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vielleicht für die Kaufleute weniger vorteilhaft sein werde als das bestehende Verhältnis, dafür aber der Menge der Bevölkerung weit mehr zustatten kommen könnte. Aber SMITH verfolgt diesen Gedanken nicht des Näheren und stellt ihn keineswegs als Norm hin. Vielmehr ist sein Ideal des staatsrechtlichen Verhältnisses zwischen Mutterland und Kolonien oder Provinzen ein anderes. Jede solche habe in Friedenszeiten dem ersteren eine Einnahme zu liefern, die nicht nur die eigenen Verwaltungskosten deckt, sondern auch für Deckung eines Anteils an den Kosten der Reichsregierung genügt. In Kriegszeiten habe sie auch einen Teil der nötigen außerordentlichen Aufwendungen zu tragen. Wenn man nun vorschlage, daß die Parlamente der Kolonien allein das Recht haben sollten, ihnen Steuern aufzuerlegen, so bestehe kaum eine Aussicht, daß dann eine Kolonie die erforderlichen Beträge aufbringe. Habe es doch schon lange genug gedauert, ehe das englische Parlament unter den Augen des Souveräns dazu gebracht werden konnte, die Mittel für Friedens- und Kriegszwecke zu bewilligen. Es habe dazu der Verteilung der einflußreichsten Stellen an die Abgeordneten bedurft. Andere schlügen daher vor, daß das englische Parlament nur die Höhe der auf jede Kolonie entfallenden Reichskosten festsetzen und die Aufbringung ihr überlassen solle. Aber auch in diesem Falle sei nur schwer auf Eingang der erforderlichen Summen zu rechnen, besonders wenn ein plötzlich ausbrechender Krieg dem Reich unerwartete Lasten auferlege. Es bleibe also, da Gewalt keinen Erfolg verspreche, nur der Weg, eine Art Bundesstaat aus Mutterland und Kolonien zu bilden und letzteren eine Vertretung im englischen Parlamente zu gewähren. Unübersteigliche Hindernisse ständen einem solchen Plane nicht entgegen. Die Zahl der Vertreter jeder Kolonie solle im Verhältnis zur Höhe ihrer Beiträge zu den Reichszwecken stehen. Auf diese Weise wäre den Kolonien der nötige Einfluß auf die Reichsangelegenheiten gesichert und zugleich die Sicherheit gegeben, daß die Abgeordneten der Kolonien, deren Zahl mit ihrer Entwicklung zu wachsen habe, auf Erfüllung ihrer Verpflichtungen wirkten. SMITH hielt diesen Vorschlag für besonders geeignet, die widerspenstigen Amerikaner zu versöhnen, da er angesichts der raschen Entwickelung ihres Landes die Aussicht gewähre, daß schon in vielleicht hundert. Jahren England von ihm überflügelt werde und so der Regierungssitz notgedrungen nach Amerika komme.

Die Entwickelung der Dinge entzog weiteren derartigen Erörterungen, welche mit großer Leidenschaftlichkeit geführt wurden, und in denen. BURKE den Vorschlag A. SMITHS lebhaft bekämpfte, in England den Boden. Frankreich wurde bald darauf während der Revolutionskriege gezwungen, den Kolonien die Stellung von Provinzen einzuräumen und ihnen volle Selbstverwaltung zu gewähren. Auch in Spanien faßte man während der Stürme der Revolution Pläne ins Auge, welche eine Fesse

lung der Kolonien ans Mutterland durch Gewährung größerer Freiheiten bezweckten. Die Theorie aber beschäftigte sich nach Wegfall des Anlasses längere Zeit nicht wieder mit diesen Fragen. Jahrzehnte lang blieb LORD BROUGHAM 1) der einzige Denker, der ihnen Aufmerksamkeit schenkte.

Ausgehend davon, daß Kolonien nicht Untertanen, sondern Teile des Mutterlandes seien, verwirft er die Forderung, daß sie letzterem besondere Überschüsse zu bringen hätten. Wie andere Provinzen sollten sie die Kosten ihrer Verwaltung und Verteidigung decken. In kritischen Zeiten hätten sie ebenso gut wie andere fürs Ganze einzustehen.

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,The idea of a political Union involves the necessity of a common cause. It is necessary that the different parts should contribute to each others support, without considering that they are divided by physical boundaries, or arbitrary lines. No state ought ever to give up any part of its dominions, without the most urgent necessity... One of the principal disadvantages of a federal government, is the encouragement which it gives to views of separate political interests and calculations of unequal contribution towards the pecuniary supplies."

BROUGHAM Schloß seine Ausführungen mit den Worten: May we presume to hope, that the colonial story of Great Britain will exhibit to future statesmen, a useful picture of the advantages which may fairly be expected from just views of provincial government; that it will hold out the prospect of certain success to the enlightened and generous policy which shall consider the parts of an empire, however situated, as members of the same political body; that it will display the possibility of retaining the distant provinces in the relations, not of subordinatton, but of union."

Er hat sich in seiner Annahme nicht getäuscht. Aber es hat noch recht lange gedauert, ehe das von ihm empfohlene System auch nur in England zur Anerkennung gelangt ist. Sehr wesentlich dazu beigetragen hat der unter Mitwirkung von E. GIBBON WAKEFIELD und CHARLES BULLER verfaßte Bericht des LORD DURHAM 2) über die Zustände Canadas vom Januar 1839. In ihm wurden alle die übelen Wirkungen, welche die bis dahin übliche Behandlung der Kolonien übte, aufs klarste dargetan. Es wurde nachgewiesen, wie unmöglich für die heimische Verwaltung die genügende Kenntnis aller Einzelheiten lokaler Angelegenheiten einer Kolonie sei; wie infolgedessen die Gouverneure in allen schwierigen Punkten die Verantwortung aufs Mutterland abwälzten und dieses immer unbeliebter werden müsse. Als einziges Mittel, die Kolonisten zufriedenzustellen und ans Mutterland zu fesseln, empfahl der Be

1) An inquiry etc. Edinburgh 1803.

2) Vgl. ZIMMERMANN, Die europäischen Kolonien. III. S. 174.

richterstatter die Ausdehnung der englischen Regierungsgrundsätze auf die Kolonien. Wie in England sollten an die Spitze der höchsten Behörden nur Beamte gestellt werden, die sich des Vertrauens der parlamentarischen Körperschaften erfreuten, und Regierungsakte nur unter Gegenzeichnung der beteiligten Beamten erfolgen. Es genüge, wenn das Mutterland sich das freie Verfügungsrecht in Fragen der auswärtigen Politik, des Handels, der Regierungsform und der Verfügung über das Kronland wahre. Alle Angelegenheiten örtlicher Natur könne es ohne Bedenken der Bestimmung des kolonialen Parlaments überlassen. sei auch die Verfügung über die Einnahmen der Kolonie, vorbehaltlich der Zustimmung der Krone, zuzusprechen, und ihm seien die Chefs der höchten Kolonialbehörden, die dortigen Minister, verantwortlich zu erklären. Nur Gouverneur und Richter sollten vom Parlament unabhängig gestellt bleiben. Statt Abfallgelüste in einer Kolonie zu erwecken oder zu stärken, werde eine solche Politik das Gefühl der Zugehörigkeit zwischen ihr und dem Mutterlande erhöhen.

Ihm

BULLER schrieb zur Unterstützung dieser Ansichten, die zunächst im englischen Publikum wenig Anklang fanden, seine geistvolle anonyme Schrift,,Responsible government" 1), in der er die Mängel des geltenden bureaukratischen Systems beleuchtete. Er vertrat sie nicht minder wirkungsvoll mündlich im Unterhause. Ähnliche Auffassungen entwickelte G. CORNEWALL LEWIS in seinem Essay on the government of dependencies".2) Auch er beklagte die Nachteile, die bei den hergebrachten Einrichtungen durch die ungenügende Kenntnis der Verhältnisse und Bedürfnisse der Kolonien im Mutterlande sich mit Notwendigkeit für beide Teile ergäben. Ebenso wenig wie die Gesetzgebung des Mutterlandes für die ganz verschieden gearteten Kolonien passe, könnten die notwendigerweise ungenügend vorgebildeten Beamten des Mutterlandes dort hinreichend nützen. Auch Religion und Sprache des Mutterlandes paßten nicht immer für die Kolonien. Würden diese nun auch noch durch besonderes Mißgeschick, das über ersteres hereinbreche, in Mitleidenschaft gezogen, so könne man sich nicht wundern, wenn ihr Zugehörigkeitsgefühl leicht erschüttert werde.

Unter denselben Gesichtspunkten und mit Rücksicht auf die von England in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gemachten Erfahrungen empfahl H. MERIVALE in seinen Lectures on colonisation" 3) das von DURHAM befürwortete System. Wenn nicht daran zu denken sei, die Kolonisten auf die Dauer gewaltsam im Gehorsam zu halten und ihnen alle Einrichtungen des Mutterlandes aufzudrängen, bleibe nur übrig, es auf gütlichem Wege zu versuchen. Lasse man den Kolonisten freie Hand in Steuern und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten, wie es

1) London 1840. ZIMMERMANN, Kolonialpolitik.

2) London 1841.

3) London 1841-42. 4

zu Anfang des 17. Jahrhuuderts in Amerika der Fall gewesen, so werde dies natürliche, durch die Einwanderung immer neu belebte Stammesgefühl und das eigene Interesse die Kolonien ans Mutterland ketten. Das in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eingeführte Gewaltsystem habe zum Abfall der Vereinigten Staaten geführt. Der seitdem gemachte Versuch, den Kolonien eine Vertretung ihrer Interessen zu gewähren, aber gleichzeitig die Entscheidung in der Hand zu behalten, habe teure und schlechte Verwaltung, Günstlingswirtschaft und allgemeine Unzufriedenheit nach sich gezogen. Wenn man seitdem gelegentlich Bildung eines Parlaments aus Vertretern Englands und der Kolonien vorgeschlagen habe, so sei zu fürchten, daß das auch den gehofften Erfolg nicht haben würde. Neben einem Reichsparlamente würde für besondere Kolonialparlamente wenig Raum bleiben. Die Kolonien würden dann von ersterem besteuert und regiert werden, was zu denselben Unzuträglichkeiten führen müsse wie das absolute Regierungssystem. Die kolonialen Abgeordneten würden dabei rasch ihren Einfluß in der Heimat verlieren und für Eng land nutzlos werden. So bliebe nur die Gewährung der Selbstregierung an die entwickelteren Kolonien übrig. MERIVALE teilt die Zuversicht. daß eine solche Maßregel das Band zwischen Kolonien und Mutterland nicht lockern werde. Im Gegenteil, jemehr das gegenseitige Verhältnis sich einem Bunde nähere, umso sicherer werde die Autorität der Krone allgemein anerkannt werden. England mit seinem riesigen Reichtum und seiner Handelsmacht werde der gegebene Mittelpunkt der vielen aus ihm hervorgegangenen, dieselbe Sprache sprechenden und vom selben Glauben beherrschten Nationen sein „Every step which would be taken towards the construction or maintenance of an union thus cemented would be a step favourable to the individual well-being and prosperity of every member. Every experiment in this direction would be serviceable alike to the colony affected by it, whether the ultimate destiny of that colony were an equitable connexion, or a bloodless separation.“

Viel temperamentvoller vertrat E. G. WAKEFIELD, der Mitarbeiter LORD DURHAMS, in seiner „View of the art of colonization" den Bruch mit der hergebrachten Kolonialpolitik. Er findet, daß das den Römern, Spaniern und Franzosen nachgeahmte bureaukratische zentrale System Englands Einrichtungen wie Nationalcharakter zuwiderlaufe. Es wirke hier doppelt verhängnisvoll, da es nicht wie in Preußen durch ständige, lebenslängliche Beamte, sondern durch häufig wechselnde, vom Parlament abhängige Minister gehandhabt werde, die viel zu sehr durch andere Geschäfte in Anspruch genommen seien. Die Regierung liege daher im wesentlichen in der Hand der untergeordneten, vielleicht oft fähigen, aber einseitigen, formal gebildeten und dem Publikum nicht verantwort

1) London 1849.

lichen Beamten. Das Colonial Office, der Mittelpunkt dieser Verwaltung, sei bei aller Allmacht zu Hause schwach, wie ein Baum ohne Wurzeln, wie eine Regierung in einem fremden Staate. Es hänge ebenso von den Parteien wie von den Privatinteressen ab. Bald drücke der westindische Zuckerpflanzer, bald die Antisklavereigesellschaft, bald der canadische Kaufmann, der Missionar oder eine Aktiengesellschaft darauf. Nach seiner ganzen Lage könnte es auch dem schwächsten Druck kaum ernstlich Widerstand leisten. Selbst auf die obskursten Leute müsse es Rücksicht nehmen. Es würde selbständiger sein, wenn sein Sitz in Rußland oder St. Helena wäre. 1) Die Folge dieses Zustandes sei, daß die Beamten für die Kolonien nicht nach Verdienst, sondern nach ganz anderen Gesichtspunkten gewählt würden. Die einen seien gescheiterte Existenzen, die andern Verwandte oder Schützlinge von einflußreichen Leuten. Alle unbrauchbaren Elemente würden in die Kolonien abgeschoben. Käme einmal eine Ausnahme vor, so sei das meist dem Zufall zu danken, und der Betreffende sei dann sicher im Kolonialamte unbeliebt.

Selbst wenn dieses über andere Kräfte verfügte, könnte es sich nicht eine so genaue Kenntnis der Verhältnisse in den Kolonien verschaffen, um für sie Gesetze zu geben. Es sei aber einfach auf die Berichte der Gouverneure angewiesen, deren ungeheure Zahl überhaupt niemand zu lesen oder voll durchzuarbeiten im stande wäre. 2) Dazu wirkten oft Parteien, die besondere Zwecke in einer Kolonie verfolgten, oder der Verhältnisse unkundige Leute auf Maßnahmen in den Kolonien ein. Die Folge wäre die Hineinzerrung der Gouverneure ins Parteigewirr und die Erregung der Kolonisten, welche sich in ihrem natürlichen Selbstbestimmungsrechte beschränkt fühlten. So sei es kein Wunder, wenn es soweit gekommen sei, daß Kolonialpolitik nicht mehr mit dem, sondern gegen das Kolonialamt gemacht werde. Dabei, setzt WAKEFIELD hinzu, wäre die englische Kolonialbureaukratie noch nicht so schlecht, wie unter ähnlichem Verhältnisse etwa die preußische sein würde.3) - Das einzige Mittel, diesen Mißständen gründlich zu steuern, sei die Rückkehr zum altenglischen municipal system, zur Selbstverwaltung. Dadurch würden demokratische und revolutionäre Strömungen nicht erzeugt, sondern bekämpft. Die treue Anhänglichkeit der sich selbstregierenden Kanalinseln an England beweise das.) Außer in Reichssachen solle man den Parlamenten der Kolonien volles Selbstbestimmungsrecht gewähren. Was Reichssache sei, möge genau festgestellt werden. Nach seiner Auffassung gehörten dazu die Verfügung über herrenloses Land, die Form der kolonialen Legislatur und solche Fragen, wo Reichsinteressen unzweideutig auf dem Spiel stünden, wie das Oberkommando der Truppen, die auswärtigen Beziehungen, das Postwesen außerhalb der Kolonien. Die höchsten Beamten

1) Letter 36.

2) Letter 37.

3) Letter 38.

4) Letter 42.

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