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Mächte waren aber auf Grund ihrer Festsetzung in China und des 1859 ihm aufgezwungenen Vertrages lange Zeit hindurch in der Lage, ohne weiteres Leute aus China zu beziehen. Die andern Staaten waren auf ihren oder Niederländisch-Indiens guten Willen und Vermittlung angewiesen. Sie mußten sich bequemen, wenn sie überhaupt Kulis haben wollten, die ihnen von den Vermittlern auferlegten Bedingungen zu erfüllen. Die Verwendung größerer Mengen chinesischer Arbeiter in den deutschen Schutzgebieten 1) ist daran gescheitert.

England hat es wiederholt in Afrika mit chinesischen Kulis ver.sucht. Sie haben indessen an der Goldküste das Klima nicht zu ertragen vermocht. Neuerdings hat es sich entschlossen, dem Arbeitermangel in den südafrikanischen Goldminen durch Chineseneinfuhr abzuhelfen. Das Ergebnis dieser viel angefeindeten Maßnahme läßt sich noch nicht übersehen.

III.

Polynesische Arbeiter kommen besonders für Australien und die pazifischen Kolonien in Betracht. Ihre Verwendung in größerem Maßstabe hat zuerst der Direktor der Royal Bank of Australia BENJAMIN BOYD während der vierziger Jahre versucht. Er ließ die Leute, wie es eben ging, in den Neuen Hebriden anwerben und verwendete sie als Schäfer und ländliche Arbeiter. Sie bekamen außer dürftigster Verpflegung und Kleidung Six pence Lohn für die Woche. Die Leute erwiesen sich für die ihnen zugemutete Arbeit wenig geeignet. Sie entliefen bald und bettelten sich halbnackt nach Sydney, wo die Mission sich ihrer annahm. Besser bewährten sie sich in den Pflanzungen der tropischen Kolonien des Pazifischen Meeres. Für sie entwickelte sich denn auch, besonders während der siebziger Jahre, ein regelmäßiger Arbeiterhandel aus den Neuen Hebriden, dem Bismarckarchipel und den Salomonsinseln. Die französischen Kolonien im Pacific, die Fijiinseln, Queensland und Samoa waren die Hauptabnehmer.

Dieser Verkehr hat sich lange Zeit vom Sklavenhandel wenig unterschieden. Die Anwerbung der Leute geschah meistens mit List oder Gewalt und führte zu allerlei blutigen Kämpfen und Ausschreitungen. Die Angeworbenen wurden wie Sklaven behandelt und nach Ablauf der Dienstzeit oft nicht nach ihrer Heimat, sondern nach fremden Inseln geschafft, wo sie umkamen. Eingeschritten gegen diese Mißbräuche ist zuerst England. Es ließ durch seine Kreuzer die Werbeschiffe über

1) Versuche damit sind in Neuguinea und Deutsch-Ostafrika gemacht worden. Ein abschließendes Ergebnis ist nicht erzielt worden, da man bei der Auswahl der Leute auf den wenig guten Willen der Behörden in Singapore und Java angewiesen war und sich der Bezug der Leute aus zweiter Hand zu teuer stellte.

wachen und veranlaßte die Kolonien zum Erlaß von Gesetzen zum Schutz der Kanaken. 1868 erging in Queensland die erste Polynesian labourer Act. 1872 wurde sie ergänzt durch Einführung von Lizenzen für die Werbeschiffe, Auferlegung von Garantien für Beachtung der Vorschriften, Regelung der Beaufsichtigung der Werber und Androhung hoher Strafen für Menschenraub. 1875 mußten diese Bestimmungen durchweg verschärft und 1880 weiter ausgebaut werden. Nach diesem Gesetz hatte jedes Werbeschiff 500 Pfd. Sterl. Garantie bei Nachsuchung der Lizenz zu hinterlegen. Für jeden Angeworbenen waren 30 Schilling Werbegeld und 5 Pfd. Sterl. für Rücksendung im voraus zu zahlen. Die Einrichtung und Ausrüstung der Schiffe wurde vorgeschrieben und jedem Werbeschiff ein Regierungsagent mit großen Vollmachten beigegeben.

Trotz dieser Anordnungen wollten die Klagen über den Kanakenhandel nicht zur Ruhe kommen. Die Queensländer Regierung sah sich 1884 zu einer Enquete veranlaßt, und dabei wurde von Sachkennern behauptet, daß trotz aller Strafandrohungen kaum ein Kanake richtig angeworben werde. Infolgedessen verbot Queensland 1885 die weitere Anwerbung von Kanaken nach dem Jahre 1890. Hiergegen erhoben sich indessen seine zahlreichen und einflußreichen Zuckerinteressenten, welche ohne Kanaken ihre Industrie ruiniert sahen. Es gab damals in Queensland 9-10 000 solcher Arbeiter, deren Kosten sich abgesehen von Lohn und ärztlicher Pflege auf 221/2 Pfd. Sterl. pro Kopf stellten. Jeder Erwachsene erhielt täglich 1/2 Pfd. Brot, 1 Pfd. Fleisch, 50 Unzen Zucker, 1 Unze Thee, 3 Pfd. Kartoffeln und wöchentlich 12 Unzen Tabak, 2 Unzen Salz, 4 Unzen Seife sowie freie Kleidung. Spirituosenverkauf an Kanaken war verboten. Vor dem Gesetz standen sie den Weißen gleich.

Auf die Klagen der Zuckerindustriellen hin wurde 1892 die Anwerbung wieder erlaubt. Die Angelegenheit kam im englischen Parlament zur Sprache, doch wurde von ihm, trotzdem alle Redner den Kanakenhandel mißbilligten, nichts veranlaßt. Nachdem das Parlament des australischen Bundes 1901, trotz des Widerstands Queenslands, auf Betreiben der weißen Arbeiter vom 1. April 1904 an die weitere Zulassung von Kanaken in Australien verboten hat, dürfte indessen diesem Arbeiterhandel für Queensland ein Ende bereitet sein.

Nach den Fijiinseln, Samoa, sowie den französischen, deutschen und amerikanischen Besitzungen im Stillen Ozean dauert er noch fort. Hier bestehen überall ähnliche Gesetze wie in Queensland zur Überwachung der Werbeschiffe und zum Schutze der Kanaken in den Pflanzungen wie auf der Reise. Jede Nation hat heute ihre Besitzungen für Werbeschiffe fremder Völker gesperrt.

IV.

MERIVALE findet noch in der 1861 erschienenen neuen Auflage seiner Lectures gegen die Verwendung von Kulis nichts einzuwenden, vorausgesetzt, daß Anwerbung, Transport und Behandlung der Leute sich ohne Unregelmäßigkeiten vollzögen. Störend daran erklärt er nur, daß die Kulis, da sie nach gewissen Fristen die Kolonien wieder verließen, ihre Entwickelung nicht genügend förderten, sowie, daß sie gewöhnlich bei der einheimischen Bevölkerung unbeliebt seien. Seine Auffassung wird geteilt von den meisten Praktikern, welche die gegen den Kulihandel immer wieder erhobenen Beschwerden als stark übertrieben bezeichnen. LEROY BEAULIEU ist indessen gänzlich abweichender Meinung. Er findet, daß der Kulihandel nur dem Anschein nach menschlicher als der Sklavenhandel sei. Die angeblich freiwilligen Arbeitsverträge seien gewöhnlich betrügerischer Weise und mit Ausnützung der Unwissenheit der Leute zustande gebracht. Weder moralische Bedenken noch Rücksicht auf die Freiheit der Leute würden beachtet. Dazu brächten die Kulis fremde religiöse und sittliche Anschauungen in die Kolonien. Für ihren Unterhalt müsse man mehr Lebensmittel haben, als die Kolonie erzeuge, und sie außerhalb kaufen. Dafür und für den Lohn der nach der Heimat zurückkehrenden Leute flösse leicht mehr Metallgeld ab als wünschenswert. Die starke Zufuhr von Kulis führe ferner zu übermäßiger Erzeugung gewisser gut zahlender Produkte. Damit werde ein rascher Wechsel der Produktion bei Anderung der Konjunktur unmöglich, und der Fortschritt und die Entwicklung der Kolonie würden ebenso wie die soziale Entwicklung gehemmt. Kurz die Verwendung von Kulis ziehe auf die Länge dieselben wirtschaftlichen und politischen Nachteile nach sich wie die Sklaverei. Wenn auch in einzelnen Fällen, wie z. B. für die Nickelbergwerke in Neukaledonien, Indochinesen und Japaner unentbehrlich seien, so solle die Regierung das nur dulden, aber nicht fördern.

IX. Strafkolonisation.

Literatur. De Alfaro, Observations sur le système penitentiaire. Paris 1864. De Blosseville, Histoire de la colonisation pénale... en Australie. 1859. F. F. Bruck, Fort mit den Zuchthäusern. Breslau 1894; ders., Neudeutschland und seine Pioniere. 1896.; ders., Gesetzliche Einführung der Deportation. 1897. Foinitzki et Bonet-Maury, Transportation russe et anglaise. Paris 1895. A. Girault, La Colonisation pénale. Congrès international colonial. Paris 1901. Holtzendorff, Deportation als Strafmittel, Leipzig 1859. - Kennan, Siberia. 1891. D. Levat, Utilisation de la main-d'oeuvre pénale. Paris 1901. Mimande, Criminopolis. Paris 1897. M. Pain, Colonisation pénale. Paris o. J.-Pierret, Transportation et colonisation pénale. Paris 1892. Teisseire Colonisation pénale et rélegation. Paris 1893.

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P.

I.

Die Sendung von Verbrechern zur Zwangsarbeit nach überseeischen Gebieten ist so alt wie die moderne Kolonialpolitik. Schon bei den Vorbereitungen für eine dritte Fahrt nach Amerika 1497 regte KOLUMBUS, angesichts der geringen Neigung freier Leute zur Übersiedelung nach der neuen Welt, die Mitgabe von Verbrechern an. Durch ein Dekret vom 22. Juni 1497 genehmigte der König FERDINAND von Spanien die Deportation verschiedener Klassen von Verbrechern, und die 1498 abgesandte Expedition zählte unter ihren 200 Teilnehmern eine Anzahl Sträflinge. Häufig haben von da an solche Deportationen stattgefunden. Die Verbrecher wurden erst als Zwangsarbeiter behandelt, dann aber je nach den Umständen häufig freigelassen, wenn sie nicht schon selbst entsprungen waren. Die Ausschreitungen gegen die Eingeborenen und die Verrohung der Sitten in vielen der spanischen Niederlassungen dürfte zum Teil durch die Anwesenheit zahlreicher Verbrecher verursacht worden sein.

Auch Portugal schaffte schon früh Verbrecher in seinen überseeischen Besitz. Anfangs verwendete es rückfällige Missetäter als Arbeiter in Westafrika, seit Mitte des 16. Jahrhunderts aber auch in Brasilien, Wenn auch einzelne der dortigen Unternehmer sich gegen diese Leute sträubten, die sie für schlimmer als die Pest" erklärten, war doch vielen

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Ansiedlern in den dünn bevölkerten, unerschlossenen Gebieten die Hilfe der billigen deportierten Zwangsarbeiter nicht unangenehm. Nach dem Verluste Brasiliens schickte Portugal die Verbrecher wieder nach Afrika, besonders nach Mosambik, das schon seit Mitte des 18. Jahrhunderts mehrfach zur Ansiedelung von Deportierten verwendet worden war.

England hat schon seit Beginn des 17. Jahrhunderts Verbrecher und unerwünschte Elemente nach den Kolonien in Amerika deportiert. 1619 sind hundert Prostituierte nach Virginien abgeschoben worden. Später wurden die des Lesens kundigen Verbrecher statt zum Tode zur Verbannung verurteilt. 1677 wurde Verbannung nach Amerika als Strafe für Vagabunden und religiöse Sektierer, und 1678 für politische Aufrührer eingeführt. 1717 erging ein Gesetz, das Deportation auch auf Diebstahl setzte. Die Ausführung dieser Gesetze wurde den Grafschaftsbehörden überlassen. Diese machten selbständige Abschlüsse mit Reedern und überließen es diesen, wie sie mit den Deportierten schalten und sich bezahlt machen wollten, wenn nur die Leute nicht wieder nach England kamen. Man kümmerte sich ebenso wenig darum, in welcher Weise die Kolonien sich mit den Verbrechern abfanden. Die Folge war, daß die Reeder die Deportierten nach jeder Richtung ausbeuteten und nur darauf bedacht waren, Geld aus ihnen herauszuschlagen. Sparten sie Geld, so konnten sie sich nicht nur von der Arbeit auf dem Schiff; sondern überhaupt freikaufen. Im anderen Falle wurden sie wie Sklaven meistbietend an die Kolonisten oder Unternehmer verkauft. Oft zahlten die Counties noch zu, um die Verbrecher loszuwerden und die Kosten für Gefängnisse zu sparen. Jährlich wurden gegen 2000 Leute deportiert. Erst als die Amerikaner gegen dieses System protestierten und einzelne Kolonien, wie Maryland, Deportierte nicht mehr zuließen, wurde die Angelegenheit 1770 im Parlament erörtert und die Deportation nach Afrika und Indien erwogen. Die Beratungen blieben damals ohne Ergebnis, da die Kosten sich zu hoch stellten; doch der Abfall der Vereinigten Staaten und die Notwendigkeit, entweder genügend menschenwürdige Gefängnisse zu bauen oder andere Gebiete zur Unterbringung der Verbrecher zu suchen, ließen die Frage nicht wieder von der Tagesordnung verschwinden.

Aus anderen Gesichtspunkten wie England, nicht um Geld für Gefängnisse zu sparen, sondern um die Erschließung und Entwicklung der Kolonien zu fördern, hat Frankreich schon im 16. Jahrhundert Verbrecher nach überseeischen Gebieten geschickt. JACQUES CARTIER in Kanada, VILLEGAGNON in Brasilien und andere verwendeten mit Erlaubnis der Regierung Strafgefangene. LAW schaffte 1720 Massen von Vagabunden und Prostituierten nach Louisiana, CHOISEUL 1763 nach Guyana, um damit die Erschließung jener Gebiete zu fördern. Trotz der in allen diesen Fällen gemachten schlechten Erfahrungen beschloß die Assemblée

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