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weniger der individuelle Egoismus als das oberste Princip, der Eigennutz als der ewige und stete Leitstern gelten soll 1), ist das wirthschaftliche 2), und die sich darauf beziehende Wissenschaft, in welcher insbesondere eine solche Einseitigkeit befremdend erscheint, ist die Nationalökonomie 3).

In ihrem kindlichen Zustande, den wir aus den Schriften der Alten ersehen, hat diese Wissenschaft, trotz ihrer sonstigen Mängel, diesen einseitigen Charakter nicht; vielmehr betrachten Plato, Aristoteles, Xenophon1), und nach ihrem Vorbilde die Römer 5), den Gütererwerb von der moralischen Seite. Das Vermögen erschien ihnen nur schätzenswerth als Mittel zu einem edlen, wohlthätigen Leben; dagegen erklärten sie das unbegrenzte, aus Hab- und Genusssucht hervorgehende Streben nach Reichthum für unsittlich, indem das wahrhafte Bedürfniss nach äusseren Gütern seine Schranken habe 6). Eben so wenig ist das sitt

1) J. F. E. Lotz, Handb. der Staatswirthschaftslehre, Bd. 1, S. 8. 2) Nach Zachariae ist die Wirthschaftslehre die Methodenlehre der Habsucht und des Geizes. Vgl. Vierzig Bücher vom Staate, Bd. V, S. 7. — Grundsätze der Volkswirthschaftslehre von K. H. Rau, Bd. I, S. 7. 3) Andere Namen: Volkswirthschaftslehre, Theorie des Nationalreichthums, Theorie des Volksvermögens, Volksgüterlehre. Vgl. Steinlein, Volkswirthschaftslehre I, XV; Rau a. a. O. I, S. 8. 9.

4) Plato: de Republica sive de Justo und de Legibus. Aristoteles: Ethicorum Nicomacheorum, L. X; Politicorum, L. VIII; und Oeconomicorum, L. II.; hauptsächlich ein Theil des ersten Buches seiner Politik, weil von der Oekonomik das zweite gewiss, das erste vielleicht einen anderen Verfasser hat. Vergl. Rau, Ansichten der Volkswirthschaft, S. 3-21. Von Xenophon ist besonders Liber oeconomicus wichtig, minder de reditibus Atheniensium.

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5) Cicero: de officiis; Columella: de re rustica; neca: Epist.

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6) Vergl. Plato, de legibus, 1; Xenophon, Oecon. C. 7 und 11; Aristoteles, Politicorum, I, C. III, pag. 8. 9. 10, VII, pag. 3. 4. 5. Auch vergleiche die Staatshaushaltung der Athener von

liche Gepräge in den wenigen ökonomischen Schriften des Mittelalters zu verkennen 1). Bei den Mercantilisten 2) wird aber die Selbstsucht beim Gütererwerb grundsätzlich 3); dagegen ist bei den Physiokraten, wie weit sie auch in ihren Forderungen des unbedingten Gehen- und Gewährenlassens gehen, ein menschenfreundlicher Sinn vorwaltend 4). Mit Adam Smith, dem es vorbehalten war die Leistungen seiner Vorgänger zu läutern, sie durch manchen neuen Gedanken

A. Boekh, Berlin, 2 Bde. 1817. 8. 1, S. 55 ff. Bei Cicero de officiis, Lib. 1, Cap. 20, heisst es: Nihil est tam angusti animi tamque parvi, quam amare divitias; nihil honestius magnificentiusque, quam pecuniam contemnere, si non habeas, si habeas ad beneficientium liberalitatemque conferre. Der ethische Gesichtspunkt, aus dem die Alten die Wirthschaft betrachteten, macht auch ihre ökonomischen Vorurtheile, wie die Verachtung der Gewerbe, besonders des Kleinhandels, des Zinsnehmens und die Überschätzung des Landbaues etc., erklärlich. - Im Widerspruche mit dieser Anschauungsweise steht die Gutheissung der Sclaverei, besonders bei Aristoteles Polit., L.1, C. I u. 2, und noch mehr die volkswirthschaftliche Praxis. Vergleiche Boekh a. a. O. 1, S. 40.

1) Thomae ab Aquino opusc. 38: de regimine principum; opusc. 39: de usuris; opusc. 40: de regimine Judaeorum. Vincent Belovacensis speculum morale. Aegidius Romanus de regimine principum. Engelbertus Admontensis de regimine. Petrarca de republica optime administranda. Franciscus Patricius de institutione rei publicae und de regno et regis institutione. 2) Vgl. Litteratur bei Rau a. a. O. 1, S. 39 — 42.

3) Vgl. die materiellen Grundlagen etc. der europäischen Cultur von K. Arndt, S. 194. Vgl. Cours d'Économie politique par H. Storch, T., pag. 117–123. Lotz: Staatswirthschaftslehre, Bd. I, pag. 115. 116.

4) Vgl. Litteratur bei Rau a. a. O. 1, pag. 46-48. Quesnay's Denkspruch war: Pauvres paysans, pauvre royaume; pauvre royaume, pauvre souverain. Er brachte es dahin, dass dieser Denkspruch in der königl. Druckerei zu Versailles von der eigenen Hand Ludwigs XV. abgedruckt wurde. Vgl. Cours d'Économie politique par H. Storch, T. 1, 1815, pag. 131. Lotz: Staatswirthschaftslehre, Bd. 1, § 27.

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zu ergänzen, ja durch sein berühmtes Werk:,,Untersuchungen über die Natur und die Ursachen des Nationalreichthums", die moderne Nationalökonomie eigentlich zu begründen, sehen wir aber das sittliche Element in dieser Wissenschaft verschwinden, dagegen die Ansicht Geltung gewinnen, dass, indem jeder Einzelne sein Eigeninteresse befolge, er das Gesammtinteresse weit wirksamer befördere, als wenn er dieses wirklich zu befördern die Absicht hätte 1). Was auch Adam Smith veranlassen mochte, dem eigennützigen Streben der Einzelnen diese Wichtigkeit beizulegen, so viel ist gewiss, dass durch diese Behauptung derselbe atomistische Zeitgeist, der die bedeutendsten Werke des vorigen Jahrhunderts bezeichnet, in die Nationalökonomie eindrang, und sie theilt sofort mit der damaligen Staatslehre und der Aufklärungslitteratur jener Zeit die Anschauung der

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1) He generaly, indeed, neither intends to promote the public interest, nor knows how much he is promoting it. By prefering the support of domestic to that of foreign industry, he intends only his own security; and by directing that industry in such a manner as its produces may be of the greatest value, he intends only his own gain, and he is in this, as in many other cases, led by an invisible hand to promote an end wich was no part of his intention. Nor is it always the worse for the society that it was no part of it. By pursuing his own interest he frequently promotes that of the society more effectuatly than when he realy intends to promote it. Vergl. An inquiry into the nature and causes of the wealth of nations by A. Smith. Basil MDCCXCI, V. II, pag. 273. G. Sartorius, welcher 5 Jahre dem Studium des Smith'schen Werkes gewidmet hat, sagt, Smith's Grundsatz, den er oft genug wiederholt, sei: dass jeder, indem er seinem Privatvortheile nachjage, den Vortheil des Ganzen befördern müsse." Vergl. Abhandlungen, die Elemente des National-Reichthums und der Staatswirthschaft betreffend, von G. Sartorius, Göttingen 1806, Bd. I, S. 207. Dies ist bei Smith die Regel, und die vorkommenden wenigen, die freie Anwendung des Capitals und des Fleisses beschränkenden Bestimmungen sind als Ausnahme davon zu betrachten. S. 208.

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menschlichen und bürgerlichen Gesellschaft, in welcher nur der Privatvortheil der Individuen als Ursache und Band der politischen Gemeinschaft galt. Während man von dieser Richtung auf anderen Gebieten, und zwar dem religiösen, philosophischen, politischen, litterärischen, bald in's andere Extrem übergegangen ist, hat sie sich auf dem politischökonomischen Gebiete im Ganzen bis auf die neueste Zeit erhalten. Wohl haben die Ansichten Smith's im Verlaufe der Zeit manche Modificationen erfahren, aber eine gewisse Pietät für den Eigennutz, welche der Nationalökonomie bereits viel Schaden gebracht hat, ist auch bei den meisten Nachfolgern Smith's geblieben 1). Allerdings suchen die meisten, und besonders die deutschen Anhänger der Smithschen Lehre in der Volkswirthschaftspflege die Privatreichthümer auch mit höheren, sittlichen Gütern und mit der Staatswohlfahrt zu verbinden, nichts desto weniger wird in der Volkswirthschaftslehre, dem theoretischen und eigentlich wissenschaftlichen Theile der politischen Ökonomie, nur der Privategoismus als das leitende Princip festgehalten. Der englischen Fraction der Smith schen Schule, welche die praktischen Lehren aus der politischen Ökonomie ausschliesst und sie in andere Wissenschaften verweiset, gelingt es hierdurch bei ihrer einseitigen Behauptung, dass, aus dem eigennützigen Streben Einzelner sich schon von selbst das Gemeinnützige ergebe, wenigstens die Gefahren der Inconsequenz im Ganzen zu vermeiden; die deutsche aber, welche

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1) Vgl. Staatswirthschaftliche Untersuchungen etc. von Dr. F. B.W. Herrmann, S. 14. Man kann der Behauptung der meisten Wirthschaftslehrer seit A. Smith, dass der aus dem Eigennutze entspringende Verkehr der Einzelnen von selbst allen Anforderungen an die Volkswirthschaft genüge, nicht beistimmen. Vgl. Neue Untersuchungen etc., von J. Schön, Stuttgart und Tübingen 1835, S. 8.

im theoretischen Theile der politischen Ökonomie den individuellen Eigennutz walten lässt, und hinterdrein im praktischen, der Volkswirthschaftspflege nämlich, doch noch die auf dem Gemeinsinne beruhenden wirthschaftlichen Bestrebungen zur Sprache bringt, geräth in einen für die Wissenschaft sehr bedenklichen Widerspruch. Gewöhnlich sieht man die Trennung der Volkswirthschaftspflege von der Volkswirthschaftslehre in der politischen Ökonomie als eine der Wissenschaft nur sehr erspriessliche an, und in der That würde sie unbedingt als Förderung derselben anzusehen sein, wenn die getrennten Theile nicht auf zwei verschiedene Principien basirt wären. So aber, indem man den individuellen Eigennutz als das Princip der Lehre, und das Gemeininteresse als das der Pflege festhält, wird die jetzige politische Ökonomie gewissermassen um ihr ganzes wissenschaftliches Ansehen gebracht, - denn soll von dem Eigennutze Einzelner, wie es in der Lehre heisst, schon alles Heil zu erwarten sein, dann ist die das Gemeinnützige bezweckende Volkswirthschaftspflege ein, wenn nicht ganz überflüssiger, doch in der Natur der Wissenschaft unbegründeter, ihr völlig fremdartiger Anhang. Soll aber die Pflege ein integrirender Theil der politischen Ökonomie, und somit neben dem Princip des Eigennutzes die Annahme eines ihn beschränkenden (sei es von der Regierung oder den Bürgern zu vertretenden) Gemeinsinnes nothwendig sein, alsdann erscheint

die, auf der Voraussetzung ausschliesslichen Eigennutzes beruhende Theorie der politischen Ökonomie als eine durchaus unzuverlässige. In beiden Fällen ein Übelstand, welcher die politische Ökonomie bei dem praktischen Staatsmanne und dem lernenden Jüngling allmählig um alles Vertrauen bringen dürfte. Da nun dieser Übelstand sowohl, als auch der Mangel eines sittlichen Princips in der National

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