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die Mißerfolge der meisten andern privilegierten Unternehmungen erschütterten das Vertrauen in sie. Das vernichtende Urteil, das ADAM SMITH 1776 in seinem Wealth of nations über sie fällte, gewann in England wie in der ganzen Welt für lange Zeit maßgebende Bedeutung. Der Gelehrte sprach privilegierten Gesellschaften Wert nur für arme Länder zu, wo sie den Unternehmungsgeist anspornen könnten. Reiche Länder würden mehr Vorteil von ihrer Beseitigung haben, denn sie schädigten erfahrungsgemäß das Aufblühen der Kolonien, da alle ihre Angestellten nur darauf bedacht seien, möglichst viel Gewinn, gleich viel auf wessen Kosten, zu machen. Da Kaufleute naturgemäß immer in erster Linie das eigene Interesse im Auge hätten, seien sie überhaupt zur Verwaltung von Ländern ungeeignet. Privilegierte Kompagnien verwüsteten die Gebiete, welche so unglücklich seien, unter ihrer Herrschaft zu stehen, und schadeten mehr oder weniger ihrem Heimatlande.1) Ähnliche Ansichten. hat I. B. SAY in seinem Traité d'économie politique (Paris 1803) vertreten. Er erklärte, daß die mit staatlichen Rechten ausgestatteten Kompagnien meist ebenso schlechte Geschäftsleute wären wie Regierungen les plus mauvais de tous les commerçans". Wenn der Staat, wie es seine Pflicht sei, für Sicherheit des Handels mit fremden Ländern sorge, brauche man dazu keine Kompagnie. Wäre es richtig, daß ein Land durch Einräumung von Monopolrechten an Kompagnien billigere Waren erhalte, so müßte man folgerichtig den Handel mit jedem Lande monopolisieren. In Wahrheit kaufe aber eine privilegierte Kompagnie zwar möglichst billig ein, verkaufe aber so teuer als angängig. Oft dränge man auch anlagesuchendes Kapital durch solche Monopole ins Ausland. Und trotzdem erwachse ihr selten Gewinn, da schlechte Agenten sie ruinierten. Privilegierte Kompagnien erachtete SAY nur zeitweilig für zulässig, wenn es sich um Erschließung neuer, unkultivierter Länder handle. Das Monopol sei dann eine Art Erfinderpatent. Später im Cours d'économie (1837) hat SAY seine Ausführungen gegen die Kompagnien gemildert, aber doch an der Hand der Geschichte der BritischOstindischen Gesellschaft dargetan, daß solche Einrichtungen sich nur für die erste Zeit der Erschließung eines Landes eigneten. In der Tat sind im 19. Jahrhundert alle alten privilegierten Unternehmungen beseitigt und neue lange Zeit nicht ins Werk gesetzt worden.

Erst zu Ende des 19. Jahrhunderts hat sich England über diese Auffassung hinweggesetzt und nochmals Kolonisations versuche auf diesem Wege gemacht. Deutschland und Portugal haben sein Vorgehen nachgeahmt. Große Erfolge sind ihnen allen aber nicht zuteil geworden. Deutschland hat nach wenigen Jahren seine Privilegien zurückkaufen müssen, die portugiesischen Unternehmungen fristen nur ein trauriges,

1) Book IV. Cap. VII. Part. III.

künstliches Dasein, und von den englischen sind nur noch zwei vorhanden.

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Trotzdem sind dem System privater, mit Hoheitsrechten ausgestatteter Unternehmungen in neuerer Zeit wieder verschiedene Anhänger in Frankreich erwachsen. PAUL LEROY BEAULIEU rühmt ihnen für die Vergangenheit nach, daß sie den Staaten die Möglichkeit gegeben hätten, heimlich und ohne Heranziehung des Parlaments in entscheidenden Fällen vorzugehen. La grande compagnie de colonisation est, suivant l'expression d'un critique anglais, un rideau, un écran, a screen, qui permet de cacher ou d'ajourner l'action gouvernementale directe." Aber auch er verkennt nicht, daß heutzutage kein Staat sich die Verletzung seiner Rechte durch eine fremde Kompagnie gefallen lasse, ohne den betreffenden Staat dafür verantwortlich zu machen, und meint, daß sie nur für unerschlossene Gebiete in der ersten Zeit brauchbar wären, vorausgesetzt, daß deren Eingeborenen- und sonstige Verhältnisse nicht zu große Schwierigkeiten in den Weg legten.

Alles in allem genommen besteht heute die Auffassung, daß die meisten Umstände, welche dieses System der Kolonisation einstmals zeitweilig angezeigt erscheinen ließen, nicht mehr vorhanden sind. Das Mutterland ist heute für alle Schritte solcher Unternehmungen völkerrechtlich haftbar; ein Zugeständnis weitgehender Handelsmonopole ist ausgeschlossen, die summarischen Regierungs- und Verwaltungsmethoden der alten Ge. sellschaften sind nicht mehr möglich. Die Verleihung von Privilegien lockt das Kapital nicht zur Beteiligung, wenn nicht große Aussichten für Handel, Bergbau und dergleichen vorhanden sind und ganz hervor ragende Männer die Sache leiten. Sind letztere Umstände vorhanden, so finden sich genug private Unternehmer von selbst, die weder Vorrechte noch Auszeichnungen verlangen. Der einzige Vorteil, der den Staaten. beim Einschlagen dieses Weges erwächst, die Ersparung finanzieller Opfer, ist nur zeitweilig. Auf die Länge vermag sich doch keine solche Kompagnie zu behaupten. Eines Tages muß der Staat ihr zu Hilfe kommen oder gar ihre Privilegien zurückkaufen und sie für ihre Aufwendungen entschädigen. Der Schaden pflegt dann den Nutzen zu übersteigen.

Unternehmungen ohne Hoheitsrechte.

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Literatur. P. Decharme, Les grandes compagnies coloniales allemandes. Paris 1899. ders., Compagnies et sociétés coloniales allemandes. Paris 1903. C. Guy, La mise en valeur de notre domaine colonial. Paris 1900. Karl Lehmann, Kolonialgesellschaftsrecht. Berlin 1898. P. Leroy-Beaulieu, De la colonisation. Paris 1902. A. Poskin, Bilans congolais. Bruxelles 1900. W. Ring, Deutsche Kolonialgesellschaften. Berlin 1888. K. von Stengel, Die deutschen Kolonialgesellschaften. Schmollers Jahrbuch. XII. 1. ders., Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. Tübingen und Leipzig 1901. A. Zimmermann, Weltpolitisches. Berlin 1901.

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Ebenso wie im Erwerbsleben der zivilisierten Staaten der Einzelunternehmer immer seltener wird und an seine Stelle Gesellschaften verschiedener Art treten, gerät die Ausbeutung überseeischer Gebiete allmählich fast ausschließlich in die Hand von Gesellschaften.

Staaten sowohl wie die von ihnen privilegierten Unternehmungen haben mit dieser Erscheinung zu rechnen. Die Ursache ist überall dieselbe. Der einzelne Kapitalist verfügt entweder nicht über genügende Mittel, um ein der vorliegenden Aufgabe gewachsenes Unternehmen. ins Leben zu rufen, oder er will nicht zu viel von seinem Vermögen. an eine noch nicht genügend geklärte Aufgabe wagen. In der Bewirtschaftung von Kolonien sind also dieselben Erwägungen wirksam, welche die Staaten veranlaßt haben, die Kolonisation in die Hände von privilegierten Unternehmungen zu legen, und die privaten Privilegieninhaber, ihre Privilegien meist an Gesellschaften abzutreten.

Von den mannigfachsten Verfassungen und Erfahrungen der privilegierten Gesellschaften ist im vorstehenden die Rede gewesen.

In diesem Abschnitte handelt es sich um die wirtschaftlichen Zwecken dienenden Erwerbsgesellschaften ohne Hoheitsrechte in Kolonien.

In älteren Zeiten spielten solche Gesellschaften keine große Rolle. Bei dem geringen Schutze, den die verschiedenen Staaten in überseeischen Gebieten gewährten, bei der Unordnung in den dortigen Verhältnissen, der Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Verbindungen war ein rein pri

vates koloniales Unternehmen kaum möglich. Ohne die Befugnisse zur Ausübung gewisser öffentlicher Rechte konnte es nicht auf Erfolg rechnen. In Britisch- Indien kamen daher die ersten privaten Unternehmungen erst nach vollständiger Unterwerfung des Landes im 18. Jahrhundert zum Gedeihen. Vorher dort oder anderweitig ins Werk gesetzte private Kompagnien scheiterten, wie z. B. die 1791 gegründete Sierra Leone Company und das Bulamaunternehmen. Kaum viel besser erging es den mit großen Landkonzessionen ausgestatteten Kolonialgesellschaften für Australien, wie der 1831 gegründeten South Australian Land Company, der Western Australian Association von 1835, den New Zealand Companies von 1825 und 1838. Überall entstanden so große Schwierigkeiten, daß die Regierung bald eingreifen mußte.

den 80er Jahren ab begannen private Erwerbsgesellschaften neben Einzelunternehmungen in den englichen Kolonien zu gedeihen. Besondere Vorteile irgend welcher Art sind ihnen von da an in der Regel nicht mehr zugestanden worden. Sie waren und sind durchweg rein kaufmännische Unternehmungen und unterliegen demselben Rechte wie die Gesellschaften im Mutterlande. Wenn die Gesellschaftsform in der neueren Zeit mit Vorliebe für koloniale Unternehmungen gewählt wird, ist der Grund darin zu suchen, daß bei der großen Gefahr und der Unsicherheit solcher Anlagen der Einzelunternehmer sein Kapital nicht allein wagen will. Dadurch, daß das englische Aktienrecht keine Beschränkungen hinsichtlich der Höhe der Shares (Aktien) kennt und so die Bemessung der einzelnen Anteile auf ein Pfd. Sterl. und weniger ermöglicht, ist auch den kleinen Sparern die Möglichkeit gegeben, bei solchen Gesellschaften ihr Glück zu versuchen und die Gefahr auf sehr große Kreise zu verteilen. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß diese Einrichtung das Aufschießen zweifelhafter Gründungen sehr erleichtert. Wo irgend eine Aussicht auf Gewinn winkt, entstehen sofort Dutzende, ja Hunderte von Gesellschaften. Von 33 für Westafrika im Jahre 1900 stieg z. B. ihre Zahl binnen 14 Monaten auf 321 nur auf die Nachricht von angeblichen Goldfunden an der Gold Coast hin. Die meisten dieser Gründungen sind entweder niemals in Wirksamkeit getreten oder bald zusammengebrochen. Sie dienten nur Börsenspekulationen. Nicht anders war der Verlauf in Südafrika und in anderen Kolonien. Nur in Kolonien, wo die natürlichen und politischen Verhältnisse eine erfolgreiche geschäftliche Tätigkeit möglich machen und erfahrene, tüchtige Leute an der Spitze stehen, gedeihen Gesellschaften wie Einzelunternehmungen. Der Kurszettel, welcher nur die Unternehmungen berücksichtigt, deren Shares überhaupt regelrecht gehandelt werden, verzeichnet allein 183 südafrikanische, 38 rhodesische, 60 australische Goldminen, 11 Diamantminen, 14 indische und Ceylon-Teebaukompagnien.

In Holland trat die keine öffentlichen Rechte besitzende Nederlandsche

Handelmaatschappij erst 1824 ins Leben. Verschiedene Gesellschaften für die Molukken, wie die Credit- en Handelsvereniging Banda, dasche Perkeniers- en Handelsvereniging und Moluksche Handelsvereniging, entstanden gar erst seit 1892. Ebenfalls der neuesten Zeit gehören die Gesellschaften über Zuckerbau und dgl. in Java sowie Tabakbau in Sumatra an. Besondere Privilegien sind diesen Unternehmungen in der Regel nicht erteilt worden, und sie werden nach rein kaufmännischen Gesichtspunkten geleitet. Ebenso war der Verlauf in den spanischen, portugiesischen und französischen Kolonien.

In Deutschland sind private Gesellschaften für überseeische Unternehmungen zuerst entstanden, als an eigenen Kolonialbesitz noch nicht zu denken war. 1) 1821 wurde die Rheinisch-Westindische Kompagnie, die bis 1832 bestand, 1824 der Deutsch-Amerikanische Bergwerksverein geschaffen, der 1836 zusammenbrach. Noch kürzer war das Gedeihen der 1836 gegründeten Wuppertalgesellschaft für Westafrika. 1843 entstand in Düsseldorf der Verein für deutsche Auswanderer, 1844 der später übel berüchtigte Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas. 1846 wurde in Berlin ein Verein für Auswanderung nach Brasilien ins Leben gerufen, 1847 in Darmstadt der Nationalverein für deutsche Auswanderung. Verschiedene dieser Unternehmungen haben ihre praktische Tätigkeit in überseeischen Gebieten begonnen. Sie alle aber sind an der Unordnung und Unsicherheit, die dort herrschte, und da ihre Mittel zur Überwindung der entgegenstehenden Schwierigkeiten nicht reichten, zu grunde gegangen. Als zu Ende des 19. Jahrhunderts Deuschland zum Erwerbe eigener Kolonien schritt, trat, wie vorstehend geschildert, unter dem Einfluß ungenügender Kenntnis des Wesens privilegierter Unternehmungen der Gedanke an die Schöpfung von Kolonialgesellschaften in den Vordergrund. Wenn sich solche für Übernahme der Hoheitsrechte nicht finden wollten, versuchte man wenigstens Erwerbsgesellschaften für Kolonien ins Leben zu rufen.

Die Neigung der über die nötigen Mittel verfügenden Geschäftsleute zu solchen Unternehmungen war sehr gering. Es zeigte sich bald, daß sie überhaupt nur zuwege zu bringen waren, wenn man die Rechtsformen wesentlich erleichterte und ihnen überhaupt allerlei Vorschub leistete. Das Aktiengesetz war dafür ungeeignet. Die Leute, welche etwas Geld für koloniale Zwecke wagten, wollten sich weder auf die Verpflichtungen betr. die Haftung der Gründer und Verwaltungsorgane einlassen. noch paßten die Vorschriften über Festlegung der Höhe des Kapitals und die Höhe der einzelnen Aktien.

Die ersten Kolonialgesellschaften, sowohl privilegierte wie private, wurden daher in der Form der Korporation nach den Bestimmungen

1) Vgl. A. ZIMMERMANN, Geschichte der preußisch-deutschen Handelspolitik Oldenburg und Leipzig 1892. S. 306 ff.

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