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Vorwort.

Auf kaum einem zweiten Gebiete ist den grundlegenden Fragen bisher so wenig Beachtung geschenkt und wildem Dilettantismus so viel Spielraum gelassen worden, wie auf dem der Kolonialpolitik. Ungeachtet der ungeheueren Opfer, welche die Völker von alters her gerade für koloniale Zwecke gebracht haben, fehlt es noch an jeder nur einigermaßen erschöpfenden und zuverlässigen Zusammenstellung ihrer in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen. Ein Versuch, Nutzanwendungen daraus zu ziehen, ist seit Jahrzehnten nur einmal, und gerade in dem Lande, dessen koloniale Politik im allgemeinen nicht als mustergültig betrachtet wird, nämlich in Frankreich, gemacht worden. So wenig man im allgemeinen geneigt ist, anzunehmen, daß gerade die besten und fähigsten Männer sich der Tätigkeit in Kolonien widmen, so großes Vertrauen scheint man der Regel nach in die Richtigkeit ihrer Auffassungen und Entschließungen zu setzen, da gewöhnlich die Regierungen und Parlamente folgenschwere Maßnahmen davon allein abhängig machen.

Der Grund dieser auffälligen Erscheinung dürfte wohl darin zu suchen sein, daß nach dem Abfall der Vereinigten Staaten von Amerika und der Hauptmasse der spanischen Kolonien lange Zeit hindurch das Zeitalter kolonialer Politik für abgeschlossen angesehen und es nicht mehr für der Mühe wert erachtet wurde, derartigen Fragen nähere Aufmerksamkeit zu widmen.

Der Verlauf der Weltgeschichte hat diese Auffassung als irrig erwiesen. Noch wiederholt hat die Aufteilung wenig oder gar nicht kultivierter Gebiete die Welt seitdem in Atem gehalten, und eben tobt wieder ein folgenschwerer Kampf um die Herrschaft in Ostasien. Dazu beschäftigt die Frage der besten Art der Erschließung und Entwicklung von Kolonien

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seit Jahren die wichtigsten Kulturvölker, und koloniale Gesichtspunkte beeinflussen immer häufiger ihre innere wie äußere Politik und alle Lebensverhältnisse weit tiefgreifender als die große Menge ahnt.

Unter diesen Umständen dürfte der hier gebotene Versuch, die Frucht von zwanzigjährigen Studien und Beobachtungen in einer Reihe von Ländern, seine Rechtfertigung finden. Wenn er nicht alle Anforderungen befriedigt, möge die Schwierigkeit der Zusammenbringung des Materials und der Mangel an Vorarbeiten den Verfasser entschuldigen.

Berlin, Februar 1905.

Inhaltsverzeichnis.

Wechsel der Ansichten. Zuerst handelt es sich um den Erwerb der Gewürze

und Edelmetalle hervorbringenden Länder. Sir H. Gilbert, Sir G. Peckham,

Sir W. Raleigh betonen zuerst den Wert von Kolonien für Auswanderung und

Warenabsatz und Seemacht. Peckham empfiehlt Zivilisierung der Einge-

borenen. Annahme der englischen Theorie in Frankreich. Montchretien

Holland bezweckt besonders Förderung von Handel und Schiffahrt. Merkanti-
listen legen Hauptwert auf Gewinnung von Edelmetallen durch Kolonien und
erklären Kolonien als für die Blüte des Staats nötig. Streben nach Sicherung
der Vorteile der Kolonien durch Monopole. Streit über Nutzen der Aus-
wanderung. Abneigung Spaniens gegen Auswanderung. Child für Auswan-

Seite

derung. Zweifel an den merkantilistischen Theorien zuerst in Frankreich.
Montesquieu behauptet eine Schwächung des Mutterlandes durch Kolonien.
Voltaire spricht ihnen allen Nutzen ab außer für Förderung des Luxus. Ber-
nardin de St. Pierre, Rousseau, Diderot gegen Kolonien. V. de Mirabeau
und Quesnay weisen den Schaden des Kolonialmonopols nach .

In England erschüttert A. Smith die merkantilistische Theorie. Gold ist eine
Ware, Suchen nach Edelmetallen eine wenig Aussichten bietende Lotterie.
Kolonien kosteten mehr, als sie brächten. Handel allein bringt Nutzen.
Schaden des Monopols. Handelsverträge vorteilhafter. Turgots Ansichten
ähnlich. Grivel vertritt sie in der Encyclopédie. Grundirrtum der Mer-
kantilisten, daß der Schaden eines Landes andern nütze
Wachsende Verbreitung dieser Ansichten fördert die Antisklavereibewegung.
J. B. Say bezeichnet den Verlust der Kolonien als segensreich. Spaniens
Kampf gegen seine aufständischen Besitzungen. James Mill verficht Mills
Ansichten in der Encyclopaedia Britannica. Bentham und Sir H. Parnell
stimmen ihm bei

Neue Auffassung vom Wert von Kolonien, vertreten von G. C. Lewis, H. Me-
rivale, Wakefield, A. Mill. Kolonien wertvoll als Bezugsquelle für Solda-
ten, als militärische Stützpunkte, ferner für Handel, Schiffahrt, Kapitalan-
lage, Beschäftigung der Industrie und Unterbringung von Verbrechern. Die
Vertreter der Freihandelslehre erkennen den Kolonien Wert für Kapital-
anlage, Unterbringung von Auswanderern und Handelsunternehmungen zu.
Zusammenfassung der modernen Theorie durch P. Leroy-Beaulieu
Endzweck der Kolonisation: Verbreitung der Zivilisation, Schöpfung neuer
menschlicher Gesellschaften. . .

II. Kolonialbesitz vom völkerrechtlichen Standpunkt.

1. Portugal versucht sich im 15. Jahrhundert den Besitz der von ihm entdeckten

afrikanischen Gebiete durch Genehmigung des Papstes zu sichern. Es pro-

testiert gegen das Eindringen Spaniens in die von ihm beanspruchten Ge-

biete. Papst Alexander VI. tritt auf die Seite Spaniens. Teilung der Welt

1493 durch den Papst . .

Vertrag Spaniens mit Portugal vom 7. Juni 1494. Genauere Feststellung der

Grenzlinie findet nicht statt. Neue Schwierigkeiten. Streit um die Mo-

lukken. Schiedsgericht vergeblich berufen. Auseinandersetzung von 1529.

Streit um die südamerikanische Grenze. Nichtanerkennung der Weltteilung

durch die anderen Mächte. Frankreichs Protest gegen papierne Besitzer-

greifungen. Streit Portugals mit Frankreich

Französisch-portugiesische Verständigung bleibt unausgeführt. Villegagnons

Kolonisationsversuch in Brasilien. England beginnt gegen Ende des 16. Jahr-

hunderts Portugals Besitz zu bedrohen. Heinrich VIII. und Elisabeth

wollen nur tatsächlich kolonisierte Gebiete als portugiesischen Besitz an-

erkennen. Englischer Sklavenhandel im portugiesischen Westafrika. Krieg.

Verhandlungen mit Portugal scheitern an Spaniens Einspruch. Vertrag von

1576. Wird nicht ausgeführt. . .

Nach Vereinigung der Kronen Spanien und Portugal ist letzteres für Wahrung

eines Anspruchs allein auf Gewalt angewiesen. Schließlich sichert es auch

seinen Besitz durch Verträge

2. Spaniens Kämpfe um seine Ansprüche mit Frankreich. Ein französischer

Kolonialversuch in Florida. Vergeblicher Protest Spaniens. Es zerstört

die Ansiedelung. Frankreichs Beschwerden und Maßnahmen. Fransösi-

sche und andere Festsetzungen in Kanada und Westindien. Vergebliche

Proteste Spaniens. Es vermag seine Ansprüche nur mit Gewalt durchzu-

.

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