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constituante am 25. September 1791 lebenslängliche Deportation als Strafe für rückfällige Verbrecher, hauptsächlich um das Mutterland von gefährlichen Elementen zu befreien. Durch ein Dekret vom 15. Oktober 1793 (24 vendémiaire an II) wurde ferner Deportation für wenigstens 8 Jahre auf Vagabundieren und Betteln im Rückfalle als Strafe gesetzt. Unterm 1. November 1793 wurde Fort Dauphin auf Madagaskar als Deportationsort bezeichnet. Zur Ausführung kam dieses Gesetz nicht, da der Seekrieg mit England die Verschiffung der Gefangenen unmöglich machte.

Nicht weniger lange war die Deportation, aber nur als Strafmittel, üblich in Rußland. Schon 1582 bestand bei den Ukrainischen Kosaken die Vorschrift, Lüge, Diebstahl, falsches Zeugnis u. dgl. mit Verbannung zu bestrafen. Außerdem wurde sie laut einem Ukas vom selben Jahre gegen Kriegsgefangene angewendet. Im Gesetzbuch des Zaren ALEXIS von 1684 war Zwangsansiedelung als Nebenstrafe vorgesehen. Als Verbannungsorte wurden die Ukraine und Sibirien benutzt, wohin Etappenstraßen angelegt wurden. Der Strafzweck trat schon damals manchmal in den Hintergrund. Man sah bereits in den Deportierten willkommene Arbeitskräfte zur Entwicklung neu besetzter Gebiete und schaffte nicht allein Verbrecher, sondern auch die Bewohner neuerworbener Gebiete und ausgediente Soldaten nach Sibirien. Während erstere dort in Gefängnisse kamen, wurden letztere an Privatleute als Arbeiter vergeben. oder für den Staat beschäftigt. Als man für große öffentliche Arbeiten. während des 18. Jahrhunderts in Rußland selbst viele Kräfte brauchte, trat das Interesse an der Deportation in den Hintergrund. Man beschäftigte die Verbrecher im Lande, und 1703 wie 1773 wurde die Aufhebung der Deportation überhaupt ins Auge gefaßt. Doch diese Bestrebungen hatten keinen Erfolg. 1750 trat Zwangsarbeit in Sibirien an die Stelle der aufgehobenen Todesstrafe, und bald wurde sie in verschiedener Form fast auf alle Verbrechen gesetzt. 1797 wurden Deportation und Haftstrafen folgendermaßen geregelt: 1. lebenslängliche Zwangsarbeit mit Knute in den Bergwerken von Nertschinsk, für zum Tode verurteilte gemeine Verbrecher; 2. Lebenslängliche Verbannung in die Tuchfabrik von Irkutsk; 3. Zuchthaus und Körperstrafen, die in den Strafanstalten Sibiriens vollstreckt wurden; 4. Verbannung auf administrativem Wege gegen Leibeigene, politisch Verdächtige u. dgl. Diese Leute wurden von da an nicht mehr Verbrechern gleichgestellt, sondern in den Bureaus. beschäftigt oder zur freien Ansiedelung und Niederlassung in beliebigen. Orten zugelassen. 1799 wurden nicht weniger als 10000 ausgediente Soldaten, herrenlose Leibeigene, Verbrecher, die ihre Strafe abgesessen hatten, u. dgl. nach dem östlichen Sibirien auf administrativem Wege deportiert.

ZIMMERMANN, Kolonialpolitik.

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II.

Zur systematischen Durchführung gelangte das Deportationswesen allenthalben erst im 19. Jahrhundert. Den Anfang hat England gemacht. Als die Überfüllung der wenigen und in schlechtestem Zustande befindlichen Gefängnisse nach dem Abfall der Vereinigten Staaten von Amerika und dem Aufhören der Deportation eine Neuregelung der Angelegenheit nötig machte, setzte das Parlament 1783 eine Untersuchungskommission ein. Diese erachtete grundsätzlich die Deportation für den besten Ausweg aus der Schwierigkeit, war aber über die Wahl des geeigneten Ortes in Verlegenheit. Westafrika erschien zu ungesund, Gibraltar zu klein und auch sonst nicht ausreichend, Australien zu weit und zu wenig erforscht. Aber die Lösung der Frage drängte, und da es sich außerdem um Schaffung einer Unterkunft für die England im amerikanischen Kriege treu gebliebenen und jetzt heimatlosen Familien handelte, entschloß man sich 1786 kurz, in Zukunft die Ostküste Australiens für Deportation einzurichten. Es wurde 1787 eine vorläufige Ordnung der Regierung und Verwaltung der zukünftigen Strafkolonie festgesetzt und im selben Jahre 550 männliche und 200 weibliche Verbrecher nach Botany bay gesandt, obwohl dort keinerlei Vorbereitungen getroffen waren. Der praktische Führer der Expedition, Captain PHILLIP, fand den Platz, den er Anfang 1788 erreichte, ungeeignet und wählte für die Strafkolonie einen Fleck am benachbarten Port Jackson, wo die erste Niederlassung, Sydney, gegründet wurde. Eine zweite Niederlassung wurde auf Norfolk Island geschaffen.

Unter den schwierigen Verhältnissen in dem neuen Lande, wo alles auf den guten Willen und den Fleiß der an Zahl den freien Ansiedlern weit überlegenen Deportierten ankam, trat der Zweck der Strafe bald vollständig in den Hintergrund. Die Verbrecher kamen nur als Arbeiter in Betracht, und die Verwaltung war im höchsten Maße auf sie angewiesen, da die mitgeschickten Soldaten sich ganz unzuverlässig zeigten. Erst als einigermaßen Ordnung geschaffen war und die Vorräte der Kolonie ausreichten, um ihre Bewohner zu ernähren, wurde der Unterschied zwischen freien und Zwangskolonisten schärfer betont. letzteren wurden an die ersteren gegen Zahlung ihres Unterhalts als Arbeiter verteilt. Ursprünglich hatte die Absicht bestanden, die Deportierten nach Ablauf ihrer Strafzeit nicht in der Kolonie zu lassen. Bald aber bot man ihnen Prämien, wenn sie im Lande bleiben wollten, und gewährte ihnen Landkonzessionen, wenn sie sich ansiedelten.

Die

Sehr erfreulich waren die mit diesem System erzielten Ergebnisse nicht. Es herrschte in der Niederlassung die größte Unsittlichkeit. Militär und Beamte mißbrauchten ihre Stellung gegenüber den weiblichen Strafgefangenen. Die schlechten Sitten der Verbrecher verdarben die freien Ansiedler. Trunksucht war allgemein. Die Beamten nützten die Arbeit

der Deportierten widerrechtlich zu ihrem Vorteil aus, und anständige Elemente wurden von der Niederlassung abgeschreckt. Es bedurfte wiederholt sehr energischen Einschreitens von England aus, um den ärgsten Mißbräuchen zu steuern. Schon gegen das Jahr 1800 befürworteten einsichtige Beamte die Einstellung der weiteren Sendung von Deportierten, da nach jeder Richtung daraus mehr Schaden als Nutzen erwachse. Doch derartige Ansichten fanden in England keinen Anklang. Hier kam es noch immer in erster Linie darauf an, die Verbrecher billig loszuwerden und Geld für Gefängnisse zu sparen. Man sandte daher soviel wie möglich Verurteilte nach Australien und pferchte sie rücksichtslos auf den Transportschiffen zusammen. Weder die große Sterblichkeit auf den Schiffen während der Reise, noch die Demoralisierung der besseren Elemente und des Aufsichtspersonals durch die Verbrecher, besonders die weiblichen, machten auf die englischen Behörden Eindruck. Sie scheuten sich auch nicht, rein politische Verbannte mit gemeinen Verbrechern zusammen zu deportieren.

In Australien selbst wurde es bald, um der Zunahme von Verbrechen zu steuern, nötig, die schlimmsten Übeltäter abzusondern und in Gefängnissen zu halten. Dazu wurde mit der Ausdehnung der Ansiedelungen die Bewachung der als Arbeiter verteilten Sträflinge immer schwieriger. Häufig entflohen sie oder setzten es mit Hilfe von Bestechungen durch, daß die Strafregister gefälscht und ihre Straffristen bedeutend herabgesetzt wurden. Ebenso schwer war es, sie zu regelmäßiger Arbeit anzuhalten und der Trunksucht zu steuern. Das Ergebnis 20 jähriger Arbeit war, daß 1806 in Neusüdwales 405, entlassene Sträflinge sich angesiedelt hatten und über 18700 Acres Land verfügten. Aber weitaus bedeutender war die Menge des im Besitz freier Ansiedler befindlichen Landes. Ihr Wirken zeigte sich als für die Kolonie ausschlaggebend. Die Deportation nützte ihr nur insofern, als sie manche Ansiedelungslustige bestimmte, sich in der fernen Kolonie niederzulassen, da sie auf billige und ausreichende Arbeitskräfte in den Gefangenen rechnen zu können hofften.

Die Behörden teilten diese Auffassung nicht. Der Gouverneur MacQUARIE erblickte in der Deportation die Lebensader der Kolonie, und umgekehrt sah er sie als für Verbrecher, die hier ein neues Leben beginnen könnten, geschaffen an. Er stellte daher entlassene Deportierte den freien Ansiedlern in jeder Hinsicht auch gesellschaftlich gleich, vertraute ihnen öffentliche Ämter an und maßregelte jeden, der sich hiergegen sträubte. Auf die Länge ließ sich jedoch dieses System nicht durchführen. Als erst den freien Kolonisten Selbstverwaltungsrechte eingeräumt und die Vollmachten der Gouverneure beschnitten werden mußten, trafen die Kolonisten Vorsorge, daß die befreiten Deportierten in einem gewissen Abstande gehalten wurden. Nur als billige Arbeitskräfte wollten die

Kolonisten die Verbrecher dulden. Um letzteren die Rückkehr ins bürgerliche Leben nach Verbüßung der Strafzeit zu erleichtern, beurlaubte daher die Verwaltung die besseren Elemente unter ihnen mit Tickets of leave. Diese Leute konnten sich dann beliebig nach Beschäftigung umsehen und sich eine neue Stellung im bürgerlichen Leben erwerben. Der Verlauf der Dinge war derselbe in Neusüdwales und in Van Diemensland, das 1807 auch als Strafkolonie eingerichtet worden war. Gegen 1820 zählte Australien 39 000 weiße Ansiedler, von denen etwa die Hälfte aus befreiten Sträflingen und ihren Nachkommen bestand.

Jemehr die Zahl der freien Ansiedler wuchs, umso fühlbarer wurden die üblen Folgen des Deportationswesens, das von England ohne Unterlaß betrieben wurde. Wurden von 1811-24 jährlich im Durchschnitt 2500 Verbrecher nach Australien gesandt, so waren es von 1825-1831 mehr als 4000 im Jahre. Im ganzen sandte England von 1787-1836 nach Neusüdwales 75200, nach Van Diemensland 27759 Strafkolonisten. Abgesehen von dem üblen Einfluß, den diese Elemente auf die Sitten im allgemeinen übten, gefährdeten die vielen entsprungenen oder nach der Freilassung zu Vagabunden gewordenen Verbrecher die Sicherheit im Lande und hemmten Handel und Verkehr. Gelegentliche Meutereien, wie sie auf Transportschiffen oder 1827 auf Norfolk Island ausbrachen, bedrohten sogar den ganzen Bestand der Kolonie. Auf die Länge mußten daher die Deportierten schärfer überwacht und für Unschädlichmachung der gefährlichen Elemente gesorgt werden. Zahlreiche Gefängnisbauten in den Strafkolonien wurden nötig, und dazu ließen die veränderten Zeitumstände die frühere inhumane Beförderung und Unterbringung der Gefangenen nicht mehr zu. Die infolgedessen fortgesetzt steigenden Kosten der Strafkolonisation ließen die Vorliebe für sie in England schwächer werden. Auch der Umstand, daß die Zahl der Verbrechen in England trotz der Deportation keineswegs abnahm, während in Australien immer ärgere Zustände einrissen, erschütterte den Glauben. an den Nutzen der Strafkolonisation. Es gab 1836 in Neusüdwales 27800, in Van Diemensland 16900, auf Norfolk Island 1200 Sträflinge. In der erstgenanntsn Kolonie mußten 1833 nicht weniger als 135, 1834: 148, 1835: 116 Todesurteile gesprochen werden. In einem Monat des Jahres 1833 mußte man eine Zahl von 247 Sträflingen mit 9874 Hieben bestrafen! Dazu wurden in England die ewigen Beschwerden der Kolonisten gegen die Deportierten und die Klagen der Verwaltung, daß die Kolonien die Freigelassenen nicht zur Ansiedelung zulassen wollten, lästig. In England entstand schließlich eine lebhafte Agitation gegen die Fortsetzung der Deportation. Der Erzbischof von Dublin bezeichnete sie im Verein mit anderen hochgestellten Leuten geradezu als nationales Verbrechen. Schon 1831 regte eine Kommission des Unterhauses nach Anhörung verschiedener Kenner der australischen Verhält

nisse den Bruch mit dem hergebrachten System an. Sie verlangte Errichtung von Strafanstalten in England und Deportation nur arbeitsfähiger Leute zur Verwendung in der Landwirtschaft. Der Aufenthalt in den Städten sollte ihnen verboten, Tickets of leave nur den wirklich Gebesserten unter strenger Kontrolle erteilt werden. Die Regierung machte indessen keine Miene, mit dem Unwesen gründlich aufzuräumen. Sie begnügte sich mit dem Bau einiger Zellengefängnisse und der Verschärfung der Disziplin in Australien. 1837 wurde sogar die Todesstrafe für viele Verbrechen in England abgeschafft und durch Deportation ersetzt. Dagegen erhoben sich aber die Australier und eröffneten nun eine lebhafte Agitation gegen das ganze System. Das Parlament sah sich dadurch genötigt, Anfang 1837 einen Ausschuß zum Studium der Deportation als Strafmittel, ihrer Wirkungen auf den moralischen Stand der Kolonien und der Mittel zur Beseitigung der Mißstände niederzusetzen.

Die Kommission, der Lord JOHN RUSSELL, Sir WILLIAM MOLESWORTH, Sir GEORGE GREY, CHARLES BULLER, FOWELL BUXTON und zeitweilig auch G. LYTTON BULWER angehörten, erstattete schon Mitte Juli 1837 ihren Bericht. Aber dieser war so wenig erschöpfend, daß Ende November des Jahres eine nochmalige gründlichere Enquete veranstaltet wurde, an der auch Sir ROBERT PEEL teilnahm. Der am 3. August 1838 auf Grund der Aussagen der besten Sachkenner erstattete Bericht gipfelte in folgenden Vorschlägen:

1. Die Deportation nach Neusüdwales und den besiedelten Gegenden von Van Diemensland soll sobald als möglich aufhören. 2. An Stelle der Deportation soll als Strafe Haft mit harter Arbeit von 2 bis 15 Jahren in England oder außerhalb treten. 3. Deportationsgefängnisse sollen nur an Orten angelegt werden, wo keine freien Siedler sind. 4. Die Praxis auf Abkürzung der Haft von Deportierten soll streng geordnet werden. 5. Bei der Schwierigkeit für Verbrecher, nach ihrer Freilassung zu Hause anständiges Auskommen zu finden, soll man die Übersiedlung der Leute mit guter Führung nach Kolonien erleichtern. 6. Deportierte, die im Deportationsland bestraft werden mußten, haben nach Abdienung der Strafe die Kolonie zu verlassen.

So sehr diese Beschlüsse der Kommission den Wünschen der Menschenfreunde entsprachen, so wenig waren sie nach dem Geschmack der größeren Unternehmer in Australien. Abgesehen davon, daß sie die billigen Zwangsarbeiter nicht verlieren wollten, ärgerte sie die krasse Schilderung der Zustände der Kolonie in dem Berichte, und sie fürchteten die Abschreckung der freien Einwanderung. Sie beantragten beim Parlament in Sydney die Richtigstellung der Dinge. Dieses ging nicht darauf ein, sondern faßte vielmehr eine Resolution, welche bestimmt war, das Deportationswesen zu rechtfertigen. Die Resolution besagte, „daß kein Strafsystem so billig, wirksam und vorzüglich sei", wie eine wohl

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