anrecht darauf, der den müfsigen Zuschauer spielt.

Zum Erfolge im Leben sind nun zahlreiche Tugenden. erforderlich, die je nach den obwaltenden Verhältnissen mit Vorsicht und Umsicht angewandt werden müssen, wenn sie nicht geradezu verderblich wirken sollen. Dazu gehört nun z. B. die Bescheidenheit, die Jedem in seiner Jugend streng anbefohlen worden ist, weil man sich von deren Befolgung die günstigsten Resultate versprach.

Doch der Volksmund fügt dem Spruche:
,,Bescheidenheit ist eine Zier"

sarkastisch den ungrammatikalischen Schlufs

,,Doch weiter kommt man ohne ihr"

hinzu und zeigt dadurch, dass er kein allzugrofses Vertrauen in diese altmodische Tugendregel setzt. Und wie die Erfahrung lehrt, so hat er unstreitig recht, denn der Hochmut geht zum Tanze und freut sich, währenddem die Bescheidenheit die Rolle der Wandblumen spielt. Selten hat es derjenige, besonders hier in Amerika, zu etwas gebracht, der sein Licht stets bescheiden unter den Scheffel stellte, und es ist bezeichnend, dafs der amerikanische Schriftsteller William Mathews in seinem vielverbreiteten Buche,,Getting on in the World kein Wort zum Lobe der Bescheidenheit zu sagen hat, denn diese Tugend ist dahier oft genug ein Hemmnis. Hier sagt jeder:,,Ich bin grade so gut wie jeder andere und noch

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