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die körperlichen Strafen abschaffte. An ihre Stelle sollten Entziehung von Wein oder Tafia, Ketten, Dunkelhaft u. dgl. treten.

Trotz der geringen Erfolge, welche man mit der Deportation erzielte, wurde in den achtziger Jahren ihre Ausdehnung noch befördert. Die öffentliche Meinung hatte schon längere Zeit die Unschädlichmachung der Gewohnheitsverbrecher verlangt, um der Zunahme der Gesetzesüberschreitungen zu steuern. 1872 forderten viele Richter die Deportation rückfälliger Verbrecher, und ihre Ansicht fand den Beifall der Freimaurerlogen und anderer politischer Körperschaften. 1881 brachten verschiedene Abgeordnete einen darauf zielenden Gesetzentwurf in der Kammer ein, der 1882 weiter ausgestaltet wurde. Nachdem die Kommissionen ihn gebilligt hatten, nahmen ihn die Kammer und der Senat mit großer Mehrheit an. Am 27. Mai 1885 wurde der Entwurf Gesetz. Hiernach verfallen der Relegation auf Lebenszeit alle Personen, die innerhalb 10 Jahren mehrere Verurteilungen wegen bestimmter Verbrechen erlitten haben, falls sie nicht unter 21 oder über 60 Jahre alt sind. Sie erfolgt nach Verbüßung der Strafe. Bei besonders gutem Betragen kann der Relegierte nach 6 Jahren um Begnadigung nach der Heimat einkommen. Leute mit Geldmitteln können von der Regierung nach beliebigen Kolonien relegiert werden, wo sie unter Polizeiaufsicht stehen. Die andern kommen zur Zwangsarbeit nach Neukaledonien oder nach Guyana, wo besondere Gebiete für Relegierte bereitgestellt sind. In Ausnahmefällen dürfen auch Relegierte hier Landeskonzessionen erhalten und nach Wunsch zur Arbeit unter Polizeiaufsicht autorisiert werden.

Die Behandlung der Deportierten regeln neuerdings Gesetze vom 5. Oktober 1889 und 4. September 1891. Für Verbrechen, die in den Strafkolonien begangen werden, sind hierdurch Haftstrafen eingeführt und schärfere Maßregeln gegen Unverbesserliche vorgesehen. Die Verhängung der Todesstrafe wird ins Ermessen des Gouverneurs gestellt, während bis dahin der Präsident der Republik zu entscheiden hat. Die Sonderung der Deportierten erfolgte fortan nur in 3 Klassen, in deren jeder der Exportierte mindestens 2 Jahre zuzubringen hatte. Der untersten werden die schwersten Arbeiten zugeteilt. Ihre Angehörigen schlafen auf harten Feldbetten, werden während der Arbeitspausen eingeschlossen und dürfen nicht sprechen. Wer sich nicht bessert, kommt in die Salle de discipline, wo er von Sonnenauf bis Sonnenuntergang mit kurzen Pausen schweigend im Gänsemarsche zu gehen und auf einem Steinbett zu schlafen hat. Die Nahrung beschränkt sich auf Brot und Wasser. Ein weiteres Dekret vom 15. September 1891 erlaubt, die Deportierten zu allen öffentlichen Arbeiten an Gemeinde- und Lokalbehörden gegen bestimmte Löhne auszuleihen, in anderen Kolonien zu beschäftigen und in Scharen von 100-200 an private Unternehmer für bestimmte Arbeiten zu vergeben.

Diese Bestimmungen haben zu allerlei Mißbräuchen Anlaß gegeben und sind daher unterm 13. Dezember 1894 und 1898 nochmals in verschiedenen Punkten abgeändert worden. Für Privatleute dürfen danach nur Deportierte erster Klasse arbeiten, und neben Wohnung und Nahrung sind ihnen täglich 2 Frs. zu zahlen. Die Erteilung von Konzessionen an ausgediente Sträflinge ist durch Dekret vom 31. August 1878 sehr erschwert worden. Diejenigen Deportierten, welche sich nach der Strafverbüßung in den Kolonien neue Gesetzesüberschreitungen zu schulden kommen lassen, werden als Rückfällige behandelt und in die Relegiertenniederlassungen verbannt.

Nach Neukaledonien sind von 1864-94 im ganzen 20400 Sträflinge geschafft worden. 67000 ha des besten Bodens dienen für Zwecke der Deportation und Relegation. Die für sie aufgewendeten Summen belaufen sich auf 100 Millionen Frs.

Nach Guyana sind bis 1895 im ganzen 20382 Sträflinge übergeführt worden. Die früher gewöhnlich 20 Proz. betragende Sterblichkeit ist bis auf 5,9 Proz. gesunken. 1899 gab es hier 7122 Sträflinge. Für die Zwecke der Deportation hat man hier von 1852-92 ausgegeben 126 Millionen Frs.

Das Ergebnis dieser großen Aufwendungen ist nach dem Urteil der meisten Sachkenner wenig befriedigend. Die ausgedienten Sträflinge zeigen sich nicht zu Kolonisten, sondern meist zu Vagabunden und Räubern erzogen. Sie wollen nicht arbeiten, verkaufen ehestens ihre Konzessionen und gefährden die öffentliche Sicherheit. Die Gesetze und Behörden sind dagegen machtlos. Die Deportationsbehörden verfolgen, obwohl sie seit 1894 dem Kolonialministerium unterstehen, ganz andere Zwecke als dieses. In Guyana hindert dazu das Klima auch die Willigen an ernster Arbeit. Hier sind meist die Gefangenen ebenso krank wie die Beamten und Wächter. Die betreffenden Kolonien haben so von der Deportation mehr Schaden als Vorteil. Neukaledonien verdankt ihr nichts als etwa 120 km Straßen. Es ist daher kein Wunder, daß der Senegal z. B. sich sehr lebhaft gegen die Einfuhr von Strafkolonisten gesträubt hat. Die Verbrecher ihrerseits wissen sich so einzurichten, daß sie es in Neukaledonien besser haben als die Freien. Dem Mutterlande aber erwachsen sehr hohe Kosten, ohne daß die Zahl der Verbrechen in ihm eine nennenswerte Abnahme zeigte.

In Spanien, wo die Deportation alle Wechsel der Zeiten überdauert hat, ist 1848, 1870 und 1876 eine gesetzliche Regelung erfolgt. Danach wurde für leichtere Verbrechen Verbannung nach den Balearen und Kanarischen Inseln eingeführt. Die davon Betroffenen dürfen sich dort frei bewegen und stehen nur unter Polizeiaufsicht. Für andere Verbrechen wurde zeitweilige oder lebenslängliche Kettenstrafe in den Niederlassungen Spaniens an der marokkanischen Küste verhängt. Sie wurde

dort in besonderen Strafanstalten verbüßt, wo die Deportierten für Rechnung des Staates zu arbeiten hatten. Für eigentliche koloniale Zwecke ist das spanische Deportationswesen im 19. Jahrhundert nicht mehr in Betracht gekommen. 1888/89 hat es das spanische Budget mit 3766574 Pesetas belastet, von denen nur 95 370 durch die Arbeit der Deportierten eingebracht wurden.

In Portugal, wo die Deportation ebenfalls von jeher in Brauch geblieben ist, hat sie dagegen fortgesetzt als Mittel zur Erschließung der Kolonien gedient. Von 1837-64 sind jährlich im Durchschnitt 275 Verurteilte nach Afrika geschafft worden. In der Folge ist ihre Zahl zeitweilig gewachsen, im Durchschnitt hat sie aber immer zwischen 200 und 300 betragen. Die erste moderne gesetzliche Regelung erfolgte 1852. 1867 trat die Deportation an die Stelle der Todesstrafe. Mossamedes wurde der Hauptplatz für die Unterbringung von Verbrechern. 1869 erging ein neues Reglement, das aber nie zur Durchführung gelangte. Weitere Änderungen der Gesetzgebung erfolgten 1884 und 1886. Die Dauer der Deportation schwankt nach den geltenden Vorschriften zwischen 8 und 20 Jahren. Je nach der Schwere des Verbrechens sollen die Deportierten in Strafanstalten oder als Soldaten, Schreiber, Arbeiter usw. beschäftigt werden. Täglich sollen die Leute 6-8 Stunden arbeiten. Ein Drittel ihres Verdienstes kommt in die Koloniekasse zu ihren Gunsten. Die Leute dürfen sich verheiraten, und wenn sie ernstliche Besserung zeigen, erhalten sie Landkonzssionen und Mittel zur Ansiedelung. 1894 wurde eine Strafkolonistenansiedelung am Endpunkte der Angolabahn geschaffen, in der die Deportierten wie Soldaten organisiert sind.

In allen afrikanischen Kolonien Portugals wimmelt es von Deportierten. Vielfach bekleiden sie alle Ämter, selbst die höheren, und auch die Truppen sind aus Strafverbannten gebildet. Die meisten Beobachter finden aber den Einfluß, den diese Elemente auf die Entwickelung des portugiesischen Kolonialbesitzes ausgeübt haben, nichts weniger als segensreich.

Die größte Entwicklung hat das System der Strafkolonisation in Rußland genommen. 1822 brachte der Minister GRAF SPERANSKI Ordnung in das Verschickungswesen und suchte den zahlreichen Mißbräuchen zu steuern. Er schuf das Zentralgefängnis in Tobolsk, von wo die Verteilung der Verbannten auf die verschiedenen Provinzen Sibiriens erfolgen sollte, und ordnete die Unterbringung und Behandlung der Leute. Die Deportierten wurden geschieden in die zu lebenslänglicher Zwangsarbeit Verurteilten und die Verbannten. Hinsichtlich der ersteren wurde bestimmt, daß sie nach 20 Jahren das Recht zur Ansiedelung erhalten sollten. Die Verbannten wurden in 6 Klassen geteilt, für die verschiedene Normen aufgestellt wurden. Betreffs der von Gutsbesitzern oder Gemeinden nach Sibirien geschickten leibeigenen Bauern enthielt das Gesetz keine Bestimmungen. Strafvollstreckung wie Erschließung und Besiedelung

Sibiriens lagen der russischen Regierung bei dieser Gesetzgebung gleichmäßig am Herzen. Zur kräftigen Förderung der letzten schuf sie 1827 besondere Niederlassungen von Verbannten in der Provinz Jenissei. Die Orte gediehen aber nicht recht, hauptsächlich da aus Mangel an Frauen nicht genügend Familien entstanden. Der Ankauf und die Verteilung eingeborener Mädchen an die Kolonisten bewährte sich nicht. Viele der Deportierten waren auch arbeitsunfähig.

Die mangelhaften Erfolge auf kolonisatorischem Gebiete und die Zunahme der Verbrechen veranlaßten in Rußland von 1832 an eine Agitation für Wiedereinführung der Todesstrafe. 1834 und 1837 wurde sie in der Tat wieder für einige Verbrechen verhängt, wie Komplotte gegen den Zaren und den Staat, Ungehorsam in Deportationsorten, Fluchtversuche und dgl. Auch wurden die Vorschriften betr. Handhabung der Deportation verschärft. Verschiedene Autoritäten wollten überhaupt mit ihr aufhören und sie durch Zuchthäuser, Strafkompagnien und dgl. erDoch GRAF SPERANSKI setzte 1840 ihre Beibehaltung unter Hinweis auf ihre Wichtigkeit für die Besiedelung Sibiriens durch. Man zählte dort 1833 im ganzen etwa 102 000 Deportierte. Im Durchschnitt wurden jährlich bis 1845 gegen 7000 Personen nach Sibirien geschafft. Die Kosten beliefen sich für jede Person im Durchschnitt auf 150 Rubel. Das Strafgesetzbuch von 1858 regelte das Deportationswesen aufs neue. Tod, Zwangsarbeit in Sibirien und einfache Deportation waren die wichtigsten darin vorgesehenen Strafen. Für Ableistung der Zwangsarbeit waren die Bergwerke bestimmt. Als sie nicht ausreichten, schuf man 1870 noch besondere Strafanstalten in Sibirien. Das kam aber zu teuer, und so erwarb Rußland im Jahre 1875 von den Japanern ihren Anteil an der Insel Sachalin und schuf dort 1880 besondere Anstalten für Beschäftigung der zu Zwangsarbeit verurteilten schwersten Verbrecher. Leichtere Verbrecher haben nur eine Zeitlang in den Strafanstalten zu arbeiten und werden dann ebenso wie die zu einfacher Deportation Verurteilten in der Nähe von Dörfern oder Städten angesiedelt, wo sie nur unter Polizeiaufsicht stehen. Nach 10 Jahren stehen sie den gewöhnlichen Bauern gleich. Westsibirien, wo sich mit der Zeit eine starke freie Einwanderung geltend gemacht hat, wird seit 1859 für Deportationszwecke nicht mehr benutzt.

Von 1807-1886 sollen im ganzen 722 299 Leute nach Sibirien deportiert worden sein, von 1827-1847 allein 159755. Von ihnen waren 79909 nicht Verbrecher, sondern Personen, die auf dem Verwaltungswege verschickt wurden. Im einzelnen liegen über den Umfang der Deportation folgende Zahlen vor:

1) Beide Mächte hatten 1855 die Insel unter sich geteilt. 1875 verzichtete Japan auf seinen Anteil gegen Überlassung des Kurilenarchipels.

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Auf Sachalin gab es 1892 neben den Strafgefangenen, die meist verheiratet werden, bereits etwa 3200 Leute, die ihre Strafe verbüßt hatten und angesiedelt worden waren. Freie Einwanderer werden nicht zugelassen. 1894 waren auf der Insel 550 km Wege gebaut und gegen 3000 ha Land bestellt.

Die Ausgaben für jeden zur Zwangsarbeit Deportierten werden heute, abgesehen von den Transport- und Verwaltungskosten, auf jährlich 125 Rubel veranschlagt. Alles in allem rechnet man die Kosten jedes Deportierten im Jahre auf 300 Rubel. Die Freiwillige Flotte, welche den Versand der zur Deportation Verurteilten nach Sachalin besorgte, erhielt pro Kopf etwa 225 Rubel.

Abgesehen von den hohen Kosten wird gegen das Deportationswesen geltend gemacht, daß in Sachalin unter den Verbannten die größte Unmoralität und Faulheit herrsche, und daß die Verbannten in dem eigentlichen Sibirien den nachteiligsten Einfluß auf die Entwickelung des Landes übten. Nicht nur, daß ihr Beispiel die freien Ansiedler verderbe, sie schadeten auch dem ganzen Lande, indem sie vielfach sich dem Vagabundieren hingäben oder Verbrechen verübten und das Land unsicher machten.

In neuester Zeit ist die Verbannung nach dem größten Teil des sibirischen Festlandes gesetzlich aufgehoben worden, um der Entwickelung des Landes durch freie Kolonisation die Bahn zu ebnen.

Die Niederlande haben in früheren Zeiten Verbrecher gelegentlich zur Ausführung von Kolonisationsarbeiten in ihrem überseeischen Besitze benutzt. Gelegentlich wurde die Ausdehnung des Systems und die Anlage einer Strafkolonie auf Buru, einer Insel im Südwesten der Molukken, erwogen. Die üblen Wirkungen des Klimas auf die Gesundheit der Deportierten wie des Aufsichtspersonals erweckten jedoch immer neue Bedenken, und 1858 wurde nach den Beschlüssen einer königlichen Kommission die Strafkolonisation abgeschafft.

Preußen) hat 1801 die Deportation schwerer Verbrecher ins Auge gefaßt. Da es nicht über Kolonien verfügte, verhandelte es wegen Erwerb

1) Kabinettsorder vom 28. Februar 1801. Kleins Annalen. Berlin, XX. S 291. Bericht von GOLDBECKS; „Nachricht über die . . . nach Sibirien geschickten Bösewichter...". Berlin 1803.

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