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Es wurde in jeder Kolonie ein Conseil privé, bestehend aus den obersten Beamten und drei Kolonisten, dem Gouverneur zur Seite gestellt und außerdem ein Conseil général geschaffen, zusammengesetzt aus Kolonisten, welche die Regierung auswählte. Dazu wurden den Kolonien einige Vertreter im Mutterlande zugebilligt, welche anfangs von der Regierung ernannt, später durch die Conseils généraux gewählt waren.

Die Verfassung von 1830 schränkte die Vollmachten der Regierung bezüglich der Kolonien ein. Es wurde in ihr der Erlaß einer Sondergesetzgebung bestimmt vorgeschrieben. Auf Grund dieser Vorschrift erging 1833 ein Gesetz, das den wichtigsten Kolonien eigene Conseils coloniaux zubilligte, deren Mitglieder von den Ansiedlern zu wählen waren. Diesen Parlamenten wurde Freiheit in den inneren Angelegenheiten gegeben, und nur in Gegenständen von allgemeinem Interesse sowie bezüglich der Besoldung der oberen Beamten das Beschlußfassungsrecht dem französischen Parlament vorbehalten. Eine Vertretung der Kolonien im französischen Parlament wurde nicht beliebt.

Diese Maßnahme hat zu vielen Reibungen geführt. Die weniger entwickelten Kolonien, in denen man alles beim alten ließ, protestierten gegen die Willkür des Mutterlandes, in den anderen waren Reibungen zwischen Beamten und Kolonisten an der Tagesordnung. 1841 wurde daher die Aufhebung der kolonialen Conseils und die Regierung der Kolonien durchs französische Parlament, in das sie Abgeordnete senden sollten, in Aussicht genommen. Als das Parlament einen solchen Schritt ablehnte, beschnitt man wenigstens die Befugnisse der Conseils auf kolonialem Gebiete erheblich.

Die Revolution von 1848 räumte mit dieser Gesetzgebung auf. Sie beseitigte die Conseils und die Einrichtung der nach Frankreich gesandten Delegierten. Die Kolonien wurden zu Teilen Frankreichs erklärt uud ihnen das Recht der Vertretung im Parlamente des Mutterlandes durch Abgeordnete zuerkannt. Algier wurde sogar in drei Departements geteilt und diese ganz nach dem heimischen Muster eingerichtet.

Die Verordnungen von 1848 kamen nicht zur vollen Durchführung. Die französische Gesetzgebung insbesondere konnte in den Kolonien nicht, wie vorgeschrieben, rundweg eingeführt werden. Nach dem Staatsstreich wurde ihnen 1852 das Recht der Wahl zu Abgeordneten fürs Parlament entzogen. Der Senat erhielt den Auftrag, eine Sondergesetzgebung für sie zu entwerfen, der zum Senatus-Consulte von 1854 führte. Die Verfassung der drei wichtigsten Kolonien wurde danach wieder in ähnlicher Weise wie vor 1848 geregelt. Die Conseils privés wurden wiederhergestellt, desgleichen die Conseils généraux. Ihre Mitglieder wurden zur Hälfte vom Gouverneur, zur Hälfte von den Conseils municipaux ernannt. Ihre Befugnisse wurden auf lokale Angelegenheiten beschränkt, die Regelung handelspolitischer Dinge dem französischen

Parlament vorbehalten und in anderen Dingen dem französichen Senat entscheidende Vollmacht gewährt. Je ein Vertreter jeder der drei Kolonien nebst vier vom Kaiser für die anderen ernannten bildeten in Paris ein Conseil consultatif colonial.

Für die übrigen Kolonien wurde gleichfalls ein neues Gesetz in Aussicht genommen. Doch ist es nie erschienen, und in ihnen hat sich die Regierung volle Freiheit in der Regelung aller Angelegenheiten durch Dekrete bewahrt.

1866 wurden die Befugnisse der Conseils généraux der drei bedeutendsten alten Kolonien erweitert und auf die Regelung des Zollwesens ausgedehnt. 1870 gingen die dem Staatshaupte und dem Senat vorbehaltenen Befugnisse auf das Parlament über, und den Kolonien wurde wieder die Befugnis zur Wahl und Entsendung von Abgeordneten fürs französische Parlament zugestanden. Die entwickeltesten wählen auch Vertreter in den Senat. 1881 wurde das Recht der Zollgesetzgebung in den Kolonien dem Conseil d'Etat überwiesen. An Stelle des Conseil consultatif trat 1878 eine Commission supérieure von Sachverständigen, die 1883 einem Conseil supérieur Platz machte, der aus Abgeordneten und Vertretern der Kolonien, der Beamten- und Handelswelt sowie aus Sachverständigen besteht.

Diese Organisation besteht im wesentlichen noch heute.

Die Oberleitung der kolonialen Angelegenheiten verblieb bis 1881 dem Marineministerium. Neben ihm wirkte aber seit der Eroberung Algiers das Kriegsministerium, dem als Hauptbeteiligten während der Kriegszeiten die Erledigung seiner Angelegenheiten übertragen worden

war.

Ein Versuch Napoleons III. 1858, alle kolonialen Angelegenheiten einem besonderen Departement zu überweisen, bewährte sich sowenig wie 1881 die Errichtung eines besonderen Unterstaatssekretariats für die Kolonien im Handelsministerium. 1889 wurde der Versuch trotzdem erneuert und erst 1894 das heutige Kolonialministerium geschaffen.

Die algerischen Angelegenheiten sind seit 1860 dem Ministerium des Innern überwiesen worden. Erst 1900 hat man sich entschlossen, Algier wieder dem Einfluß des Kolonialministeriums bis zu einem gewissen Maße zu unterwerfen. Dieses Gebiet, das von 1881--1900 vollständig als ein Teil Frankreichs betrachtet wurde, scheint neuerdings wieder mehr den lokalen Umständen entsprechend behandelt zu werden.

In einigen während der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts erworbenen Protektoraten sind 1894 Conseils de protectorat geschaffen worden, deren Mitglieder die Regierung ernennt. Diese Körperschaften haben eine beratende Stimme bei der Aufstellung der Budgets, bei der Steuererhebung, der Erteilung von Konzessionen und Monopolen, bei öffentlichen Arbeiten, beim Zollwesen u. dgl.

VI.

Als Deutschland überseeischen Besitz erwarb, war es nicht beabsichtigt, in letzterem eine staatliche Verwaltung einzuführen. Man wollte vielmehr aus politischen wie finanziellen Gründen die erworbenen Gebiete vollständig der Verfügung der Gesellschaften überlassen, welche dafür ins Leben getreten waren oder geschaffen werden sollten. Das Reich behandelte demgemäß den neuen überseeischen Besitz als Ausland und wollte ihm lediglich durch Entsendung konsularischer Vertreter und Stationierung von Kriegsschiffen einen gewissen Schutz zuteil werden lassen.

Die ursprüngliche Absicht erwies sich als nicht durchführbar. Die mit Hoheitsrechten ausgestatteten Gesellschaften waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen, und für verschiedene Gebiete zeigte es sich als unmöglich, überhaupt solche Organisationen ins Leben zu rufen. Schon 1888 sah sich das Reich genötigt, in einem Teil der Schutzgebiete die Regierung in die Hand zu nehmen. Wenige Jahre später mußte es sich zu demselben Schritt in den andern entschließen.

Auf Grund der jetzt in Kraft befindlichen Gesetzgebung übt der Kaiser namens des Reichs die Schutzgewalt in den Schutzgebieten aus. Ihm steht sowohl das Recht der Gesetzgebung wie die ausübende Gewalt daselbst zu. In ersterer Beziehung ist seine Machtvollkommenheit nur insoweit beschränkt, als für bürgerliches Recht, Strafrecht und Gerichtsverfahren im wesentlichen die Bestimmungen des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit, sowie für Eheschließung und Personenstand das betr. Reichsgesetz von 1870 eingeführt worden sind. Außerdem sollen nach einem Gesetz von 1892 die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete alljährlich durch Gesetz festgestellt werden und der Kontrolle durch Bundesrat und Reichstag unterliegen.

Die Leitung der Verwaltung der Schutzgebiete ist in Deutschland in die Hand einer besonderen Abteilung des Auswärtigen Amtes. gelegt. 1) Ihr steht als sachverständige beratende Körperschaft der aus Vertretern der kolonialen Unternehmungen und Missionen gebildete Kolonialrat, der gewöhnlich zweimal im Jahr zusammentritt, zur Seite.

Die Organe der Schutzgebietsverwaltung an Ort und Stelle haben. eine Zeitlang verschiedene wechselnde Titel wie Gouverneur, Landeshauptmann geführt. Gegenwärtig steht an der Spitze jeder größeren Kolonie ein Gouverneur, dem Bezirksamtleute (in einem Falle auch ein Vizegouverneur) unterstellt sind. Nur das kleinste Schutzgebiet wird noch von einem Landeshauptmann verwaltet.

Den wenig zahlreichen weißen Ansiedlern stehen alle Rechte deut

1) Das z. Z. hauptsächlich für Marinezwecke in Betracht kommende Schutzgebiet in China wird vom Reichsmarineamt verwaltet.

scher Reichsangehöriger im Auslande zu. Sie sind ebenso deren Pflichten unterworfen. Eine Vertretung im Reichstage oder in den Parlamenten der Einzelstaaten besitzen sie ebenso wenig wie die im Auslande lebenden Reichsangehörigen. Versuche, ihnen in einzelnen Schutzgebieten durch Bildung von Handelskammern einen gewissen Einfluß auf die Verwaltung zu gewähren, haben kein befriedigendes Ergebnis gehabt. Gelegentlich berufen die Gouverneure, besonders in dem für Ansiedelung von Weißen in erster Linie in Betracht kommenden Südwestafrika, Versammlungen der Kolonisten zur Erörterung wichtiger Fragen. Zur Errichtung ständiger Beiräte für die Gouverneure, wobei auch die Kolonisten Vertretung finden, hat man sich erst in neuester Zeit entschlossen. Durch eine Verordnung vom 24. Dezember 1903 sind für Ostafrika, Südwestafrika, Kamerun, Togo, Neuguinea und Samoa Gouvernementsräte vorgeschrieben worden, welche aus mindestens sechs Personen bestehen sollen. Die eine Hälfte davon sollen Beamte, die andere Vertreter der weißen Ansiedler sein. Ihre Auswahl ist Sache der Gouverneure. Die letzteren sollen das Gutachten der Beiräte bei Aufstellung des Etats und bei Entwürfen von Verordnungen allgemeinerer Natur hören. Über die Sitzungen sollen Protokolle geführt und diese der Kolonialverwaltung eingereicht werden.

VII.

Dem staatsrechtlichen Verhältnis zwischen Mutterland und Kolonien. ist erst seit dem Unabhängigkeitskrieg der Vereinigten Staaten nähere Aufmerksamkeit geschenkt worden. Früher wurden Kolonien einfach als erobertes Gebiet angesehen, das mit den Einrichtungen sich abzufinden hatte, welche das Mutterland zu schaffen für gut befand. In engster Abhängigkeit, in steter Überwachung erblickte man durchweg das einzige Mittel, Kolonien für die Dauer ans Mutterland zu fesseln und diesem so den Genuß der wirklichen oder vermeintlichen Vorteile ihres Besitzes zu sichern. Selbst ein so weitblickender Staatsmann wie SIR F. BACON wollte von Selbstverwaltungsrecht der Kolonisten nur in sehr beschränktem Maße etwas wissen. Er empfahl in seinem Essay of plantations: For government let it be in the hand of one, assisted with some counsel; and let them have commission to exercice martial laws, with some limitation . . . Let not the government of the plantation depend upon too many counsellors and undertakers in the country that planteth, but upon a temperate number; and let those be rather noblemen and gentlemen than merchants; for they look ever to the present gain.“

Die Erfahrungen, welche England mit seinen Kolonien in Nordamerika machte, erschütterten diese Ansicht. Als der Streit zwischen

ihnen über das vom Mutterlande in Anspruch genommene Besteuerungsrecht einen immer erbitterteren Charakter annahm, begann man in den vorwiegend interessierten Kreisen Englands allerlei Pläne ins Auge zu fassen, welche das bis dahin geltende Recht geradezu auf den Kopf gestellt hätten. Man sprach von der Vereinigung Englands und Amerikas zu einem Reiche unter Vertretung des letzteren im englischen Parlament oder gar unter Verlegung des Regierungssitzes nach Amerika. Der fruchtbare volkswirtschaftliche Schriftsteller JOSIAH TUCKER erörterte diese Vorschläge in einer Flugschrift ) und sprach sich nach sorgsamer Erörterung der Umstände hiergegen ebenso wie gegen einfaches Gehenlassen oder gegen die von der Regierung erwogenen Gewaltmaßregeln aus. Unter Hinweis darauf, daß ein großes Volk auf die Dauer nicht gegen seinen Willen regiert werden könne, empfahl er, den Kolonien volle Bewegungsfreiheit in jeder Hinsicht einzuräumen. Es bestehe keine Gefahr, daß England dabei seinen vorteilhaften Handel mit ihnen verliere. Die Kolonien trieben immer Handel mit dem Volke, das ihnen den größten Nutzen gewähre. Nirgends aber fänden sie einen so guten Markt für ihre Rohstoffe, kein anderes Land liefere ihnen die unentbehrlichen gewerblichen Erzeugnisse so billig wie England. Über Waren, die sie anderweitig vorteilhafter kauften oder absetzten, verfügten sie auch jetzt schon trotz aller Verbote nach Belieben. Damit falle auch das Bedenken, daß die Freigabe Amerikas die englische Seemacht schädigen könnte. Durch den Wegfall der Notwendigkeit, die Küsten Amerikas zu verteidigen, gewinne sogar die Flotte an Kraft. Außerdem würde England jährlich etwa 200 000 Pfd. Sterl. an Prämien für koloniale Einfubrgüter und 3-400 000 Pfd. Sterl. an militärischen und Verwaltungskosten sparen, und es würde in Zukunft nicht wie bisher von den Kolonisten wie eine Art Räuber betrachtet werden können.

ADAM SMITH, der sich wenige Jahre später mit demselben Gegenstande 2) beschäftigte, wollte nicht soweit wie TUCKER gehen. „To propose that Great Britain should voluntarily give up all authority over her colonies, and leave them to elect their own magistrates, to enact their own laws, and to make peace and war as they think proper, would be to propose such a measure as never was, and never will be adopted, by any nation in the world... The most visionary enthusiast would scarce be capable of proposing such a measure, with any serious hopes at least of its ever being adopted." Unerwarteterweise fährt er aber fort, daß allerdings das Beschreiten dieses Weges England nicht nur in Stand setzen würde, die hohen Verwaltungskosten der Kolonien zu sparen, sondern auch mit ihnen einen ewigen Handelsvertrag zu schließen, der

1) Four tracts together with two sermons. Glocester 1774. Nr. IV.

2) Wealth of nations. IV. 7. 3.

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