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für den Kolonialdienst nach Belieben aus der Zahl der jungen Leute zu wählen, die das Abgangszeugnis einer höheren Zivil- oder Militärschule besaßen. Diese Administrateurs stagiaires genannten Anwärter hatten sich ein Jahr lang in einer zu Saigon errichteten Kolonialschule mit den die Angelegenheiten der Kolonie betreffenden Gegenständen näher vertraut zu machen und dann ein Examen abzulegen. Nach dessen Bestehen wurden die Stagiaires Administrateurs III. Classe und konnten dann, nach zweijährigem Dienste, wenn sie jedesmal in einem neuen Examen bestanden, bis zu Administrateurs I. Classe und Inspecteurs aufrücken. Jeder Klasse der Beamten wurden besondere richterliche oder Verwaltungsaufgaben zugeteilt, doch brachte es das Anfrücken im Dienst mit sich, daß jeder Beamte nach und nach in dem einen wie dem anderen Dienstzweige tätig war. Neben diesen besonders vorgebildeten Kolonialbeamten für den Kolonialdienst bestand indessen die Direction de l'intérieur in der Hauptstadt fort, welche ihr Personal aus der Zahl der Unteroffiziere und sonstigen Leute ohne höhere Bildung ergänzte. Es kam vor, daß Beamte dieses Dienstes, die mit Land und Leuten besonders vertraut waren, gelegentlich auch in höhere Posten aufrückten.

Um diesem Zustand ein Ende zu machen, wurde 1881 das Dekret von 1873 und damit die Schule in Saigon aufgehoben. Es wurde nun bestimmt, daß der Eintritt in den Zentral- wie den Provinzialdienst allen jungen Leuten im Besitze des Abgangszeugnisses einer höheren Schule im Alter zwischen 20 und 30 Jahren freistehen sollte. Die vom Gouverneur gewählten Kandidaten wurden sämtlich zunächst in der Direction de l'Interieur als Commis Redacteurs II. Classe beschäftigt und rückten, falls sie sich bewährten, nach zwei Jahren zu Redacteurs I. Classe auf. Nach einem weiteren Jahre erhielten sie die Stellung als Commis Principaux II. Classe und nach zwei weiteren und Ablegung eines Examens zu solchen I. Classe oder, falls sie ein Examen in der annamitischen Sprache bestanden, zu Administrateurs Stagiaires auf. Die weitere Laufbahn für diese beiden Kategorien war in Zwischenräumen von immer zwei Jahren das Aufrücken zum Sous-chef de Bureau II und dann in die I. Classe des Zentraldienstes. Wer in den Provinzdienst treten wollte, wurde vom Administrateur Stagiaire oder Souschef de Bureau zum Administrateur III nach zweijährigem Dienste befördert, immer unter Voraussetzung der Kenntnis der einheimischen Sprachen. Die weitere Laufbahn führte immer in zweijährigen Abständen zum Administrateur II. und I. Classe und dann nach dreijähriger Pause zum Rang des Administrateur principal.

Auch diese neue Einrichtung bewährte sich nur teilweise. Es meldeten sich zwar viele Anwärter für den Dienst, doch in den ersten Jahren brachten sie infolge ihrer Unkenntnis der örtlichen Verhältnisse wenig Nutzen, und wenn sie mit der Kolonie vertraut waren, mußten sie ge

wöhnlich des Klimas wegen auf langen Urlaub gehen oder ansscheiden. Dazu fand man, daß der praktische Dienst den Beamten selten genug Lust und Zeit zur Erlernung der Landessprachen ließ. Man verfiel daher auf eine andere Art von Vorbildung, die nicht allein den Bedürf nissen Indo-Chines, sondern auch denen der andern mittlerweile wichtig gewordenen Kolonien Genüge tun sollte.

Eine seit 1885 in Paris bestehende Anstalt für Ausbildung junger Eingeborener Kambodschas, der 1888 die Aufgabe gestellt worden war, auch Eingeborene anderer Kolonien in die europäische Zivilisation einzuführen, sollte das Mittel dazu abgeben. Der Kolonialminister TIRARD legte 1889 in einem Berichte dar, daß die eingeborenen Studierenden der Schule vortrefflich geeignet wären, um Anwärtern für den Kolonialdienst das Erlernen ihrer Muttersprachen zu erleichtern. Er setzte daher durch, daß ein Dekret vom 23. November 1889 die Anstalt von Grund aus umbildete. Der bisherige Hauptzweck, die Vorbildung junger Eingeborener, trat zurück hinter der Aufgabe der Schulung von Kolonialbeamten. Als Bedingung der Zulassung wurde das Abgangszeugnis einer höheren Schule und körperliche Tauglichkeit festgesetzt und dem Minister die Auswahl unter den Kandidaten anheimgestellt. Es wurden Vorlesungen über die Sprachen und Einrichtungen verschiedener Kolonien ins Werk gesetzt und bestimmt, daß die gewöhnlichen Anwärter drei Jahre lang, die rechtskundigen zwei Jahre lang die Anstalt zu besuchen hätten. Ein ausschließliches Recht auf die Posten in den Kolonien wurde den Zöglingen der Anstalt nicht verliehen, sondern es in des Ministers Belieben gestellt, auch andere Anwärter zu verwenden.

Der Erfolg der Maßregel war gering. Der Günstlingswirtschaft blieb zuviel Raum. Die Schule stand nicht in genügend enger Fühlung mit den Wünschen und Bedürfnissen der Kolonien. Söhne einflußreicher Familien, die sich höherer Posten auch ohne Vorbildung sicher fühlten, blieben der Schule meist fern. Einzelne Abänderungen halfen nichts. Auf verschiedene Klagen hin wurde eine parlamentarische Untersuchung veranstaltet, die 1896 zu einer gründlichen Verbesserung Anlaß gab. Die Aufnahme wurde abhängig gemacht vom Bestehen eines Examens in Volkswirtschaft, Kolonialgeschichte, Geographie, Topographie und modernen Sprachen. Die Kandidaten müssen zwischen 17 und 30 Jahre alt und körperlich wie in sittlicher Beziehung geeignet sein. Die Zahl der jährlich zuzulassenden Schüler wird von Zeit zu Zeit festgesetzt, und eine besondere Ausbildung für den Dienst im Commissariat colonial, der Administration pénitentiaire, der Administration centrale sowie für die Verwaltung in Indo-Chine und Afrika ist vorgesehen. Zur Schulung von Anwärtern fürs Aufnahmeexamen werden besondere Vorlesungen abgehalten. Die Studienzeit dauert zwei Jahre, und es wird niemand zum Kolonialdienst zugelassen, der nicht in jedem Fache bei den jährlichen Prüfungen

ZIMMERMANN, Kolonialpolitik.

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ausreichende Kenntnisse nachweist, und der nicht die in der Universität abgehaltenen juristischen Prüfungen besteht. Neben den wissenschaftlichen Vorlesungen sind körperliche und militärische Übungen vorgeschrieben. Eine Section commerciale hat die Aufgabe, Kaufleute und Pflanzer für die Kolonien auszubilden. Für Ausbildung junger Eingeborener der Kolonien blieb ein Internat bestehen.

Die Leitung der Anstalt, welche aus eigenem Vermögen, aus Zuschüssen der Kolonien und des Staats und aus einem Schulgeld von 570 Frs. jährlich erhalten wird, liegt in der Hand eines Verwaltungsrats von neun Männern und eines Beirats von 40 Personen. Beide Körperschaften werden vom Kolonialminister ernannt, erstere alle drei Jahre. Sie bestehen in der Mehrzahl aus Beamten des Kolonialministeriums. Die Lehrer sind zum Teil auch Beamte, zum Teil Universitätsprofessoren. Die Zahl der Anwärter beläuft sich durchschnittlich im Jahre auf 34, von denen etwa 25 das Aufnahmeexamen bestehen. Aber selbst diese kleine Zahl von Kandidaten findet nur selten allgemeine Verwendung im Dienste.

1889 war die Besetzung von 3/4 aller offenen Stellen mit Zöglingen der Schule in Aussicht genommen und 1/4 den aus dem unteren Dienst stammenden Kandidaten vorbehalten. 1892 wurde bestimmt, daß alle Stellen als Administrateurs de IV classe in Afrika mit Kolonialschülern besetzt werden sollten, aber bei allen höheren Posten wurde 1/3 anderen Anwärtern offen gehalten. 1894 wurde auch ein Teil der Plätze der IV. Klasse anderen Anwärtern als Kolonialschülern zugesprochen und gleichzeitig die Zahl der Schüler an der Schule für das zweite Studienjahr auf 60 beschränkt. 1896 wurde den Kolonialschülern nur noch 1/6 der Stellen als Administrateurs de IV classe vorbehalten, die Hälfte aufrückenden Unterbeamten zugeteilt und der Rest Schülern gewisser Anstalten, die eine bestimmte Prüfung bestanden. Ebenso wurde die Zahl der Plätze in höheren Stellungen für Kolonialschüler weiter beschränkt.

Ähnliche Beschränkungen für Kolonialschüler wurden im indochinesischen Dienste eingeführt. Anwärter aus dem Subalterndienste, dem Kolonialamte, aus der französischen Verwaltung, aus Heer und Marine haben jetzt in den indochinesischen Stellungen bessere Aussichten als Zöglinge der Schule.

Die Zulassung zum Kolonialdienste in Afrika ist seit 1896 für Abiturienten aller höheren Erziehungsanstalten wie der der Kolonialschule abhängig gemacht worden vom Bestehen eines Examens in Geschichte und Geographie Afrikas, Verwaltungs-, Finanz- und Zollwesen kolonialer Warenkunde, Englisch oder Deutsch. Wer die Prüfung besteht, hat eine Woche später noch ein schriftliches Examen im Berichtverfassen zu machen, ferner eine Probe im Ortsaufnehmen abzulegen und seine Sprachkenntnisse praktisch nachzuweisen.

Die Zahl der Kandidaten für diese Prüfung ist sehr gering. Es

melden sich selten mehr als vier. Umsomehr Anwärter stellen Heer und Marine und die Unterbeamten, für deren Auswahl keine Vorschriften bestehen. Man will dadurch, daß man der Schule kein Monopol einräumt, dem Großziehen des Bureaukratismus entgegenwirken, erreicht dieses Ziel anscheinend aber nicht.

In der Besetzung der Richterposten in den Kolonien ist das Kolonialministerium an keinerlei Beschränkungen gebunden. Es wählt nach Belieben Richter aus der Zahl der Justizbeamten der Kolonialschüler. Abgesehen von der Kolonialschule werden auch in der Ecole libre des sciences politiques und in der Kolonialschule zu Lyon Vorlesungen über alle Zweige der Kolonialpolitik gehalten. Auch in der Militärschule von Versailles finden zur Ausbildung der nach den Kolonien gehenden Militärs koloniale Vorlesungen statt.

In Deutschland besteht bisher keine eigentliche Kolonialbeamtenlaufbahn. Man hat die Stellen der Gouverneure und Landeshauptleute fast durchweg in der Regel mit Militärs oder Juristen besetzt. Eine besondere Vorbildung ist in der Regel nur von den in den Kolonien verwendeten Post- und Zollbeamten, Vermessungsoffizieren und Lehrern verlangt worden. Für diesen Zweck wird das seit 1887 in Berlin bestehende Orientalische Seminar verwendet. Diese Anstalt diente anfänglich nur dem Studium orientalischer Sprachen in ihren gegenwärtigen Formen und verfügte dazu neben deutschen, akademisch gebildeten Lehrern über eine Menge eingeborener Assistenten aus den betreffenden Ländern. Sie kam in dieser Form besonders für Anwärter auf den Dragomanatsdienst in Betracht. Seit 1893 sind neben den sprachlichen Übungen auch noch Vorlesungen über Kolonial- und Wirtschaftsgeschichte, Kolonialrecht, Tropenkulturen, Tropenhygiene, geographische Ortsbestimmungen und Anthropologie eingerichtet worden, welche besonders für Personen, die sich für koloniale Tätigkeit vorbereiten, berechnet sind.

Die von den Fachministerien beurlaubten Post- und Zollbeamten, Techniker, Lehrer u. dgl. werden dem Seminar durchschnittlich für 1 Jahr zur Ausbildung überwiesen, ehe sie in den Kolonien verwendet werden. Auch die für besondere geographische Zwecke bestimmten Offiziere machen Kurse am Seminar und den mit ihm zusammenhängenden wissenschaftlichen Anstalten durch. Für Verwaltungsbeamte und Juristen, die in den Kolonialdienst treten wollen, besteht dagegen eine solche Notwendigkeit nicht, da man bei den günstigeren Bedingungen, welche der heimische und der Konsulardienst bieten, nicht genügend Anwärter zu finden fürchtet. Bei der geringen Zahl der in Betracht kommenden Stellen und der Schwierigkeit, unter den bestehenden schlechten klimaschen Bedingungen allzulange in den Kolonien zu dienen, ist vor der Hand an die Schöpfung einer eigenen Koloniallaufbahn nach der Auffassung maßgebender Stellen nicht zu denken. Neuerdings waren einzelne

juristische Anwärter ein Jahr lang den Handelskammern der Hansestädte zur Schulung in kaufmännischen Angelegenheiten überwiesen.

Der Kolonialrat hat sich seit 1892 wiederholt mit der Frage der Vorbildung der Kolonialbeamten beschäftigt. 1894 betraute er einen besonderen Ausschuß mit dem Studium der Angelegenheit. Unter Berücksichtigung der in Holland, England und Frankreich gemachten Erfahrungen erklärte dieser Ausschuß bei der damaligen Lage der deutschen Kolonien die Bildung eines besonderen Kolonialbeamtenstandes nicht für empfehlenswert. Er empfahl jedoch, den Lehrkreis des Orientalischen Seminars zu erweitern, Anwärtern für den höheren, subalternen und Militärdienst Beihilfen zum Besuch des Seminars zu gewähren, die Kandidaten für den höheren Dienst eine zeitlang bei deutschen Konsulaten in fremden Kolonien zu beschäftigen und die bestvorgebildeten Persönlichkeiten bei Anstellungen besonders zu berücksichtigen. Der Kolonialrat schloß sich dieser Auffassung an, betonte aber ausdrücklich, daß zur Zeit der Kolonialverwaltung freie Hand in der Auswahl der Beamten gelassen werden müsse. Auch eine nochmalige Anregung zur Schaffung einer besonderen Kolonialbeamtenlaufbahn, die im Oktober 1896 im Kolonialrat zur Sprache kam, fand nicht den Beifall der Körperschaft.

Trotzdem hat die Kolonialverwaltung im Juni 1902 beschlossen mit der Ausbildung von Kolonialanwärtern einen Versuch zu machen. Es sollen tropentaugliche Leute im Alter unter 23 Jahren, die das Reifezeugnis einer höheren Schule haben, zunächst 1 Jahr lang in Kasse, Kalkulatur und Registratur sowie am Orientalischen Seminar vorgebildet und dann zweimal je 2 Jahre, unterbrochen durch einen Heimatsurlaub, in Ostafrika beschäftigt werden. Wer nach Ablauf jeder Dienstporiode ein Examen in Landeskunde, Verwaltung, Hygiene und praktischem Dienste besteht, wird alsdann nach Berlin beurlaubt, um am Orientalischen Seminar und an der Universität juristische und Verwaltungskenntnisse zu erwerben und nach 1/2-2 Jahren eine weitere Prüfung abzulegen. Wer sie besteht, kommt wieder nach Ostafrika und kann nach 2 Jahren etatmäßiger Sekretär und später Bezirksamtmann oder dgl. werden. Jeder Bewerber hat sich auf 10 Jahre zu verpflichten. Tritt er nachher aus andern als gesundheitlichen Gründen zurück, so hat er die Ausbildungskosten zu erstatten.

Der Vorschlag der Kolonialverwaltung fand den Beifall des Kolonialrats. Im Etat für 1905 sind daher die nötigen Mittel für den Versuch eingestellt worden.

In letzter Zeit hat auch der Kongostaat Maßnahmen zur besseren Vorbildung seiner Beamten getroffen. Schon 1901 wurden koloniale Vorlesungen im Institut supérieur de commerce zu Antwerpen eingerichtet. 1903 entschloß sich die Regierung, auch in Brüssel derartige Vorträge von sachkundiger Seite zu veranstalten. Es ist gleichzeitig ein Plan für

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