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der Nationalökonomie,

in Bezug auf Moral und Recht.

Eine

zur Erlangung der Magisterwürde

verfasste Abhandlung,

welche

mit Genehmigung Einer Hochverordneten Philologisch-
Historischen Facultät der Kaiserlichen Universität
zu Dorpat

öffentlich vertheidigen wird

Julius Mikszewicz,

Cand. phil.

Dorpat 1852.

Gedruckt bei Heinrich Laakmann.

Econ 483.3

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Wolest And

Der Druck dieser Abhandlung wird unter der Bedingung gestattet, dass die vorschriftmässige Anzahl von Exemplaren an die Dorpatsche Censurbehörde eingeliefert werde.

Dorpat, den 11. März 1852.

Decan Neue.

Einleitung.

Die Kraft oder das Insichsein des Wesens äussert sich je nach seiner Beziehung zu sich selbst oder zu anderen homogenen Wesen in zwei Grundrichtungen, welche man gemeinhin als zwei verschiedene Kräfte sich vorzustellen pflegt. Wie man in Hinsicht auf diese zwiefache Richtung für kosmische Individuen eine Centrifugal- und Centripetalkraft annimmt, so ist auch an menschlichen Individuen im geselligen Beisammensein eine analoge, zwiefache Kraftäusserung unverkennbar, die sich im Allgemeinen als Contractivund Expansivkraft bezeichnen, und zwar in Hinsicht auf die Gemüthsäusserung, des Menschen als Selbstsucht und Selbstverleugnung in ihren Extremen, als Eigenliebe und thätiges Wohlwollen gegen Andere, in ihrer Annäherung zur gegenseitigen Vermittelung, sich unterscheiden lässt. Das kosmische Individuum folgt unbedingt dem es beherrschenden Naturgesetze; der Mensch aber, der allerdings als erschaffenes Wesen von der Natur abhängig ist, in welcher Abhängigkeit er eine vorgeschriebene, unwandelbare Lebensbahn zu durchlaufen hat, kann andererseits, als selbstbewusstes, vernünftiges, relativer Selbstbestimmung fähiges Wesen, sich bald der einen Richtung, bald der anderen mehr hingeben, bald das eine, bald das andere Extrem zum vorherrschenden Princip seiner Denk- und Handlungs

weise machen,

bald sie in einer Weise im wahrhaft sitt

lichen Bewusstsein zur Vermittelung bringen, welche ihm als einem Ganzen, und zugleich Gliede eines grösseren Ganzen, gleich förderlich ist. So selten auch die Selbstsucht oder die Selbstverleugnung im Leben unbedingt vereinzelt, ja bei ein und demselben Individuum als ausschliesslich wirkend erscheinen, so ist auch das glückliche Gleichgewicht beider nicht minder selten vorhanden, und weil man die Selbstsucht oder den Egoismus in der sinnlichen, die Selbstverleugnung in der geistigen Natur des Menschen begründet zu glauben pflegt, konnte es nicht fehlen, dass mit der Verbreitung der christlichen Weltanschauung, wo man die sinnliche Natur des Menschen in der Entzweiung mit seiner geistigen aufgefasst wissen wollte, weniger von einer Aussöhnung der feindlichen Extreme die Rede ist, als von einem Kampfe, in welchem, die Selbstsucht zu überwinden, eben die sittliche Kraft besteht1).

Zur Zeit, wo dieser Dualismus sich wohl am deutlichsten ausprägen mochte, im Mittelalter nämlich, wo mit der Verachtung des sündhaften Fleisches die Herrschaft der Selbst

1) Vgl. Geschichte der Sittenlehre Jesu von Carl Friedr. Stäudlin. 1. Bd. Göttingen 1799, S. 705-710; S. 831-833. Vgl. Gibbon History of the decline and fall of the roman empire. L. 11, hap. 15, p. 263, Th. 11. Basler Ausgabe.,,Bemüht, die Vollkommenheit des Evangeliums über die Weisheit der Philosophie zu erheben, trieben die eifrigen Väter die Pflicht der Selbstverleugnung, der Reinheit und der Geduld zu einer Höhe, welche kaum zu erreichen und noch weniger in unserem gegenwärtigen Zustande von Schwäche und Verderbniss zu erhalten ist. Eine so ausserordentliche und erhabene Lehre musste nothwendig dem Volke Ehrerbietung gebieten, aber sie war sehr schlecht berechnet, um die Beistimmung der weltlichen Philosophen zu erhalten, welche in der Führung dieses vergänglichen Lebens allein die Empfindungen der Natur und das Interesse der Gesellschaft zu Rathe ziehen."

verleugnung in der Ideenwelt ihren Culminationspunkt erreicht haben mag, wusste sich der in Rede und Schrift eifrig bekämpfte Egoismus im realen Leben in voller Stärke zu behaupten, und das in zwei Hälften zerrissene, von zwei feindlichen Mächten beherrschte, menschliche Dasein bot den Schauplatz eines rastlosen Kampfes, dessen wechselnde Schicksale hinlänglich aus der Weltgeschichte bekannt sind. Was das Verhältniss der beiden Principien zu einander in unserer Zeit betrifft, so ist es im Wesentlichen folgendes: Wohl wird seitens der Religion, der Ethik, der Pädagogik die alte Fehde gegen den Egoismus fortgeführt, von Kanzeln und Lehrstühlen hinab wird die Selbstsucht nach wie vor als verwerflich, mit der hohen Bestimmung des Menschen unverträglich geschildert, die Welt in der uneigennützigen Gesinnung bestärkt und zu Werken der Liebe ermahnt. Die Philosophie, die Poesie, Belletristik und Journalistik lassen es auch ihrerseits an Erzeugnissen nicht fehlen, wo der Egoismus bald als gehässig, bald als lächerlich dargestellt und die edlere Natur des Menschen in ergreifenden Bildern verklärt wird. Aber während so in der Ideenwelt sich Alles gegen den Egoismus zu wenden scheint und das Bewusstsein wahrhafter Menschenwürde im praktischen Leben so weit wenigstens Eingang findet, dass wohl niemand gern für einen Egoisten im eigentlichen Sinne des Worts gelten möchte; so giebt es trotz alledem ein weites Gebiet menschlicher Wirksamkeit, worauf alles das im Ganzen keine Anwendung findet, wo der Mensch nicht nur factisch eher als irgendwo mit einer gewissen Unbefangenheit dem Egoismus huldigt, sondern auch von der Wissenschaft, die über dieses Terrain verfügt, die Sanction erhält, eigennützig zu sein. Dieses Gebiet, welches bei der Ausübung der meisten Pflichten und Rechte nicht zu umgehen ist, und wo nichts desto

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