Изображения страниц
PDF
EPUB

Die Behandlung der Leute gab hier von Anfang an zu vielen Klagen Anlaß. Die Beamten, welche fast unbeschränktes Selbstbestimmungsrecht besaßen, regelten die Lage der Sklaven ganz nach ihrem Belieben. Sie machten sich größter Willkür und Grausamkeiten gegen sie schuldig und verübten grobe Unsittlichkeiten. Die Gerichtsbarkeit lag ausschließlich in den Händen der Pflanzer, die lange Zeit für jedes Vergehen eines Sklaven auf Tod erkannten. Der Besitzer erhielt für den Hingerichteten von der Gemeinde Ersatz. Bald zeigte sich, daß die geknechteten Schwarzen den Tod nicht fürchten, da sie auf ein Paradies hofften, wo sie die Herren und die Weißen die Sklaven sein würden. Darauf kam Abschneiden von Zunge und Ohren, Entmannen und Zwangsarbeit der Verstümmelten bei den Gerichten auf die Tagesordnung. Noch grausamer waren die von den Pflanzern verhängten Strafen. Es ist vorgekommen, daß ein solcher einem Neger Finger, Zehen und Zunge abgeschnitten und ihn gezwungen hat, sie aufzuessen. Vergebens versuchten einzelne Gouverneure dem Unwesen zu steuern, die Strafgewalt der Sklavenhalter einzuschränken und die Ermordung von Sklaven nach holländischem Rechte zu bestrafen.

Die Folge dieser Ausschreitungen waren unaufhörliche Fluchtversuche und Erhebungen der Schwarzen. Trotz der Aussetzung hoher Prämien auf die Köpfe der Flüchtlinge, militärischer Expeditionen u. dgl. sammelten sich im unwegsamen Innern Surinams Mengen geflüchteter Sklaven, welche die Entwickelung der Kolonie schwer beeinträchtigten. Man hat schließlich die vorgeschobenen Pflanzungen durch Militärkordons schützen und besondere Streifkorps gegen die Maroons errichten müssen, ohne jemals ihrer Herr werden zu können.

V.

Männer wie GROTIUS und HOBBES haben im 17. Jahrhundert die Sklaverei, an deren Notwendigkeit und Gerechtigkeit übrigens keine Regierung zweifelte, theoretisch verteidigt. Sie führten für sie die Bibel. ins Feld, worin schon die Ungleichheit der Rassen ausgesprochen sei, das in der Natur begründete Recht des Stärkeren und das Kriegsrecht. Es ist richtig, daß gelegentlich auch andere Ansichten laut geworden sind. So hat BODIN in seiner 1577 erschienenen Schrift De republica die Sklaverei grundsätzlich verworfen und ihre Abschaffung nach hinreichender Ausbildung der Neger im Handwerk u. dgl. befürwortet. Der Holländer ASSELINCX hat auch schon 1622) nachgewiesen, daß Sklavenarbeit sich teurer stelle als freie, und die Erziehung der Sklaven zu freien Arbeitern empfohlen. Die Quäker ferner haben die Sklaverei aus reli

1) Levendich Discours.

giösen Gründeu bekämpft. Solche Stimmen waren aber vereinzelt und wirkungslos. Es hat Jahrhunderte gedauert, ehe in weiteren Schichten. des gebildeten Publikums sich ernstliche Abneigung gegen den Menschenhandel und die Sklaverei zu regen begann. Die Wortführer der Bewegung waren J. LOCKE, MONTESQUIEU (Esprit des lois. XV. 1, 2, 5), VOLTAIRE (Essai sur les moeurs), ROUSSEAU (L'origine de l'inégalité), SCHWARTZ (Réflexions sur l'esclavage), TURGOT (Lettre au docteur Price. Reflexions), ADAM SMITH, STEUART 1), J. St. MILL, H. BROUGHAM. Sie bekämpften die Sklaverei aus Gründen der Menschlichkeit und Sitte wie des Naturrechts und der Volkswirtschaft. In letzterer Hinsicht wurde. besonders auf den geringen Ertrag der erzwungenen Arbeit und die große Sterblichkeit der Sklaven bei rücksichtslosem Zwange hingewiesen. Man behauptete, daß bei Umwandlung der Sklaven in freie Pächter, welche den früheren Herrn nur einen Teil ihrer Ernteerträge abzuliefern hätten, alle Beteiligten sich besser stehen und die Kolonien im ganzen gewinnen würden. Von dieser Ansicht ansgehend, hat z. B. der mit den Verhältnissen Guyanas vertraute Baron BESSNER gelegentlich einer 1763 vom Minister CHOISEUL veranstalteten Enquete die allmähliche Abschaffung der Sklaverei empfohlen. Andere, wie JEAN BAPTISTE SAY2), erachteten diese Auffassung für irrig. Sie rechneten aus, daß ein Sklave durchschnittlich im Jahre 500 Frs. mehr wie ein freier Arbeiter einbringe. Aber sie bekämpften trotzdem die Sklaverei, da der Nutzen allein in die Tasche der Pflanzer fließe und es nicht angezeigt sei, für sie die Nation als Ganzes zu belasten und Gerechtigkeit und Menschlichkeit gröblich zu verletzen.

Trotz der Ausführungen der Menschenfreunde und der Abneigung der gebildeten Klassen würde wahrscheinlich ein entscheidender Schritt gegen diese Einrichtung sobald nicht erfolgt sein ohne das Eintreten außergewöhnlicher Umstände. Die Kolonisten wie die Regierungen blieben nämlich dabei, den Fortbestand der Sklaverei als unentbehrlich für das Wohl der Kolonien zu betrachten. DUBUC, der Leiter der kolonialen Angelegenheiten in Frankreich, gab nur der allgemeinen Überzeugung Ausdruck, wenn er 1785 erklärte:,,Neger und Lebensmittel für Neger, das ist der Inbegriff der Kolonialpolitik". Aber die französische Regierung kam sehr bald zum Bruch mit den überlieferten Ansichten auf diesem Gebiete der Verwaltung wie auf anderen. Schon 1787 gründeten BRISSOT, SIEYES und CONDORCET die Société des Amis des Noirs, welche vom Gesichtspunkte der Menschenrechte, der Freiheit und Gleichheit eine lebhafte Agitation zugunsten der Befreiung der Negersklaven eröffnete. Je lebhafter die Vertreter der Kolonisten diesen Klub

1) Inquiry into the principles of political economy. London 1767.
2) Traité d'économie politique. Paris 1803.

anfeindeten und seine Wortführer als bestochen von England, um die französischen Kolonien zu ruinieren, darstellten, um so größeren Beifall fanden sie bei den erregten Volksmassen. Neunzehn der Cahiers des Etats généraux von 1789 forderten baldige Aufhebung der Sklaverei, fünfzehn verlangten Milderungen und Verbesserungen der für sie bestehenden Gesetzgebung, neun empfahlen sofortiges Verbot des Sklavenhandels, und nur eines, das des III. Standes der am Sklavenhandel stark interessierten Stadt Nantes, trat für Schutz dieses Handels ein.

Bei dieser Lage war es selbstverständlich, daß die Frage sehr bald im Parlament zur Sprache gebracht und die Aufhebung der Sklaverei angeregt wurde. Die Amis des Noirs waren ebenso tätig in den Kolonien, besonders in der entwickeltsten, St. Domingue, wie im Mutterlande. Dank der wachsenden Willkür und Grausamkeit gegen die Schwarzen seitens der Pflanzer, welche mit Gewalt der Bewegung steuern zu können hofften, hatte ihre Agitation raschen Erfolg. Überall begannen die freien Neger, welche nach voller Gleichberechtigung mit den Weißen strebten, wie die Sklaven sich zu organisieren. Die Pflanzer setzten umsonst alle Hebel in Frankreich an, um der Bewegung zu steuern. Sie erreichten allerdings, daß das Parlament das von den Amis des Noirs angeregte Verbot des Sklavenhandels nicht aussprach, die Menschenrechte nicht auf die Kolonien ausdehnte und 1790 sogar schwere Strafen gegen alle Leute verhängte, welche an den Negererhebungen in den Kolonien Schuld trugen. Aber dieses Verhalten brachte nun die freien Farbigen der Kolonien, welche bisher zu den Pflanzern gehalten hatten, in Aufregung. Ein blutiger Aufstand brach in St. Domingue aus, der das Parlament im Mai 1791 bewog, den von freien Eltern stammenden Farbigen ohne weiteres die Gleichstellung mit den Weißen zu gewähren und nur über die politischen Rechte der Freigelassenen die Entscheidung bei den Kolonien zu lassen. Außerdem wurde festgesetzt, daß Sklaven beim Betreten Frankreichs die Freiheit erlangten. Als die Kolonisten dieses Dekret nicht ausführten und sogar seine Rücknahme beim Parlament durchsetzten, wurde die Erhebung in St. Domingue allgemein. Die von Frankreich dorthin entsandten Regierungskommissare wußten sich nicht anders zu helfen, als daß sie am 29. August 1793 auf eigene Faust die Sklaverei1) in dieser Kolonie für aufgehoben erklärten. Ihre Berichte bewirkten, daß der Konvent, der schon am 27. Juli 1793 kurzer Hand die Prämien für Negerverschiffung nach den Kolonien aufgehoben und allen Franzosen den Sklavenhandel verboten hatte, am 4. Februar 1794 den Schritt guthieß, die Sklaverei für alle französischen Kolonien auf der Stelle abschaffte und die Farbigen in jeder Hinsicht den Weißen gleichstellte!

1) Dänemark, dessen westindischer Besitz hauptsächlich dem Sklavenhandel diente, hatte schon am 16. März 1792 unter dem Druck der Umstände seinen Untertanen Kauf, Verkauf und Transport von Sklaven verboten.

Praktische Folgen hatte diese Gesetzgebung nicht, da St. Domingue mit den andern Antillen damals zeitweilig von England erobert wurde. und Isle de France wie Bourbon die Dekrete nicht ausführten. Nach der Rückgabe eines Teils der Kolonien durch England herrschten in ihnen unumschränkt die französischen Generäle und in St. Domingue sowie in dem spanischen Teile der Insel der Negerführer TOUSSAINT LouVERTURE, welche die befreiten Sklaven rücksichtslos zur Arbeit und zu Abgaben zwangen. - Als NAPOLEON Herr der Geschicke Frankreichs geworden war, trug er dieser Lage Rechnung. 1802 setzte er die ehemalige Sklavengesetzgebung für alle Gebiete, wo die Aufhebung der Sklaverei nicht zur Tatsache geworden war, d. h. für Isle de France, Bourbon, Martinique, Tabago und Ste. Lucie, wieder in Kraft. Die Papiere aller freien Neger sollten einer sorgsamen Prüfung unterzogen und Mischehen zwischen Schwarzen und Weißen möglichst verhindert werden. 1803 wurde sogar wieder eine Prämie und zwar von 150 Frs. für Einfuhr von Sklaven nach Martinique versprochen und der Versuch gemacht, auch in St. Domingue die Sklaverei wieder einzuführen. Ehe er zur Verwirklichung gelangte, ging die Insel niit dem größten Teile des französischen Besitzes aufs neue an die Engländer verloren, und ihnen war es beschieden, das Werk der Revolutionsparlamente zu vollenden.

VI.

In England haben die Behörden der Sklavereiangelegenheit nicht minder teilnahmslos gegenübergestanden wie in Frankreich. Die einzigen Stimmen, die dagegen gelegentlich vernehmbar waren, gehörten den Sekten der Quäker und Wesleyaner an, bis im 18. Jahrhundert einzelne Philosophen und Menschenfreunde für die Neger eintraten. 1772 wurde anläßlich eines Prozesses zum erstenmal ein englisches Gericht zur Aufstellung des Grundsatzes bewogen, daß jeder Sklave durch Betreten englichen Bodens ohne weiteres die Freiheit erlange. Während der 80 er Jahre des 18. Jahrhunderts wurde wiederholt beim Unterhause um ein Verbot des Sklavenhandels und die Bestrafung von Ausschreitungen gegen Sklaven petitioniert. Obwohl der Minister LORD NORTH den Sklavenhandel als unentbehrlich bezeichnete, setzte 1785 die Universität Cambridge zwei Preise auf die Beantwortung der Frage, ob es rechtlich zulässig sei, jemand gegen seinen Willen zum Sklaven zu machen. Die 1786 veröffentlichte Preisarbeit CLARKSONS, welche die Sklaverei und den Sklavenhandel verurteilte, gab den Anlaß zur Gründung des Vereins für Beseitigung des Sklavenhandels, in dem W. WILBERFORCE und GRANVILLE SHARP neben CLARKSON die Hauptrolle spielten (1787).

Diese Gesellschaft tat sogleich praktische Schritte zur Verwirklichung

ihrer Ideen. Sie rief die Schöpfung einer besonderen Niederlassung in Westafrika, der späteren Kolonie Sierra Leone, zur Unterbringung befreiter Negersklaven, die meist aus den abgefallenen Vereinigten Staaten stammten und der englischen Regierung während des Krieges Dienste geleistet hatten, ins Leben und trat mit der in Frankreich entstandenen Vereiniung der Amis des Noirs in enge Fühlung. Wie diese wirkte die englische Liga in Wort und Schrift gegen die Greuel des Menschenhandels. Auf ihre Veranlassung veranstaltete das Board of Trade 1788 eine Untersuchung über die Bräuche bei Ankauf, Versendung und Verkauf von Sklaven, sowie über die Bedeutung des Sklavenhandels für den Gesamthandel Englands. Die Enquete erregte die größte Entrüstung bei den Vertretern der kolonialen Interessen und den Sklavenhändlern, und sie setzten alle Hebel an, um eine Änderung auf diesem Gebiete zu hintertreiben. Doch die Verwaltungen der größten Städte Englands, die Universitäten, die Hochkirche und andere einflußreiche Körperschaften Englands forderten entschieden das Verbot des Menschenhandels, und Minister PITT sah sich veranlaßt, 1788 die Angelegenheit im Unterhause zur Sprache zu bringen. Die angesehenen Abgeordneten Fox und BURKE traten hier unumwunden für die Beseitigung des Sklavenhandels ein. Nur die Vertreter Liverpools wagten ihn zu verteidigen. Das Unterhaus beschloß, die Frage bei der nächsten Tagung in eingehende Erwägung zu ziehen. Ehe es noch dazu kam, entschloß sich PITT auf Grund von Untersuchungen in Liverpool ein Gesetz einzubringen, welches vor der Hand wenigstens eine bessere Behandlung und Unterbringung der Sklaven auf der Seereise bezweckte. Als der Entwurf im Oberhause zu Falle gebracht wurde, veranlaßte er sofort die Vorlegung eines zweiten und eines dritten Gesetzentwurfs. Der letzte wurde durchgesetzt und trat schon Mitte 1788 in Kraft.

Wenige Monate später begann seitens der Lords des Privy Council eine umfassende Enquete über den Negerhandel, deren Ergebnis im April 1789 dem Parlament vorgelegt wurde. Die Vertreter der Sklavereiinteressen wußten trotz der Empörung, welche der Inhalt der Feststellungen des Privy Council überall erregte, eine Beschlußfassung des Unterhauses. lange zu verzögern und schließlich eine weitere Enquete durchzusetzen. Besonders führten sie die tiefe Kulturstufe der Neger, die Gefährdung der englischen Finanzen und der Kolonien sowie das hilflose Schicksal der freigelassenen Sklaven gegen die Bestrebungen der Negerfreunde ins Feld. Nicht ganz ohne Wirkung auf weitere Kreise des Publikums werden wohl auch die großen Gewinne gewesen sein, welche der Sklavenhandel gerade damals, wo England das Weltmeer zu beherrschen anfing, abwarf. Die Negerfreunde, welche die Gesinnungsgenossen in Frankreich vergeblich zu rascherem Vorgehen zu bestimmen versuchten, um dadurch auf die öffentliche Meinung in England einzuwirken, mußten sich gedulden, bis die Vernehmungen der Sachverständigen zu einem

« ПредыдущаяПродолжить »